Frage an Jan van Aken von Gisela W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr van Aken,
die Bundesregierung hat entweder vergessen, eine Anpassung der ALG II - Regelsätze zum 01.07. vorzunehmen oder pfeift auf das Bundesverfassungsgericht.
Dieses hatte die Anpassung analog der Rentenerhöhung am 9.2.2010 als verfassungswidrig beschieden und auf die Preisentwicklung hingewiesen.
Was hat Ihre Partei dagegen unternommen?
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Walk
Sehr geehrte Frau Walk,
vielen Dank für Ihre Frage. HartzIV ist eine Armuts- und Niedriglohnmaschine, die die Linke seit ihrer Einführung bekämpft. Keine der bisherigen Koalitionsregierungen hat auch nur die Reform dieser Gesetzgebungen in Angriff genommen - das höchste war Rüttgers Vorschlag, den Namen zu ändern, da „HartzIV“ mittlerweile zu negativ konnotiert sei…
Und Sie haben vollkommen recht: Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber mit dem Ferbruar-Urteil gezwungen, endlich zu handeln. Die bisherige Festlegung der Regelsätze ist also von höchster Stelle als unzulässig abqualifiziert worden – was jedeR, die es wissen will, längst weiß! Wenn von HartzIV nicht menschenwürdig gelebt werden kann, gehört es entsorgt!
Die Bundesregierung möchte das aber offenischtlich gar nicht, viele in der Regierung würden am liebsten noch weniger als 300 Euro Regelsatz durchsetzen – da ihnen vom Gericht noch Zeit bis Ende des Jahres eingeräumt wurde, lassen sie es so lange es irgendwie geht (und das ist m.W. die Anpassung vom 1.7.) bei der bisherigen Regelung, was weitere Nullrunden bedeutet! Insgesamt sind die Sätze deswegen seit 2005 um mindestens 5% real gesunken – ein absoluter Skandal!
Was wir als Linke im Bundestag tun? Was wir können, was in diesem Fall allerdings leider in der Tat beschränkt ist. Ganz wichtig ist unser Antrag „Weg mit Hartz IV“ (17/659), den wir einen Tag nach dem Urteil eingbracht haben: http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/7781759280_1700659.pdf Wir werden, und das verspreche ich, Druck machen, wenn die Koalition vorstellt, wie sie die Anpassungen künftig vornehmen will – hier im Parlament und, ebenso wichtig, auf der Straße! Ob bei den Regelsätzen, dem Elterngeld oder dem Übergangsgeld – diese Regierung betreibt eine radikale Umverteilung von unten nach oben! Dagegen gilt es, was zu machen, zB. http://www.campact.de/spar/home
Sozialpolitisch müssen wir aber definitiv noch weiter denken: Es geht perspektivisch um sanktionsfreie Mindestsicherung, einen Mindestlohn von 10 Euro, gute Arbeit und eine Verteilung der vorhandenen Erwerbsarbeit durch Arbeitszeitverkürzung.
Mit meinen besten Grüßen
Jan van Aken