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Jan Korte
DIE LINKE
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Frage von Anika R. •

Frage an Jan Korte von Anika R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Korte,

die Probleme im deutschen Bildungssystem sind hinlänglich bekannt: Die Zahl der Akademiker steigt zu langsam, es fehlen Ingenieure, für Bildung steht zu wenig Geld bereit und die Durchlässigkeit des Systems ist gering. Kurzum: Das Bildungssystem in Deutschland begünstigt wenige und benachteiligt viele.

Meine Fragen an Sie lauten daher:

1) Was möchten Sie in Deutschland – speziell bei der Akademiker-Ausbildung – ändern, damit die Zeichen auf Innovation statt auf Stillstand stehen? (Bitte lassen Sie Ihre parteipolitische Brille im Etui!)

2) Wann und in welcher Form hatten Sie in der Vergangenheit bereits Gelegenheit, diese Ziele voran zu bringen?

Für die Beantwortung meiner Fragen möchte ich mich vorab bedanken und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
Anika Rekers

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Rekers

herzlichen Dank für Ihre Fragen. Da Sie eine gleichlautende Anfrage bereits an meine Fraktionskollegin und zuständige Fachpolitikerin der Fraktion DIE LINKE gerichtet haben, der ich inhaltlich vollkommen beipflichte, hoffe ich, dass Sie mir gestatten Ihnen an dieser Stelle erneut die Antwort von Cornelia Hirsch zukommen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Korte
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"Gestatten Sie mir vorab eine kurze Bemerkung. Bei Ihrer Problembeschreibung des jetzigen Bildungssystems finde ich es wichtig, zu ergänzen, dass das hiesige bildungspolitische Prinzip, das sie beschreiben - "begünstigt wenig – benachteiligt viele" - nicht eine zufällige Zuteilung von Bildungsteilhabe darstellt, sondern die wenigen Begünstigten, diejenigen sind, sie aus einkommensstarken und akademischen Elternhäusern kommen. Umgekehrt bedeutet das für all diejenigen, die aus einkommenschwachen oder so genannten bildungsfernen Elternhäusern kommen oder einen Migrationshintergrund haben, dass sie systematisch ausgegrenzt werden. Dieser soziale Ausschluss ist für DIE LINKE der größte Skandal im deutschen Bildungssystem.

Nun zu Ihren Fragen:

Bei der Hochschulbildung setze ich mich (in Übereinstimmung mit den Zielen der LINKEN) für eine soziale Öffnung der Hochschulen ein. Dazu reicht es nicht, erst bei den Hochschulen mit Reformen zu beginnen. Notwendig wäre vor allem das Hinwirken auf ein integrierendes und gerechtes Bildungssystem schon vor der Hochschule. Wichtige Maßnahmen müssten unter anderem die Abschaffung des gegliederten Schulsystems und die Einführung von Gemeinschaftsschulen, der Ausbau und bessere Qualität im frühkindlichen Bereich sowie die Einführung eines SchülerInnen-BAföG ab Klasse 11 sein. An den Hochschulen selbst halte ich insbesondere die Abschaffung aller Studiengebühren, die Sicherstellung einer verlässlichen und bedarfsdeckenden Studienfinanzierung und die Öffnung des Hochschulzugangs für Menschen aus der beruflichen Bildung für wichtige Schritte, um das genannte Ziel zu erreichen.

Was die inhaltliche Seite des Studiums betrifft, so halte ich erstens den Zwang zum Kurzzeitstudium in Form des Bachelors für falsch und setze mich dafür ein, dass jeder Bachelor-Abschuss zur Aufnahme eines Masterstudiums berechtigt. Das herrschende Leitbild der "Beschäftigungsfähigkeit" (Employability) als Ziel eines Studiums halte ich für falsch. Aus meiner Sicht müsste es darum gehen, dass Menschen zu einer selbstbestimmten Rolle in der Gesellschaft ermächtigt werden. Hierzu gehört auch die Fähigkeit, Bestehendes zu Hinterfragen und auf Veränderungen hinwirken zu können. Um solch ein Leitbild als Ziel der Bildung durchzusetzen, dürfen Studieninhalte nicht einseitig nach wirtschaftlichen Interessen bestimmt werden, wie es das derzeitige Akkreditierungssystem tut. Mir geht es stattdessen um mehr Demokratie an den Hochschulen und das Zurückdrängen von Privatisierungen.

Sie haben als zweites die Frage gestellt, wo ich bisher Gelegenheit hatte, für diese Ziele einzutreten: Dies ist seit 2005 als bildungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag der Fall. DIE LINKE als Opposition im Bundestag hat hier immer wieder mit Anfragen, Anträgen und Stellungnahmen im Bildungsausschuss versucht, solche Forderungen voranzubringen. Wir sind dabei umso erfolgreicher, je mehr Druck aus den Hochschulen und der Gesellschaft hinzu kommt. Deshalb ist mir die Zusammenarbeit mit Studierendenvertretungen und weiteren Bündnispartnern sehr wichtig. Ein Beispiel ist die jetzt erfolgte BAföG-Erhöhung um 10 Prozent. Die Große Koalition hatte ursprünglich jegliche Erhöhung verweigert, was in der Öffentlichkeit auf massiven Widerspruch stieß. 10 Prozent sind zwar nun bei weitem nicht ausreichend, aber immerhin ein erster Schritt.

Vor meiner Wahl in den Bundestag war ich zwei Jahre im Vorstand des bundesweiten studentischen Dachverbandes fzs und habe mich dort für ähnliche Ziele eingesetzt. Zuvor war ich an meiner eigenen Uni – der FSU Jena – im Studierendenrat aktiv.

Viele weitere Informationen zu meinen hochschulpolitischen Positionen finden Sie auch auf meiner Homepage www.nele-hirsch.de und selbstverständlich stehe ich auch gern für weitere Auskünfte zur Verfügung.

Viele Grüße,
Nele Hirsch"

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