Frage an Jan-Marco Luczak von Christoph S. bezüglich Verkehr
Sie setzen sich dafür ein, in Bln-Lichtenrade die Dredner Bahn in einem Tunnel zu bauen. Damit sind Sie nicht allein: Am Oberrhein von Basel nach Offenburg, S-Bahn-Erweiterungen im Münchner Umland, die Y-Trasse oder A7-parallele-Trasse von HH nach Celle, der 4-gleisige Ausbau von München zur österreichischen Grenze ... Oder auch die unterirdische Verlegung von Stromtrassen. Überall fordern Anwohner Tunnel oder andere sehr teure Varianten der Streckenführung oder vorsuchen, die NBS ganz zu verhindern.
Ist Lichtenrade ein Spezialthema oder eine von vielen Situationen, wo NBS nur sehr teuer durchsetzber sind oder auf heftigen Widerstand der Anwohner stoßen?
Verbünden Sie sich mit anderen Bundestagsabeordneten aus Regionen s.o. um z.B. Steuererhöhungen für mehr Anwohnerschutz durchzusetzen?
Was halten Sie davon, auch den Anwohnern von Bestandsstrecken zusätzliche großzügige Lärmschutzlösungen und weitere Brücken zu gönnen? Oder zahlreiche Bestands-Stromleitungen unter die Erde zu verbannen? Oder ist es angemessen, Anwohner von NBS zu bevorzugen?
Was halten Sie von Steuererhöhungen, um diese Wünsche zu erfüllen?
Oder sollen solche Tunnel durch Verzicht auf anderere wichtiger Projekte gegenfinanziert werden?
Was halten Sie davon, wegen Nicht-Bau wichtiger Projekte andere Anwohner durch Umwegverkehr und die Nutzer durch schlechten Service zu verärgern? Kann es sein, dass politsch eigentlich kein Unterschied zwischen Nicht-Bau und Verzögerung besteht, wenn die derzeitigen Nutzer bei Fertigstelung längst in Rente sind?
Sehr geehrter Herr Strebel,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die deutlich macht, wie sehr große Verkehrsprojekte die Bürger überall in Deutschland bewegen. Sie betonen zurecht, dass es in vielen Orten Deutschlands berechtigte Wünsche nach Lärmschutz, Umbau oder Verlegung von Trassen gibt.
Mein Fachgebiet als stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses ist die Rechtspolitik. Daher kenne ich die Einzelheiten der von Ihnen genannten Bauvorhaben in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen leider nicht. Dafür bitte ich um Verständnis. Ich kann und möchte daher auch nicht bewerten, welches regionale Anliegen dringlicher ist als andere. Als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter von Tempelhof-Schöneberg setze ich mich aber selbstverständlich mit aller Kraft für die Interessen der Menschen in meinem Berliner Wahlkreis ein.
Ich kämpfe seit Jahren dafür, dass die Strecke der sogenannten Dresdner Bahn in Lichtenrade unterirdisch verläuft. Daher unterstütze ich auch die Klage der Bürgerinitiative. Denn die ebenerdige Trassenführung würde für rund 50.000 Menschen bedeuten, dass meterhohe Schallschutzwände den Ort in zwei Teile spalten. Lärm und Erschütterungen würden die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigen. Ein Verkehrskollaps der Bahnhofstraße als Lebensader Lichtenrades wäre die Folge. Der Verkehrszuwachs würde den Einzelhandel in der Bahnhofstraße gefährden.
Richtig ist, dass ein Tunnel teurer ist und länger dauert. Es gilt aber abzuwägen: Kommt die ebenerdige Trasse, würde ein ganzer Ortsteil zerstört werden. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir reden hier von einem Bauprojekt, was die nächsten 50 bis 100 Jahre Bestand haben wird. Das relativiert Zeit und Kosten.
Steuererhöhungen zur Finanzierung solcher Projekte lehne ich in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen ab. Noch nie haben Bund, Länder und Gemeinden so viel Steuergeld zur Verfügung gehabt wie in diesem Jahr. Außerdem verteilen sich die Kosten solcher großen Bauvorhaben zumeist auf viele Jahre. Ich glaube, wir müssen viel stärker darauf achten, dass die geplanten Kosten großer Projekte nicht so häufig aus dem Ruder laufen. Das betrifft übrigens uns Berliner mit dem BER ebenso wie die Philharmonie in Hamburg und andere Großprojekte in Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak