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Jens Zimmermann
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Frage von Thomas S. •

Frage an Jens Zimmermann von Thomas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Herr Zimmermann,

Sie haben am 25.03.2021 für eine Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan gestimmt.

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/jens-zimmermann/abstimmungen?parliament_period=All&vote=All&page=2

Frage 1:

Was waren/sind Ihre Beweggründe für diese Entscheidung?

US-Präsident Joe Biden will bis spätestens 11.09.2021 das amerikanische Militär aus Afghanistan abziehen. Die Tagesshau meldet am 02.07.2021 dass nach fast 20 Jahren Präsenz in Afghanistan NATO- und US-Truppen ihren größten Militärstützpunkt Bagram geräumt hätten, der vollständige Abzug aus dem Land könnte unmittelbar bevorstehen. Die Bundeswehr hat Afghanistan verlassen und beendete damit ihren bisher längsten Auslandseinsatz.

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-bagram-nato-abzug-101.html

Frage 2:

Wie werten Sie den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan?

Frage 3:

Sehen Sie die Zielsetzung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan als erfüllt an?

Frage 3:

Sollten Sie diese Zielsetzung als erfüllt ansehen, würden Sie Ihre Sichtweise bitte begründen?

Frage 4:

Sollten Sie die Zielsetzung des Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, als nicht erfüllt ansehen, was hat dieser Einsatz (indem 25 deutsche Soldaten gefallen sind) gebracht?

Zurück bleiben in Afghanistan Menschen, die der Bundeswehr geholfen haben und nun massiv durch Racheakte der Taliban bedroht sind, welche die geräumten Regionen zunehmend beherrschen.

Zitat Tagesschau vom 02.07.2021:

""Wir lassen Euch nicht im Stich" - lautete das Versprechen der Bundesregierung an die afghanischen Helfer der Bundeswehr. Doch daran gibt es Zweifel: Die deutschen Truppen sind zu Hause, die Afghanen noch vor Ort."

https://www.tagesschau.de/inland/ortskraefte-afghanistan-103.html

Frage 5:

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Deutschland die ehemaligen Helfer der Bundeswehr in Sicherheit bringt?

Viele Grüße, Thomas Schüller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schüller,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Bundeswehreinsatz und zur Situation in Afghanistan. Gerne möchte ich auf Ihre Fragen eingehen.

Sie können sicher sein, dass auch mich die Entwicklungen in Afghanistan erschrecken und betroffen machen.

Aktuelles Ziel ist es deutsche Staatsangehörige und möglichst viele afghanische Ortskräfte aus Afghanistan auszufliegen. Zusätzlich sollen auch Menschen- und Frauenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, Journalisten und Kulturschaffende dazu gehören. Dies ist unser oberstes Ziel, gemeinsam mit unseren internationalen Partnern. Denn für mich war immer klar: Wir haben eine Fürsorgepflicht für die Menschen, die für deutsche Einrichtungen im Ausland gearbeitet haben. Und diese endet nicht mit dem deutschen Abzug aus Afghanistan.

Deshalb beteilige ich mich als Abgeordneter auch ganz aktiv an der Erstellung von Listen Hilfesuchender für das Auswärtige Amt und stelle Kontakte zum Krisenstab her. Gerne können Sie Hilfesuchende direkt an mich verweisen.

Klar ist, dass die Entwicklungen in Afghanistan wesentlicher schneller voran gingen, als es von allen, auch von unseren internationalen Partnern, erwartet wurde. Seit klar war, dass sich auch Deutschland aus Afghanistan zurückziehen wird, haben wir beim zuständigen Bundesinnenministerium (BMI) darauf gedrängt, dass es praktische Lösungen für die Aufnahme für unsere Ortskräfte geben muss. Auf Druck der SPD kam es immerhin im Juni zur erheblichen Erweiterung und Beschleunigung der Verfahren zur Aufnahme von Ortskräften, indem beispielsweise die Zweijahresfrist aufgehoben und der Zeitraum für Anträge rückwirkend um Jahre erweitert wurde. Im beschleunigten Verfahren wurden für über 2.400 Personen in vier Wochen Visa erteilt. Davon sind über 1.900 Personen, Ortskräfte mit ihren Familien, sicher in Deutschland eingereist.

Doch erst ab dem 13. August wurden von Horst Seehofers Bundesinnenministerium die Voraussetzungen für die Durchführung von Charterflügen geschaffen. Über sieben Monate blockierte es eine praktikable Lösung für eine Ausreise per Charterflug, bei der benötigte Visa direkt bei der Ankunft in Deutschland erteilt werden können. Durch die Blockade des Innenministeriums ist leider viel zu viel Zeit vergangen. Auch die Innenministerkonferenz bat im Juni um eine Prüfung dieses Vorgehens. (Ohne eine solche Lösung – „Visa-on-arrival“ - konnte niemand auf einem Charterflug mitgenommen werden. Luftfahrtunternehmen machen sich regresspflichtig und müssen Passagiere auf eigene Kosten zurück transportieren, wenn kein Visum vorliegt).

Darüber hinaus lagen bis Ende letzter Woche keine verlässlichen Namenslisten der Ortskräfte aus dem Bereich des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) vor, auch jetzt sind die Listen nicht abschließend. Hier geht es u. a. um Mitarbeiter der GIZ oder der KfW in Afghanistan. Damit ist unklar, wer in diesem Bereich aktuell arbeitet und zum Kreis der Berechtigten gehört, wenn die Ortskräfte ausgeflogen werden sollen.

Heute ist es zu früh, um eine abschließende Beurteilung des Afghanistan-Einsatzes vorzunehmen. Bei der Komplexität und langen Geschichte des Engagements geht es darum, die Geschehnisse und die Ereignisse angemessen aufzuarbeiten. Wir haben als Fraktion in einem im Juni verabschiedeten Positionspapier deswegen eine Gesamtevaluierung des zivilen, polizeilichen und militärischen Engagements in Afghanistan gefordert. Um unser Handeln zu bewerten und Lehren für die Zukunft zu ziehen, fordern wir dafür die Einsetzung einer Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages in der kommenden Legislaturperiode. Zuerst einmal muss es aber darum gehen so lange wie möglich konkrete Hilfe zu leisten und möglichst viele Menschen auszufliegen, solange dies noch möglich ist.

Mit freundlichen Grüßen
Jens Zimmermann

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