Frage an Jan Korte von Frank W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Lieber Genosse Jan Korte,
was bedeutet eigentlich der Begriff "Freiheit" im kapitalistischen System?
Bedeutet es,die Freiheit einiger Wohlhabender Macht auszuüben,über eine große Masse der nichtwohlhabenden Bevölkerung?
Haben diese Wohlhabenden nicht auch die Mittel, diese Macht zu festigen, zu erhalten, zB. Finanzen u. Wirtschaft,mit dem ruinösen Zinssystem, in privater Hand,werden große Teile der Medienlandschaft von den Wohlhabenden dominiert,werden nicht auch die öffentlich-rechtlichen Medien sehr stark beeinflußt durch systemerhaltende Parteien wie CDU u. SPD?
Auf der anderen Seite müssen millionen Menschen in Billigjobs arbeiten,Tendenz steigend,um nicht ihren Anspruch auf H4 zu verlieren,müssen Schikanen über sich ergehen lassen,wie zB. Offenlegung der Lebensverhältnisse,der Ersparnisse,Hausdurchsuchung durch Angestellte des Arbeitsamtes usw.!
Wo sind die abhängig Beschäftigten,die Arbeitslosen,die Geringverdiener wirklich frei?
Nebenbei bemerkt unterstützt der Staat die Wettbewerbsverzerrung,indem er den Angestellten eines Betriebes,in dem kein gerechter Lohn gezahlt wird,den Ausgleich durch H4 gewährt und macht dadurch Betriebe kaputt,die noch einen guten Lohn zahlen,außerdem macht er Menschen,die einer Erwerbsarbeit nachgehen und nicht von dem Geld,was sie dadurch bekommen,leben können,zu Bettlern!
Darum ist der Mindestlohn,einheitlich,auch so wichtig!
Also,kann man im Kapitalismus überhaupt von der Freiheit des Menschen reden,wenn sich fast alle,gesellschaftlich wichtigen Dinge in privater Hand befinden und das Handeln,durch das Profitstreben einzelner Menschen bestimmt wird?
Sicher ist der Staat nicht der "bessere Banker"aber,er hat eine allgemeine,gesellschaftliche Aufgabe,ein gutes Leben für alle Menschen,nachder er sein Handeln zu richten hat!
Kann man also echte Demokratie und Freiheit im kap. System erreichen,wenn doch so viele Menschen durch das Wohlwollen einiger Weniger abhängig sind?
Mit besten Grüßen
Frank Wagner, Köthen/Anhalt
Lieber Genosse Frank Wagner,
deine Frage - auch wenn in der hier geforderten Kürze formuliert - bedarf einer breiten Debatte. Über deine Fragen zerbrechen sich seit über 150 Jahren Ökonomen, Philosophen, Sozialpolitiker und Sozialisten die Köpfe. Dies kann an dieser Steller sicherlich nicht alles reflektiert und kommentiert werden. Deshalb möchte ich es auch bei einer kurzen Antwort belassen.
Ich glaube nicht, dass es wirkliche Freiheit in einem kapitalistischen System geben kann. Vor allem dann nicht, wenn das kapitalistische Wirtschaftssystem auch die demokratischen, gesellschaftlichen und politischen Strukturen einer Gesellschaft oder eines Staates derart tief durchdringt, wie wir es aktuell in Deutschland erleben müssen. Man kann eben nicht von Freiheit sprechen, wenn man gezwungen ist aus sozialer Not & Angst für Hungerlöhne zu arbeiten, bürgerliche und soziale Rechte abgebaut werden und einem die Möglichkeiten genommen werden, sich dagegen zu wehren.
DIE LINKE setzt sich deshalb nicht nur für eine wirkliche Mediendemokratie ein, sondern auch für eine weitgehende Mitbestimmung von ArbeitnehmerInnen in Betrieben, Konzernen und Unternehmungen ein. Wir wollen die Rechte der ArbeitnehmerInnen stärken, vom Arbeitnehmerdatenschutz bis zu sozialen Rechten und Standards. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, sämtliche Unternehmungen zu verstaatlichen, nein, es geht darum deren Wirtschaften so zu organisieren, dass sie zuerst dem Allgemeinwohl dienen und nicht Einzelnen, Börsenspekulanten und Hedgefonds. Der Staat muss Rahmen hierfür schaffen, die Bürgerinnen und Bürger müssen diese Rahmen dann nutzten und tagtäglich mit Inhalt füllen. Im Bereich der öffentlichen Daseinsfürsoge gilt dies umso mehr. Nicht immer sind staatlich gelenkte Betriebe per se besser, ich verweise nur auf den Beginn der Bankenkrise, mit den Verfehlungen bei den öffentlichen Landesbanken in Sachsen und NRW. Dennoch muss es darum gehen, über Unternehmungen der öffentlichen Daseinsfürsorge auch weiterhin die Kontrolle zu haben. Weitere Privatisierungen in diesem Bereich lehnt DIE LINKE ab.
Wichtig bei der ganzen Debatte ist aber auch, dass wir differenzieren. Nicht alle Arbeitgeber sind Ausbeuter und schlechte, profitorientierte Menschen. Es gibt da zum Beispiel auch die Klein- und Mittelständler, die versuchen eigene Ideen umzusetzen, den Fortschritt zu forcieren ohne dies auf dem Rücken ihrer Angestellten zu bewerkstelligen. Meist sind diese Kleinunternehmen ebenfalls in ihrer Existenz bedroht. Auch hier muss der Staat helfend eingreifen, Unterstützung gewähren, um private Unternehmungen zu erhalten.
Eines ist jedoch klarer denn je: der finanzmarktgetriebene Kapitalismus ist Ursache der aktuellen Verfehlungen, die nun in der Krise offensichtlich wurden und werden.
Mit solidarischen Grüßen
Jan Korte