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Jan Korte
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Frage von Juan Pedro Sanchez B. •

Frage an Jan Korte von Juan Pedro Sanchez B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Korte,

als politisch interessierter Bürger bitte ich Sie mir eine Einschätzung der aktuellen Verlautbarung ihre Fraktionskollegen Paech abzugeben. Insbesondere möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie auch für die Aufnahme direkter Verhandlungen mit der Hamas sind (sowohl von israelischer Seite, aber auch durch die internationale Staatengemeinschaft)? Halten Sie die sog. Blockade des Gaza-Streifens durch Israel für völkerrechtswidrig und beurteilen Sie Israel in der aktuellen Konfliktsituation als Aggressor bzw. handelt es sich für Sie um legitime Selbstverteidigung? Ferner würde ich gern wissen, ob sie Mitglied der BAK Schalom sind und ob Sie die dort verbreiteten Anschauungen teilen?

Mit freundlichen Grüßen
Juan P. Sanchez Brakebusch

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Sehr geehrter Herr Brakebusch,

der israelisch-palästinensische Konflikt dauert nun schon Jahrzehnte an und ist in seiner ganzen Komplexität schwerlich in wenigen Sätzen zu analysieren. Daher muss eine eindeutige Schuldzuweisung in die eine oder andere Richtung auch zu kurz greifen. Auch wenn es durchaus unterschiedliche Bewertungen innerhalb der LINKEN zu diesem Konflikt gibt, besteht in einem Punkt absolute Einigkeit: Dieser Militäreinsatz wird weiteren Hass in der Region erzeugen und das genaue Gegenteil dessen bewirken, was Israel anstrebt. Krieg läst keine Probleme, tötet immer Unbeteiligte und Unschuldige, schafft also nur weitergehende und neue Probleme.

Ich stimme daher mit meinem Kollegen Norman Paech (MdB) in diesem Punkt überein: Nur eine politische Lösung auf dem Wege von Verhandlungen vermag die Gewalt zu stoppen und für beide Seiten Sicherheit zu bringen. Dies muss in letzter Konsequenz die Aufnahme von Verhandlungen, direkte oder indirekte, mit der Hamas einschließen, um den Raketenbeschuss auf israelisches Territorium einzustellen. Direkte Verhandlungen kann es allerdings nur mit denjenigen geben, die sich glaubhaft von ihrer Vernichtungsrhetorik verabschieden und das Existenzrecht Israels anerkennen. Kein Land der Welt kann einen andauernden Raketenbeschuss auf sein Territorium und die eigene Zivilbevölkerung akzeptieren. Die militanten Gruppen in Gaza hätten den Raketenbeschuss israelischer Städte unterbinden und endlich das Existenzrecht des israelischen Staates anerkennen müssen. Beides ist nicht geschehen. Die Hamas hat den Waffenstillstand mit Israel gebrochen und schließlich einseitig aufgek?ndigt.

Gleichwohl ist der völlig unverhältnismäßige Militäreinsatz, genauso wie die vorherige Abriegelung des Gaza-Streifens, aus meiner Sicht inakzeptabel. Er trifft in erster Linie die Zivilbevölkerung, die in Kollektivhaft für die Taten der Hamas genommen wird und scheint mir auch unter anderem innenpolitischen Gründen in Israel, das sich gerade im Wahlkampf befindet, geschuldet zu sein. Um das Leiden der Zivilbevölkerung zu beenden ist aus meiner Sicht daher eine sofortige Feuerpause unverzichtbar. Nur so kann den Menschen in Gaza konkret geholfen werden, indem z.B. Verletzte heraus- und Lebensmittel, Medikamente und Verbandsstoffe nach Gaza transportiert werden können. Auch gäbe eine Feuerpause politischen Bemühungen für eine Beendigung des Krieges überhaupt erst den notwendigen Raum./
/Wenn es zu Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges kommt, sollte der Abschluss eines Gewaltverzichtsvertrags zwischen Israel und Palästina eine zentrale Rolle einnehmen. Ein solcher Vertrag muss die Beendigung jeglicher militärischer Operationen aller Beteiligten ebenso beinhalten wie eine vollständige Öffnung des Gaza-Streifens und der unverzügliche Stopp des Waffenschmuggels in den Gazastreifen. Einen Weg zum Frieden kann es nur auf der Basis von Verhandlungen und einer Zwei-Staaten-Lösung geben. Sinnvoll wäre darüber hinaus eine gemeinsame Initiative der Europäischen Union, der USA, arabischer Länder und Israels zum Wiederaufbau in Gaza.

Ich bin kein Mitglied beim BAK Shalom, einem Arbeitskreis des Jugendverbandes der Partei DIE LINKE und teile auch nicht alle dort geäußerten Meinungen. Allerdings halte ich viele Debatten, die der BAK Shalom durch seine Interventionen ausgelöst hat, für wichtig. Aus meiner Sicht wäre eine breite innerparteiliche Debatte zum Nahost-Konflikt wünschenswert und spannend. Dies würde vielen Mitgliedern der Partei die Gelegenheit bieten inhaltlich und geschichtlich die verschiedenen

Positionen diskutieren zu können und jedem ein Mehr an Wissen bringen. Als Linker sehe ich allerdings keine Veranlassung deshalb mit der Hamas zu reden.

Lieber Juan-Pedro, da Du meinen politischen Weg ja schon seit vielen Jahren intensiv verfolgst und wir uns ja auch schon lange aus gemeinsamen politischen Zeiten in Hannover kennen, kannst Du Dich natürlich auch zur Erörterung dieser oder anderer Fragen jederzeit direkt an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Korte

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