Frage an Jan-Marco Luczak von Stefan G. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Dr. Luczak,
wie stehen Sie zu Vorratsdatenspeicherung und dem Internetsperrengesetz gegen Kinderpornographie? Was halten Sie in dem Zusammenhang von dem Vorwurf, dass wäre nur ein Vorwand für einen Einstieg in die Internetzensur. Sinnvoller sei bei diesem Thema Löschen statt Sperren.
Ihre Position zur direkten Demokratie kann man ja bereits unter http://www.volksentscheid.de nachlesen. Ich kann ihre Argumente gegen die Möglichkeit von bundesweiten Volksentscheiden nicht nachvollziehen. Vielleicht können Sie dazu noch einige Sätze sagen.
1. Die Gefahr der Intransparenten Finanzierung (sie spielen vermutlich auf den Flughafenvolksentscheid an) kann man doch einfach durch Gesetze zur Offenlegung von großen Spenden regeln.
2. Vereinfachung findet nicht automatisch statt. Die zur Abstimmung vorgelegten Gesetze müssen rechtssicher ausformuliert sein. In der politischen Diskussion muss man das natürlich verständlich rüberbringen und etwas runterbrechen. Das machen Sie und die Parteien aber auch nicht anders (siehe Wahlslogans). Anders als bei den hohlen Slogans geht es bei Volksabstimmung aber um konkrete Inhalte, die meist besser nachvollzogen und abgestimmt werden können.
3. Ihr Einwand das dadurch eine politische Einflussnahme entsteht klingt merkwürdig, das müssen Sie bitte nochmal erläutern. Das ist doch Sinn und Zweck von direkter Demokratie...
Abschließend möchte von Ihnen, als Berliner Kandidaten, noch erfahren, wie Sie zu dem von Ihrer Partei und der SPD verursachten Berliner Bankenskandal stehen http://www.berliner-bankenskandal.de
Insbesondere die bisher sehr milden Urteile gegen Landowsky und Co. verärgern viele Bürger.
Wie kann man aus Ihrer Sicht solche Vorgänge in Zukunft verhindern?
MIt freundlichen Grüßen
Stefan Günther
Sehr geehrter Herr Günther,
gerne lege ich Ihnen noch einmal meine Position dar, wieso ich der Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene skeptisch gegenüberstehe.
Wie ich an anderer Stelle ausgeführt habe, lebt Demokratie von der aktiven Beteiligung der Bürger, die sich nicht nur in Parlamentswahlen, sondern natürlich auch in Volksentscheiden manifestiert. Vor Ort - dort wo die Menschen die Probleme genau kennen - können Volksentscheide unsere repräsentative Demokratie daher sinnvoll ergänzen. Das gilt aber nicht in gleicher Weise für die Bundesebene - wohl keine der großen politischen Richtungsentscheidungen beim Aufbau der Bundesrepublik Deutschland wäre so zustande gekommen – dies gilt beispielsweise für die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft, die Gründung der Bundeswehr, den Nato-Doppelbeschluss oder auch die Europäische Integration. Alles Entscheidungen, die sich in der Nachschau als gut und richtig für unser Gemeinwesen erwiesen haben.
Bei Volksentscheiden besteht zudem die Gefahr, dass sie Radikalen und Extremen dazu dienen, sich mit heiklen Themen - wie etwa zur Zuwanderung - mit Minderheitenpositionen zu profilieren. Hinzu kommt eine potentielle Beeinflussung der Entscheidungen durch die Medien. Dem Weg in die "Stimmungsdemokratie" wäre Tür und Tor geöffnet, weil der Ausgang der Volksentscheide abhängig von der momentanen, manipulierbaren, ggf. schnell wechselnden Gefühlslage wäre. Diese Stimmung könnte und würde - wie man in Berlin gesehen hat - natürlich auch von den politischen Parteien beeinflusst. Letztlich würde die politische Auseinandersetzung vom Parlament auf die Straße verlagert. Dies ginge zu Lasten einer wirklichen Meinungsbildung durch die Bürger selbst - meines Erachtens das Ziel direkter Bürgerbeteiligung.
Eine klare, wie sie sagen "rechtssichere" Formulierung bedingt in der Regel, dass der Kompromiss - ein wesentliches Merkmal der Demokratie zur Sicherung von Minderheitenpositionen - nicht oder kaum mehr aufgenommen werden würde und auch nicht aufgenommen werden könnte. Begünstigt würden im Ergebnis holzschnittartige, bipolare Entscheidungen nach dem Muster Ja-Nein bzw. schwarz-weiß. Das wird meiner Auffasung von einer pluralen Gesellschaft nicht gerecht - das Leben ist oftmals komplizierter, als es sich in notwendig einfach formulierten Fragen bei Volksentscheiden darstellen und vermitteln lässt.
Bei der Frage einer transparenten Finanzierung gebe ich Ihnen allerdings recht - durch Veröffentlichungspflichten ab einem bestimmten Spendenvolumen kann man bewirken, dass hier mehr Klarheit herrscht. Dennoch zeigen die Erfahrungen aus anderen Bereichen, dass dies ein nicht immer wirksames Mittel ist. Dies gilt zumal, weil die Veröffentlichung häufig erst zu einem Zeitpunkt stattfinden wird, wenn bereits Fakten geschaffen wurden, also der Einfluss ausgeübt wurde.
In der Abwägung der Vor- und Nachteile bin ich daher gegen Volksentscheide auf Bundesebene.
Im Zusammenhang mit dem sog. Bankenskandal sind von Vertretern meiner Partei und - wie Sie richtig sagen - auch von Vertretern der SPD, die im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft Berlin saßen, Fehler gemacht worden. Da gibt es nichts zu beschönigen. Politisch hat die CDU dies durch den Verlust der Regierungsbeteiligung im Jahre 2001 gebüßt. Ich möchte allerdings hinzufügen, dass der Anteil an der Berliner Haushaltsnotlage weitaus geringer ist, als oftmals dargestellt. Dazu darf ich auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Florian Graf (CDU) verweisen: http://www.cdu-fraktion.berlin.de/im_parlament/kleine_anfragen/haushalt/anteil_der_bankgesellschaft_an_der_verschuldung_berlins
Juristisch werden die Versäumnisse durch die Berliner Justiz aufgearbeitet. Die Urteile der Berliner Justiz habe ich zu respektieren. Ich kann nicht beurteilen - auch wenn ich selbst Jurist bin - ob diese (zu) "milde" sind. Dafür würde ich eine detailierte Aktenkenntnis benötigen und müsste dem Verfahren beigewohnt haben. Beides habe ich nicht. Gleichwohl kann ich die Verärgerung vieler Bürger verstehen - es darf nicht der Eindruck entstehen, dass man die Kleinen hängt und die Großen laufen lässt.
Herzlichen Gruß
Jan-Marco Luczak