Frage an Jan-Marco Luczak von Lucas P. bezüglich Humanitäre Hilfe
Hallo Herr Luczak,
über Ostern haben wir gesehen, wie europäische Werte verraten wurden. Aus mehreren Richtungen heißt es, dass einige Boote, welche sich sogar selbst um Hilfe bemüht haben, gekentert sind. Darüber hinaus harren tausende Geflüchtete, unter grausamen humanitären Bedingungen, in Lagern aus. Aber man denkt gerade gar nicht daran diese zu räumen. Stattdessen werden mehrere tausend Erntehelfer*innen eingeflogen. Aber für Geflüchtete ist kein Platz? Abgesehen von den 50 - in Worten: FÜNFZIG - unbegleiteten Minderjährigen.
Für mich sieht es so aus, als würde sich auch Deutschland, in die Reihe der EU-Länder einreihen, die Menschenrechte mit Füßen treten. Ich schäme mich sehr dafür. Es macht mich traurig zu sehen, wie wir uns von einer „Solidargemeinschaft“ immer weiter verabschieden.
In meinen Augen machen sich die CDU/CSU und SPD mit schuldig. Was sind ihre Gedanken dazu?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Deutschland die humanitäre Hilfe leisten wird, die nötig ist, um das Leid in den Lagern dieser Welt zu beenden? Was sagen sie den Menschen, die dort in den Lagern ausharren?
In der Hoffnung darauf eine ehrliche Antwort von Ihnen zu erhalten verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,
Lucas Pohl.
Sehr geehrter Herr P.,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie die Evakuierung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln sowie humanitäre Hilfe für die Menschen vor Ort fordern. Gerne möchte ich dazu Stellung nehmen.
Wir haben als CDU/CSU-Fraktion gemeinsam mit unserem Koalitionspartner vereinbart, einen humanitären Beitrag zu leisten, um insbesondere die Situation der Kinder in den Hotspots zu verbessern.
Konkret geplant ist, dass wir im Rahmen einer europäischen Lösung in einer "Koalition der Willigen" einen angemessenen Anteil von den insgesamt 1.000 – 1.500 Kindern auf den griechischen Inseln übernehmen. Dies gilt insbesondere für Kinder, die krank und dringend behandlungsbedürftig sind oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre.
In diesem Rahmen hat die Bundesregierung in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag entschieden, gemeinsam mit Luxemburg voranzugehen und in einem ersten Schritt bereits eine Gruppe von 47 unbegleiteten Minderjährigen zur unmittelbaren Entlastung der griechischen Inseln aufzunehmen. Diese 47 Minderjährige sind am Samstag, den 18. April wohlbehalten in Deutschland gelandet und werden nach einer Quarantänezeit auf unterschiedliche Bundesländer verteilt.
Als CDU/CSU-Fraktion begrüßen wir das zivilgesellschaftliche Engagement zahlreicher Vereine und ehrenamtlich tätiger Bürgerinnen und Bürger bei der Aufnahme von schutzsuchenden Personen. Dies zeigt einmal mehr, wie sehr der Wert der christlichen Nächstenliebe in unserer Gesellschaft gelebt wird.
Gleichwohl haben Sie sicherlich Verständnis dafür, dass trotz der gebotenen Dringlichkeit ein zwischen allen Beteiligten abgestimmtes Verfahren unbedingt notwendig ist. Schon um einen einheitlichen Maßstab zu wahren, wurde die Aufgabe der Identifikation der in Betracht kommenden Personen und die nachfolgende Zuweisung auf aufnahmebereite Mitgliedstaaten unter anderem der Europäischen Kommission und der Gemeinschaftsagentur EASO sowie den zuständigen Behörden in Griechenland zugewiesen.
Ziel der CDU/CSU-Fraktion wie auch der Bundesregierung bleibt es, die humanitären Herausforderungen auf den griechischen Inseln gemeinsam und in Abstimmung mit unseren europäischen Partnern zu lösen. Die Europäische Kommission ist in der Verantwortung, das Vorgehen innerhalb der "Koalition der Willigen" zügig zu koordinieren. Ein gemeinsames europäisches Vorgehen ist besonders wichtig, wenn wir unsere Bemühungen für eine gemeinsame europäische Migrationspolitik nicht untergraben wollen.
Unabhängig von dieser konkreten Frage der Übernahme unbegleiteter Kinder bleibt die Lage auf den griechischen Inseln der Ägäis weiterhin kritisch. Deutschland unterstützt Griechenland daher seit langem vor Ort mit Personal und konkreten und umfassenden Hilfslieferungen sowohl bilateral als auch im Rahmen von europäischen Initiativen.
Lassen Sie mich alleine auf die Beispiele der letzten Monate eingehen. Deutschland übergab Griechenland bereits Mitte Dezember 2019 insgesamt 55 LKW-Ladungen mit Hilfsgütern im Wert von 1,56 Millionen Euro für die Unterbringung von bis zu 10.000 Migranten und Flüchtlingen. Zudem hat Deutschland den Einsatz des THW vor Ort angeboten und zuletzt weitere Hilfsleistungen im Wert von 2,4 Millionen Euro, unter anderem 150 Winterzelte inklusive Ausstattung und 1.500 Feldbetten.
Auch seitens der Europäischen Union wird viel unternommen, um die prekären Bedingungen auf den griechischen Inseln zu verbessern. Neben der Bereitstellung von sanitären und medizinischen Gütern im Rahmen des EU-Katastrophenschutzmechanismus entsendet sie beispielsweise auch Ärzte und medizinisches Personal. Zudem hat die griechische Regierung mit finanzieller Unterstützung der EU 28 hochmoderne Einrichtungen auf dem Festland fertiggestellt, die der Evakuierung von Menschen von den griechischen Inseln dienen. Die EU unterstützt zudem die Behörden in Griechenland bei ihren Bemühungen, die Ausbreitung des Covid-19 Virus einzudämmen und insbesondere für vulnerable Gruppen wie Alte, Kranke und Kinder die erforderliche Isolation und medizinische Versorgung zu gewährleisten. Die Kommission und das Europäische Parlament sind zudem im Begriff, eine weitere Summe in Höhe von 350 Millionen Euro als Soforthilfe zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen in Griechenland zu bewilligen.
Eine sofortige Evakuierung ist hingegen aus medizinischer Sicht nicht verantwortbar. So haben auch die Internationale Organisation für Migration und das Flüchtlingshilfswerk UNHCR ihre Programme zur Neuansiedlung von Flüchtlingen (das sog. Resettlement-Programm) aus Gründen der Eindämmung der Pandemie vorübergehend ausgesetzt.
Seien Sie versichert, dass sich die CDU/CSU-Fraktion auch weiterhin für eine deutliche Verbesserung der humanitären Lage für Flüchtlinge auf den griechischen Inseln im Rahmen einer gemeinschaftlichen und koordinierten Politik der Europäischen Union einsetzen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak