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Jens Ackermann
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Jens Ackermann von Ottmar M. bezüglich Gesundheit

Guten Tag Herr Ackermann,
warum tragen Sie mit Ihrer FDP durch die sogenannte Gesundheitsreform zur weiteren Verschärfung der sozialen Gegensätze bei? Was soll daran gerechter sein, wie es Minister Rösler behauptet, wenn bei unterschiedlichem Einkommen die gleichen Krankenkassenbeiträge gezahlt werden? Das hat von den Betroffenen bislang niemand verstanden, denn Röslers Behauptungen sind, milde ausgedrückt, etwas unverständlich und der Mann konnte bisher keine Klarheit schaffen.
Was ist daran gerechter, wenn die Besserverdienenden entlastet, die mittleren Einkommen belastet und die unteren Einkommensbezieher zu Bittstellern gemacht werden? Was soll an dieser sogenannten Gesundheitsreform „robust“ sein, wenn die steigenden Aufwendungen für Gesundheit von den Arbeitnehmern zu leisten sind? Die Einkommensschere ging in den letzten Jahren immer weiter auseinander, weil die Unternehmen massiv entlastet wurden. Warum soll dies nun noch verstärkt werden?
Die FDP ging mit dem Spruch „Mehr Netto vom Brutto“ in den Wahlkampf. Nun wusste jeder, der ein wenig rechnen kann, dass dies überhaupt nicht möglich ist. Inzwischen wird immer klarer, dass es für die mittleren Einkommen tatsächlich weniger Netto vom Brutto heißt. Kann man in der FDP nicht rechnen, Herr Ackermann?
Hochachtungsvoll

O. Müller

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Mail, die ich gerne beantworte und auch dabei versuchen möchte, Ihre Sorgen vielleicht ein wenig zu entkräften.

Zunächst ist eines klar - da haben Sie auch rech: Niemand freut sich, wenn zusätzliche Einkünfte begrenzt, Beiträge erhöht oder Ausgaben reduziert werden müssen. Beliebtheitspunkte kann man damit nicht gewinnen, das weiß ich. Beitragsanpassungen und Einsparungen sind niemals populär, werden es auch nicht sein. Doch wir haben diese auch nicht ohne konkrete Probleme erhoben: Angesichts eines Defizits von 11 Milliarden Euro der gesetzlichen Krankenversicherung muss man deshalb deutlich machen, dass die Alternative der Zusammenbruch vieler Kassen und die Reduzierung der Leistungen für die Versicherten oder aber noch höhere Beiträge wären. Und das wäre - da können Sie mir vielleicht auch zustimmen - schlimmer! Ein solches Defizit bei den gesetzlichen Krankenkassen kann man nicht mit guten Worten ausgleichen.

Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise geht es mit der deutschen Wirtschaft wieder bergauf. Arbeitslosenzahlen gehen zurück und viele Menschen kommen wieder in einen Beruf. Das ist nicht nur wichtig für das monatliche Gehalt, sondern auch für das Selbstbewusstsein jedes Einzelnen. Warum schreibe ich das jetzt? Nun bei allen Entscheidungen muss man auch die wirtschaftliche Perspektive im Land, die den Menschen Hoffnungen gibt, berücksichtigen. Damit das so bleibt, ist es uns gelungen, die Finanzierung der Gesundheitskosten von den Arbeitskosten abzukoppeln und damit auf eine stabile und verlässliche Grundlage zu stellen: Künftig sollen Ausgabensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung über einkommensunabhängige Zusatzbeiträge finanziert werden.
Eine schlechtere konjunkturelle Entwicklung und eine hiermit verbundene höhere Arbeitslosigkeit haben nicht mehr zwangsläufig Einnahmeausfälle für die gesetzliche Krankenversicherung zur Folge. Der Arbeitgeberanteil wird darüber hinaus nun bei 7,3 Beitragssatzpunkten festgeschrieben. Beschäftigungschancen werden damit nicht mehr durch steigende Krankenversicherungsbeiträge gefährdet!

Jede Krankenkasse entscheidet künftig selbst, in welcher Höhe sie von ihren Mitgliedern Zusatzbeiträge als festen Euro-Betrag erhebt. Er ist von allen Mitgliedern in gleicher Höhe direkt an die jeweilige Krankenkasse zu zahlen. Mit diesem einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag erhalten die gesetzlichen Krankenkassen wieder mehr Beitragsautonomie und damit größere Spielräume im Sinne ihrer Versicherten und Patienten. Es wird für diese künftig leichter, Preis und Leistung ihrer Krankenversicherung miteinander zu vergleichen. Hier geht es dann nicht um Prozente, sondern um Zahlen. Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen um eine gute und kostengünstige Versorgung wird gestärkt und Sie können davon ausgehen, dass die Kassen auch gerade durch die günstigsten Beiträge miteinander konkurrieren werden - das kommt den Menschen selbst zu Gute.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat immer hervorgehoben, dass ein stärker einkommensunabhängig finanziertes Krankenversicherungssystem mit einem sozialen Ausgleich verbunden werden muss. Insbesondere die Bezieher geringer Einkommen müssen wirksam vor Überforderung geschützt werden - da werden Sie mir sicher zustimmen. Denn: Aktuell kann ein pauschaler Zusatzbeitrag von acht Euro ohne irgendeine Form des Ausgleiches erhoben werden. Dies belastet gering verdienende Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung überproportional. Der Sozialausgleich muss ins Steuersystem. Denn: Alle Einkünfte müssen berücksichtigt werden, wenn man es wirklich ernst meint und will, dass starke Schultern mehr stützen. Das ist einmalig, das ist neu und das ist fair. Denn jetzt werden auch Besitztümer in die Bewertung mit eingezogen, wenn Besserverdienende ihren Ausgleich zahlen.

Bittsteller wird aber keiner - im Gegenteil, der Sozialausgleich läuft fast automatisch, ohne, dass Betroffene aufs Amt müssen: Wir haben vereinbart, dass von Anfang an geprüft werden soll, ob das Mitglied durch einen Zusatzbeitrag überfordert wird: Übersteigt der durch das Bundesversicherungsamt (BVA) jährlich berechnete durchschnittliche Zusatzbeitrag 2 Prozent des individuellen beitragspflichtigen Einkommens, wird er sozial ausgeglichen. Dieser gerechtere Ausgleich wird unbürokratisch umgesetzt und findet direkt bei den Arbeitgebern und den Rentenversicherungsträgern statt, indem der einkommensabhängige Beitrag des Mitglieds entsprechend reduziert wird. Beim Mitglied wirkt sich der soziale Ausgleich damit als höheres Netto-Entgelt aus - er wird eben nicht zum Bittsteller, sondern erhält den Ausgleich umgehend. Der soziale Ausgleich orientiert sich am durchschnittlichen Zusatzbeitrag und nicht am jeweiligen Zusatzbeitrag der gewählten Krankenkasse. Die Mitglieder haben damit den Anreiz, sich für eine günstige oder eine etwas teurere Krankenkasse mit z. B. besserem Service zu entscheiden. Finanziert wird der soziale Ausgleich aus Steuermitteln. Steuererhöhungen sind dafür nicht erforderlich.

Die momentane Deckelung des Zusatzbeitrages stellt darüber hinaus Krankenkassen mit vielen gering verdienenden Mitgliedern vor ein erhebliches Problem: Ihrer Finanzierung über Zusatzbeiträge sind Grenzen gesetzt. Sie befürchten, die notwendigen Finanzmittel zur Finanzierung ihrer Leistungsausgaben nicht erheben zu können. Diese, teilweise bereits Existenz bedrohende Schieflage wird durch das Ersetzen der Deckelung durch die oben geschilderte Belastungsgrenze gelöst.

Ihre letzten Fragen beziehen sich aus meiner Sicht auf Steuerthemen. Hier bitte ich Sie, sich an zuständige Fachpolitiker zu wenden - das heißt aber nicht, dass ich nicht rechnen kann. Hier lautet die Antwort: Ich kann.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Sie können Sich auch jederzeit an mein Berliner Büro unter: jens.ackermann.ma02@bundestag.de wenden.

Ich hoffe, Ihnen ein wenig die Sorgen genommen zu haben. Warten wir einmal ab, wie sich die Reform auswirkt, ich bin sicher, dass sie ein wichtiger Schritt zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland ist.

Mit den besten Grüßen

Ihr
Jens Ackermann