Frage an Jens Zimmermann von Birgit J. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Zimmermann,
wir haben an Sie verschiedene Fragen zur geplanten Impfpflicht für Masern:
wir unterstützen den Verein „ Ärzte für individuelle Impfentscheidung“. Haben Sie davon schon einmal etwas gehört? Eine weitere Frage, wie sehen Sie die geforderte Impfpflicht für Masern? Soweit wir informiert sind, heißt es zwar Impfpflicht „Masern“, da es aber kein Einzelimpfstoff gibt, erhält man automatisch die MMR 3-fach Impfung. Ist das so gewollt? Oder wird hier ein Einzelimpfstoff entwickelt. Außerdem möchten wir Ihnen gerne noch mitteilen, dass unser Sohn Asthmatiker ist. Es heißt ja, dass man nur gesunde Menschen impfen soll. Wie ist es bei chronisch kranken. Vor allem dann, wenn nach der Impfung eine Verschlechterung stattfindet? Wer ist dafür verantwortlich? Mein Mann und ich haben uns sehr intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt. Wir haben uns aus verschiedenen Gründen dagegen entschieden. Wir sind auch der Überzeugung, dass sich jeder impfen lassen kann, der Angst vor einer Ansteckung hat. Oder
steckt man sich trotz Impfung an Masern an? Wir haben einen Bekannten, der wurde vor ca. 12 oder
13 Jahren geimpft, MMR. Dieser hat direkt nach der Impfung hohes Fieber und die Mumps bekommen. Er musste sogar in die Uni Klinik nach Frankfurt. Die zuständige Ärztin hatte später zugegeben, dass es von der Impfung kommt, hat aber gleichzeitig den Eltern gesagt, dass sie es nicht melden würde. Habe diesbezüglich natürlich keine Beweise. Doch die Frage stellt sich für uns als Eltern, wie hoch ist die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Impfschäden? Wenn wir bedenken, wie hoch die Viruserkrankungen in Krankenhäuser sind, wo es zu Todesfälle kommt bzw. wie viele Schäden bei Patienten zurück bleiben und nichts unternommen wird. Das können wir in der Relation wirklich nicht verstehen... Es wird ja sogar mit Strafen und Ausgrenzung gedroht, wenn man z. B. wie wir aus o. g. Gründen Einwände gegen die Impfpflicht hat.
Ist das noch Demokratie? Mfg
Sehr geehrte Frau J.,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Masernimpfpflicht. Mich haben bereits verschiedenste Anschriften zu dem Thema erreicht. Gerne lege ich kurz dar, wie ich zu dem Thema stehe.
Ich sehe den Gesetzesentwurf aus vielerlei Gründen positiv. Vorweg möchte ich insbesondere die Gefahren einer Masernerkrankung stellen. Von einer Masernerkrankung sind besonders häufig Kinder in den ersten beiden Lebensjahren betroffen. Sie tragen auch ein erhöhtes Risiko dafür, dass eine Maserninfektion zu schwerwiegenden Komplikationen führt. Durch eine vorübergehende Immunschwäche kommt es nach einer Masernerkrankung zu anderen Erkrankungen wie z.B. Durchfall, Mittelohrentzündung, Hörschäden, Lungenentzündung und Gehirnentzündung. Bei 10 von 10.000 Masern-Erkrankten entwickelt sich in Folge der Erkrankung eine Gehirnentzündung, etwa 2 bis 3 Betroffene behalten schwere Schäden wie geistige Behinderungen und Lähmungen zurück. Als Spätfolge kann die so genannte subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten, eine schwere und stets tödlich verlaufende Gehirnerkrankung. Eine SSPE entwickelt sich bei 2 bis 6 von 10.000 Kindern, die zum Zeitpunkt der Maserninfektion jünger als 5 Jahre alt sind. Die Wahrscheinlichkeit, an Masern zu sterben, liegt bei 1 Todesfall pro 1.000 Masernerkrankte. Gegen die Masern-Erkrankung selbst gibt es keine Behandlung. Masern sind extrem ansteckend. Ohne Impfschutz infizieren sich etwa 95 von 100 Menschen, wenn sie Kontakt zu einem Erkrankten hatten.
In den Vergleich dazu möchte ich die von Ihnen angesprochenen Impfung stellen: Die verfügbaren Kombinationsimpfstoffe sind wirksam und gut verträglich. Von 10.000 Geimpften entwickeln etwa 500 bis 1.500 allgemeine Beschwerden wie leichtes bis mäßiges Fieber, Kopfschmerzen, Mattigkeit oder Magen-Darm-Beschwerden. Bei etwa 500 Geimpften entwickelt sich an der Einstichstelle in den ersten drei Tagen nach der Impfung eine Rötung oder Schwellung. Etwa 10 Tage nach einer MMR-Impfung bekommen 200 bis 500 von 10.000 Geimpften für wenige Tage einen masernähnlichen Hautausschlag, der auch „Impfmasern“ genannt wird. Dieser kann mit mäßigem Fieber einhergehen. Impfmasern sind nicht ansteckend. Nach einer MMR-Impfung tritt extrem selten (in weniger als 1 von 10.000 Fällen) eine allergische Reaktion auf.
Wie Sie sehen, sind also die Gefahren die von einer Masernerkrankung ausgehen weit höher als die einer gut verträglichen Impfung. Die Impfung ist wichtig für den individuellen Schutz des Einzelnen, aber auch für den Gemeinschaftsschutz zugunsten von Menschen, die nicht geimpft werden können.
Leider sind Masernerkrankungen in ganz Europa stark angestiegen: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2019 in 49 der 53 Länder der Region Europa zusammen über 174 000 Masernfälle und über 100 masernbedingte Todesfälle. Wir sehen deshalb dringenden Handlungsbedarf.
Tatsächlich gibt es in Deutschland zurzeit keinen zugelassenen Einfach-Impfstoff gegen Masern. Wir werden uns im parlamentarischen Verfahren damit auseinandersetzen müssen, was das für die beabsichtigte Masern-Impfpflicht bedeutet. Impfstoffe werden wie alle anderen Arzneimittel in Deutschland durch den jeweiligen Hersteller und nicht etwa den Bundesgesundheitsminister in den Verkehr gebracht. Es kommt also darauf an, ob und wann ein Hersteller die Zulassung für einen Einfach-Impfstoff gegen Masern bei der zuständigen Arzneimittelbehörde beantragt und erhält.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt übrigens auch die Impfung von Asthmaerkrankten und anderen chronisch Erkrankten. Genauere Informationen dazu entnehmen Sie bitte den Empfehlungen der STIKO.
Es ist richtig, dass wir weiterhin deutlich mehr Information und Aufklärung über die Masern-Erkrankung und die Impfung brauchen, um Menschen, die einer Impfung skeptisch gegenüberstehen, stärker als bisher anzusprechen. Dazu gibt es im Gesetzentwurf konkrete Vorschläge.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Zimmermann