Frage an Jan-Marco Luczak von Alexander della C. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Luczak,
Ich beziehe mich hier auf folgenden Ausschnitt aus dem Artikel "Mieter zahlen für Klimaschutz", http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gesetzentwurf-der-regierung-mieter-zahlen-fuer-klimaschutz-1.1097332 , 14.05.2011
"Wenn beispielsweise jemand eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert, dann dient das zwar dem Klimaschutz, aber er wird allein dadurch ja nicht zwingend Energie einsparen", sagt der CDU-Mietrechtsexperte Jan-Marco Luczak, der an den Beratungen mit dem Ministerium beteiligt war. Deshalb habe der Hauseigentümer diese Kosten bislang nicht auf die Mieter umlegen können. "In Zukunft aber soll er das können." Unter den Begriff der umlegbaren Modernisierungskosten sollen künftig "alle Maßnahmen fallen, die der energetischen Sanierung und dem Klimaschutz dienen", erklärt Luczak.
Meine Frage(n):
Was hat ein Mieter mit der Photovoltaikanlage eines Vermieters zu tun?
Der Vermieter bekommt die Einspeisevergütung, die Anlage hat sich im Normalfall nach 5-10 Jahren amortisiert, so dass der Vermieter danach Gewinn macht. Warum soll ein Mieter dazu gezwungen werden, die Anlage mit abzuzahlen (abgesehen davon, dass die Mieter durch steigende Strompreise die Anlagen und die Gewinne der Vermieter eh schon mitbezahlen)?
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander della Cruz
Sehr geehrter Herr della Cruz,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Novellierung des Mietrechtes. In Ihrer Frage beziehen Sie sich auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 14. Mai 2011, der nach einem Telefonat mit dem Journalisten entstanden ist. Gerne erläutere ich Ihnen die Novelle des Mietrechtes im Allgemeinen und beantworte Ihre Frage im Speziellen.
Das Wichtigste gleich zu Beginn: Die Novellierung des Mietrechts ist ein ausgewogener Kompromiss!
Vom Mietrecht ist fast jeder betroffen – sei es als Mieter, sei es als Vermieter. Für die Menschen, die in den rund 24 Millionen Mietwohnungen in Deutschland leben, hat dessen Ausgestaltung oftmals existenzielle Bedeutung. Für die christlich-liberale Koalition war daher klar, dass die Beförderung der energetischen Sanierung, das Mietnomadentum und die Umgehung des Kündigungsschutzes entschlossen angegangen, dabei aber die soziale Ausgewogenheit des Mietrechts gewahrt werden muss. Nach meiner festen Überzeugung ist dieser gesetzgeberische Drahtseilakt gut gelungen.
Die Welt steht angesichts des Klimawandels vor dramatischen Herausforderungen. Deutschland hat sich bei der Einsparung von Energie und der Reduktion des Treibhausgases CO2 daher ehrgeizige Ziele gesetzt. Bei der energetischen Modernisierung von Gebäuden besteht hier ein riesiges Einsparpotential – zwei Fünftel des Endenergieverbrauchs und ein Drittel der CO2-Emissionen entfallen auf den Gebäudebereich.
Dieses wollen wir heben, indem wir den Tatbestand der energetischen Sanierung breiter fassen – was auch die Süddeutsche Zeitung in dem erwähnten Artikel richtig wiedergegeben hat – und das Verfahren entbürokratisieren. Darüber schaffen wir Anreize, mehr zu investieren. Vermieter sollen in den ersten drei Monaten der Bauphase nicht durch Mietminderungen belastet und ggfs. von Investitionen abgehalten werden. Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, wird es aber keinen kompletten Ausschluss des Minderungsrechts geben. Ein solcher hätte meines Erachtens das vertragliche Gleichgewicht des Mietvertrages nachhaltig beeinträchtigt und wäre Mietern daher nicht zumutbar gewesen.
In den allermeisten Fällen profitieren die Mieter direkt von einer energetischen Modernisierung – ihre Betriebskosten sinken. Darüberhinaus ist Klimaschutz aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – sie geht jeden an. Ich halte es daher für vertretbar, dass auch solche energetische Modernisierungsmaßnahmen umlagefähig sind, die nicht unmittelbar zu einer Senkung der Betriebskosten führen, sondern „nur“ das Klima schützen.
Bei persönlichen Härten können Mieter Modernisierungsmaßnahmen weiter widersprechen. Auch wirtschaftliche Härten können sie einwenden, allerdings erst, wenn der Vermieter konkret eine höhere Miete verlangt. Die Maßnahme ist also zunächst zu dulden und kann nicht mehr blockiert werden – Mieter verlieren dabei aber keine substantiellen Rechte.
Schließlich werden wir neben mieterfreundlichen Regelungen bei den Kündigungsfristen und der Umgehung des Kündigungsschutzes durch den Vermieter, eine gesetzliche Regelung zum Wärmecontracting schaffen und eine wirksame rechtliche Handhabe gegen Mietnomaden im Gesetz verankern. Einmietbetrüger, die entgegen einer gerichtlichen Anordnung ihre Miete nicht als Sicherheit hinterlegen, können schneller zwangsgeräumt werden. Auch unberechtigte Untermieter können die Räumung nicht mehr boykottieren – gegen sie kann im einstweiligen Rechtsschutz ein weiterer Titel erlangt werden.
Zu Ihrer Frage im Speziellen:
Mit § 555b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erweitern wir tatsächlich den Begriff der „Modernisierungsmaßnahme“. Demnach sind Modernisierungsmaßnahmen „Veränderungen zur Verbesserung der Mietsache oder sonstiger Gebäudeteile, insbesondere bauliche Maßnahmen,
1. durch die nachhaltig der Wasserverbrauch reduziert wird oder durch die nachhaltig Primär- oder Endenergie eingespart oder Energie effizienter genutzt oder das Klima auf sonstige Weise geschützt wird (energetische Modernisierung),
2. durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird,
3. durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden,
4. die auf Grund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, oder
5. durch die neuer Wohnraum geschaffen wird.
Nach dieser Formulierung wären auch die im Artikel in der Süddeutschen Zeitung erwähnten Photovoltaikanlagen als Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 555b BGB zu werten.
Soll die Modernisierungsmaßnahme auf den Mieter umgelegt werden, so ist § 559 BGB einschlägig. Dort heißt es: „Hat der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des
§ 555b Nummer 1 bis 4 [BGB] durchgeführt, so kann er die jährliche Miete um elf Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.“
Maßgebender Satzteil ist im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage zur bloßen Einspeisung in das Netz, „der für die Wohnung aufgewendeten Kosten“. Es muss ein sachlicher Bezug gerade zu der vermieteten Wohnung bestehen. Dies ist nicht der Fall, wenn der durch die Photovoltaikanlage erzeugte Strom ins allgemeine Stromnetz eingespeist wird. Bezieht der Mieter jedoch den Strom vom Vermieter als Energieanbieter, so liegen zwei voneinander getrennte Verträge, der Miet- und der Energielieferungsvertrag, vor, so dass auch hier kein sachlicher Bezug zum § 559 BGB (neu) gegeben ist.
Der Mieter muss also nicht die Kosten für eine Solaranlage mittragen, die der Einspeisung in das allgemeine Stromnetz dient.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Befürchtung damit ausräumen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak