Frage an Jan Ulrich Hasecke von Andreas S. bezüglich Familie
Guten Tag Herr Pirat,
Ich höre immer wieder von der Piratenpartei und bin durchaus angetan, von einem Piraten, der eher Robin Hood als Freibeutern im Namen einer "Krone" ähnelt.
Sind Sie das?
Wir, Eltern eines bald 2 Jährigen, haben uns doch sehr gewundert, wie undurchsichtig es ist, Kinder in diese Welt zu setzen.
Deutschland, als ein Land, in dem mehr Menschen sterben, als neu geboren werden (siehe Bevölerungs Uhr Win8), in dem ich eigentlich sehr gerne wohne, da ich schon viele Teile dieser Welt persönlich erlebt habe und trotz aller Wiedrigkeiten Tugenden herrschen. Deutschland, eine Land, dass in der Welt wegen seiner Präzision und Genauigkeit angesehen ist. Deutschland, der Sozialstaat...
Progressionsvorbehalt. Diese Wort hatte für uns vor der Geburt unseres Kindes keine große Bedeutung in unserem Angestelltenverhältnis. Nun denkt man sich, naiv, dass ein Staat, der Eltern Elterngeld gibt, eine Leistung vergibt, die uneingeschränkt den Eltern zu Gute kommt. Nachdem wir Netto von den 12 gezahlten Monaten Elterngeld nur den Gegenwert von ca. 10 Monaten Elterngeld aufgrund des Progressionsvorbehaltes behalten durften, frage ich mich, welche bösen Überraschungen solcher Natur in Zukunft auf uns und unser Kind noch zukommen.
Wenn ich eine Leistung vom Staat erhalte darf diese nicht "hintenherum" wieder gekürzt werden. Familien rechnen mit einem solchen Geld als Budget. Somit müssen alle Abzüge vorher klar einzurechnen und verständlich formuliert sein.
Wer die Zeit um eine Geburt herum erlebt hat, weiss, dass man in einer solchen Situation nicht unbedingt sofort alle rechtlichen Belange im Blick hat. Man kümmert sich erstmal um die prakmatischen Bedürfnisse von Kind und Mutter.
Wenn ich Sie wähle, erwarte ich einen Robin Hood, der mir durch seinen Einsatz zu mehr Sicherheit für meine KInder und uns verhilft. Der es schafft die Schankungen unseres Lebensunterhaltes, durch das Finanzamt, für einen Leihen wie mich berechenbar macht.
Wie machen Sie das konkret?
Sehr geehrter Herr Schulz,
vielen Dank für Ihre Frage, mit der Sie den Finger in eine Wunde legen. Unser Steuersystem ist so kompliziert, dass jeder Bürger einen Steuerberater braucht. Je nach Einkommen, Wahl der Steuerklasse und - wie ich mir habe sagen lassen - Zeitpunkt der Geburt im Jahr kann das Elterngeld Auswirkungen auf den Steuerbescheid haben. Da kann es schnell zu Nachforderungen kommen, die im Budget nicht eingeplant waren. Eine böse Überraschung.
Warum unser Steuersystem dermaßen kompliziert ist, hat vermutlich mehrere Gründe. Einerseits wollte man eine möglichst große Einzelfallgerechtigkeit erzielen, was zu zahlreichen Ausnahmetatbeständen führte und komplizierte Berechnungen zur Folge hat. Ob das Ziel damit jedoch erreicht wurde, halte ich für fraglich. Andererseits wurde das System mehrfach angepasst, teilweise aufgrund von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, teilweise weil bestimmte Lobbygruppen besonders durchsetzungsstark waren. So ist mit den Jahren ein Wildwuchs entstanden, der schwer reformierbar ist. Vielleicht ist unser Steuersystem nur noch komplett durch ein anderes System ersetzbar.
Wir Piraten möchten jedenfalls das Steuersystem deutlich vereinfachen. Wir sind der Meinung, dass fast alle Bürger dieses Landes gerne bereit sind, das Gemeinwesen durch Steuern und Abgaben zu finanzieren, wenn es sie erstens finanziell nicht überfordert und zweitens verständlich und nachvollziehbar erfolgt.
Unser Ziel ist es, ein klares, einfaches und gerechtes Steuersystem in Deutschland zu etablieren. Ein Hebel zur Umsetzung könnte das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) sein, mit dem wir auf der einen Seite einen humaneren und gleichzeitig schlankeren Sozialstaat schaffen wollen und andererseits das Steuersystem vereinfachen möchten. So sollen mehrere Sozialleistungen im BGE zusammengefasst werden, was die Verwaltung vereinfacht. Wenn Sie sich für die Details interessieren, so können Sie die von den Piraten bisher entwickelten Modelle auf der Website der Sozialpiraten miteinander vergleichen:
http://sozialpiraten.piratenpartei.de
Wenn wir in den Bundestag einziehen, werden wir die Einsetzung einer Enquete-Kommission beantragen, die die verschiedenen BGE-Modelle und die entsprechenden Wege zur Vereinfachung des Steuerrechts zur Finanzierung des BGE überprüfen soll. Damit legen wir den Grundstein zu einer grundsätzlichen Neuorientierung im Sozial- und Finanzwesen unseres Landes. Wir sind uns bewusst, dass ein solche Neuorientierung der Politik nur durch eine Volksabstimmung zu legitimieren ist. Folglich soll die Enquete-Kommission auch eine Volksabstimmung zu dem Thema vorbereiten.
Der Weg zum BGE ist lang, aber es gibt Zwischenschritte.
Das Kindergrundeinkommen ist ein solcher Zwischenschritt. In unserem Wahlprogramm heißt es beispielsweise: "Familienpolitisch halten wir die Realisierung eines Kindergrundeinkommens für kurzfristig umsetzbar. Schon heute zahlt der Staat bereits etwa 400 Euro je Kind an direkten, monatlichen Transferleistungen für Familien. Durch die einkommensabhängige Verteilung werden diese Zahlungen jedoch unterschiedlich verteilt. Dies lehnen wir ab, weil dies unserem Verständnis von Chancengleichheit widerspricht. Jedes Kind hat einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Staat."
Die Förderung von Kindern ist uns ebenso wichtig wie kostenfreie und flexible Betreuungs- und Bildungsangebote. Da Ihre Frage das Steuersystem betraf, möchte ich bezüglich unserer Familienpolitik auf das Wahlprogramm verweisen:
https://www.piratenpartei.de/politik/wahl-und-grundsatzprogramme/wahlprogramm-btw13/familie-und-gesellschaft/#wahlprogramm-familie-foerderung
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Ulrich Hasecke