Frage an Jan van Aken von Ottmar M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr van Aken,
der DLF meldete am 05.07.13 in den Nachrichten, dass der spanische Ministerpräsident eine Entschuldigung gegenüber Bolivien wegen der Verweigerung der Überflugsrechte für die Präsidentenmaschine und der geplanten Durchsuchung wegen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Snowden mit der Begründung ablehnte, es würde ein Haftbefehl aus den USA vorliegen. Wie ist hier die Rechtslage? Genießt die Maschine eines Staatsoberhauptes nicht diplomatische Immunität und sind ihr nicht Überflugsrechte zu gewähren, unabhängig davon, ob sich darin jemand aufhält, für den aus einem Drittstaat ein Haftbefehl vorliegt? Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn Snowden oder jemand anderes, für den in den USA ein Haftbefehl vorliegt, tatsächlich an Bord gewesen wäre und die spanischen Behörden tatsächlich versucht hätten, denjenigen zu verhaften?
O. Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage. Snowden ist ein Held, er wird massiv von den USA verfolgt, ihm haben wir es zu verdanken, dass wir noch konkreter von dem massiven Eingriff der USA in unsere Privatsphäre erfahren haben. Und die besagten Staaten (wie aber auch CDU und SPD in Deutschland) wollen ihn den Amerikanern ans Messer liefern. Und wer jetzt argumentiert, wir könnten unseren Verbündeten USA doch nicht so düpieren: Hallo? Wer hat denn hier wen ausspioniert? Wenn hier jemand das transatlantische Verhältnis belastet, ist es doch wohl Washington, oder?
Rein rechtlich ist es nicht so eindeutig, wie Sie annehmen, allerdings bin ich kein Jurist. Sog. Staatsluftfahrzeuge müssen Überflugsrechte bei den jeweiligen Staaten beantragen und allein in deren Hoheit liegt die Erteilung und auch der Widerruf.
Grundsätzlich scheint mir die Regelung, dass Staaten das Recht haben, fremden Staatsluftfahrzeugen keine Überflugsbewilligung zu erteilen bzw. diese zu widerrufen, auch politisch nicht per se falsch zu sein. Ich denke dabei zum Beispiel an die US-Folterflüge. In diesem Zusammenhang kritisiert der Generalsekretär des Europarates auch, dass die bestehenden Regelungen nicht ausreichen, um zu gewährleisten, dass beim Überflug keine Menschenrechtsverletzungen stattfinden (SG/Inf (2006)13).
Zu Ihrer Frage nach der Immunität: Staatsoberhäupter und Regierungschefs ausländischer Staaten sind von der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates befreit. Bei der Frage des Überflugsrecht dürfte die Immunität aber nicht betroffen sein. Etwas anderes gilt natürlich für die Frage des Festhaltens und Durchsuchens der Präsidentenmaschine in Österreich. Darauf beziehen sich der Appell des UN-Generalsekretärs, künftig solche Zwischenfälle zu vermeiden und seine Bekräftigung, dass Staatsoberhäupter und ihre Flugzeuge Immunität genießen.
Dem kann ich mich - und damit landen wir wieder bei der für mich viel wichtigeren politischen Einordnung des Vorfalls - nur voll und ganz anschließen. Nur durch Snowden wissen wir mehr über diese wahnwitzige Bespitzelung der Bürger_innen in Europa und der Welt. Auch der Büger_innen von Spanien, Frankreich und Österreich. Es bleibt mir die Spucke weg, wenn nun ausgerechnet diese Staaten sich zu Helfershelfern der USA machen, die diesen Dissidenten einfangen wollen.
Aber es handelt sich um politische Entscheidungen dieser Staaten bzw. ihrer Regierungen - nicht um Rechtsbruch. Damit scheidet für mich der juristische Weg zur Klage gegen das Vorgehen eher aus, stattdessen muss auf der politischen Ebene, egal ob auf der Straße oder im Parlament, genügend Druck auf die europäischen Regierungen ausgebübt werden, damit erstens Snowden und alle bisherigen Whistleblower in Sicherheit leben können und sich zweitens ein derartier Skandal nicht wiederholen kann.
Mit besten Grüßen
Jan van Aken