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Jan van Aken
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Jan van Aken von Ottmar M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr van Aken,

die USA, Israel und die EU behaupten, der Iran strebe nach Atomwaffen, bedrohe damit Israel und auch die übrige Welt. Heute wurde in diversen Medien behauptet, der Iran verweigere der IAEO die Besichtigung bzw. Inspektion von Nuklearanlagen, in denen angeblich an Atomwaffen gearbeitet werde.
Welche Belege gibt es denn nun tatsächlich für iranische Atomrüstungen? Gibt es ernstzunehmende Beweise für die Behauptungen des Westens? Verweigert der Iran der IAEO wirklich gewisse Inspektionen oder soll hier nur ein Konflikt provoziert werden, wie seinerzeit im Irak? Wie real ist eine Bedrohung Israels durch den Iran tatsächlich? Sind die israelischen Drohungen gegen den Iran durch internationales Recht gedeckt?
Sind die Sanktionen gegen die iranische Zentralbank durch internationales Recht gedeckt oder stellen sie nicht eine Behinderung des internationalen Handels dar?

O. Müller

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Müller,

herzlichen Dank für Ihre Fragen. Ich betrachte die gegenwärtige Entwicklung im Atomstreit mit Iran mit großer Sorge. Die jüngst von der Europäischen Union beschlossene Sanktionsrunde gegen Iran, die in ihrer Hauptstoßrichtung den Export iranischen Öls nach Europa ab dem 1. Juli verbietet, verschärft nicht nur den Konflikt, sondern trifft massiv die iranische Bevölkerung. Eine nicht-militärische Lösung des Streits wird damit zudem unwahrscheinlicher, da die konfrontative Grundkonstellation des Konflikts zementiert wird.
Tatsächlich hat Iran den Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) den Zutritt zur Forschungsanlage in Parchin verweigert. Da es sich hierbei jedoch nicht um eine Atomanlage handelt, ist es rechtlich fraglich, ob Iran dies überhaupt hätte tun müssen. Es lässt sich darüber streiten, ob Iran in diesem Fall ein politisches Zugeständnis hätte machen sollen. Vor dem Hintergrund der kurz zuvor massiv verschärften Sanktionen hätte mich dies allerdings verwundert.
Definitive Beweise für ein militärisches Nuklearprogramm Irans sind nicht bekannt. Für den Zeitraum vor 2003 liegen der IAEO dafür nach eigener Aussage stichhaltige Informationen vor. Für die Jahre danach ist die Faktenlage sehr, sehr dünn. Die IAEO beruft sich für die in ihren Berichten dargelegten Verdachtsfälle hinsichtlich der möglichen Fortführung von einzelnen Komponenten eines militärischen Programms auf Geheimdienstinformationen, die sie jedoch nicht mit Hilfe eigener Untersuchungen oder Erkenntnissen verifizieren konnte. Die Erinnerung an die nachgewiesen falschen Geheimdienstbehauptungen in Bezug auf ein irakisches Biowaffenprogramm in den Jahren 2002/03 gemahnt hier zu äußerster Skepsis.
Tatsächlich kooperiert Iran mit den Inspekteuren der IAEO nicht in vollem möglichen Umfang. Iran hat das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag, welches die Inspektionsrechte der IAEO ausweitet, zwar unterschrieben, aber nicht ratifiziert. Zwischenzeitlich hat Teheran das Protokoll jedoch angewendet, diese Entscheidung schließlich aber revidiert. Die IAEO verlangt auf der Basis des Zusatzprotokolls Zugang zu Anlagen sowie weitere Informationen, Iran gewährt dies nur auf der Basis des Atomwaffensperrvertrags.
Weitergehende Informationen bezüglich möglicher Hinweise auf eine militärische Atomforschung in Iran finden Sie hier: http://jan-van-aken.de/aktuell.html?newid=17#d17

Hinsichtlich Ihrer Fragen bezüglich der Rechtmäßigkeit der Sanktionen und ob israelische Drohungen vom Völkerrecht gedeckt sind, möchte ich Sie auf einen Artikel von Botschafter a.D. Gerald Fulda verweisen, den Sie hier finden: http://www.zenithonline.de/deutsch/politik//artikel/voelkerrecht-oder-staatsraeson-002646/
Fulda kommt darin zum Schluss, dass die Androhung von Gewalt völkerrechtswidrig ist. Hinsichtlich der ausreichenden Begründung der aktuellen Sanktionen ist er skeptisch. Ich finde seine Darlegungen überzeugend. Allerdings bin ich kein Jurist, geschweige denn Völkerrechtler.
Politisch falsch und gefährlich sind die Drohungen jedoch allemal.

Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben.

Mit besten Grüßen

Jan van Aken