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Jan van Aken
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Frage von Jay S. •

Frage an Jan van Aken von Jay S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr von Aken,

heute hat das Bundeskabinett beschloßen Soldaten in den Irak zu schicken.
http://www.focus.de/politik/deutschland/konflikte-kabinett-will-irak-einsatz-der-bundeswehr-beschliessen_id_4351405.html
Hierzu möchte ich Sie folgende Fragen stellen:

Hat die Bundeswehr überhaupt noch die Ausrüstung und ein Flugzeug um Soldaten in den Irak zu schicken?
Was wäre die Aufgabe der Soldaten? Wäre es auch die Aufgabe humanitäre Hilfe zu leisten und beim Aufbau der Infrastruktur zu helfen?
Können Sie mir sagen, welches Konzept die Bundesregierung hat, den Konflikt in Syrien und im Irak zu beenden?

Unabhängig von den rechtlichen Problemen, halte ich die Lieferung von Waffen und die Ausbildung von Soldaten und Peschmerga-Kämpfer in einem instabilen Gebiet mit mehreren Konfliktherden ohne eine Vorstellung wie die Probleme gelöst werden könnten, für problematisch.

Daher würde mich Ihre Meinung zu dem Thema interessieren.

Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Grüßen

Scharff

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr Scharff,
danke für Ihre Fragen und bitte entschuldigen Sie die späte Antwort.
Zu der Frage, ob die Bundeswehr eine Mission wie die geplante im Nordirak rein "handwerklich" hinbekommt muss ich sagen: Leider ja. Auch wenn die mittlerweile unzähligen Beschaffungsskandale und Ausrüstungsdefizite den Blick etwas verschleiern: Merkel, von der Leyen und Steinmeier sind weiter dabei, die Bundeswehr zu einer global agierenden Einsatzarmee weiterzuentwickeln. Dass sie dabei bei einzelnen Fähigkeiten an ihre Grenzen kommen wird dann dadurch kompensiert, dass befreundete Staaten aushelfen (zum Beispiel die Niederlande beim Lufttransport etc.). Im Zweifelsfall werden die heutigen "Lücken" bei bestimmten Fähigkeiten ja auch betont, um künftig mehr Steuermittel für Modernisierung und aktuellere Waffensysteme für Auslandseinsätze zu rechtfertigen - das geht vollkommen in die falsche Richtung und wird von uns als Linker Bundestagsfraktion strikt abgelehnt.

Zu den Aufgaben der Bundeswehr im Irak: Von Anfang an hat die Bundesregierung auf die militärische Karte zur Konliktlösung gesetzt: Waffen für über 70 Millionen € wurden bereits an die Peshmerga Barzanis geliefert, während die vor IS geflohenen Menschen weder Wasser, noch Zelte, noch Medikamente hatten. Das ist ein Skandal, und er setzt sich jetzt mit der angekündigten Ausbildungsmission fort. Die Soldaten werden keine Infrastruktur für die Zivilbevölkerung aufbauen und sie werden sicherlich auch nicht dabei helfen, die abgehängten sunnitischen Stammesgebiete (d.h. die Rekrutierungsgebiete des IS) mit anderen Teilen des Irak gleichzustellen.

Stattdessen wird eine Kriegspartei massiv aufgerüstet und unterstützt. Was dies zum Beispiel für ein mittelfristiges Auseinanderbrechen des Irak, die Fortsetzung der Terrorkampagnen des IS mit Selbstmordattentaten in irakischen Großstädten oder die innerkurdischen Konflikte bedeutet lässt sich nicht genau sagen, aber ich befürchte nichts Gutes.

Falls die Bundesregierung diese Zukunftsperspektive für den Irak als "Konzept" bezeichnet, ok. Ich würde Ihnen zustimmen: Das ist mehr als problematisch und ein großer Fehler. Der IS wird sich einerseits nur über einen innerirakischen und innersyrischen Friedensprozess wirklich bekämpfen lassen. Und andererseits müssen die internationalen Unterstützungsstrukturen des IS angegangen werden.
Dazu würde von deutscher Seite aus auch eine viel kritischere Haltung zur türkischen Politik in der Region gehören. Aber davor schreckt die Bundesregierung bis heute zurück - daher muss man sich schon fragen, worum es ihr im Irak geht: Um die Menschen, die fraglos bedroht werden vom IS; oder eher um eine gute Gelegenheit, die weitere Militarisierung der deutschen Außenpolitik voran zu treiben?

Beste Grüße
Jan van Aken