Frage an Jan Korte von Daniel H. bezüglich Gesundheit
Der Inzidenzwert wie wir ihn bereits kennen, soll nun im Infektionsschutzgesetz eingebaut werden.
Es wurde bereits angemerkt, dass dieser Wert nicht mehr angemessen sei - ich gehe weiter, und sage, dass er die tatsächliche Situation überhaupt nicht objektiv darstellen kann - er ist sogar über die Anzahl der durchgeführten Tests steuerbar!!
Die Einwohnerzahl ist ja nun grundlegend konstant.
Damit ist die Gesamtzahl der maximal positiv Getesteten, die es braucht, um den Wert zu überschreiten, ebenfalls fix.
Die Positivenquote im Sommer lag um die 1% (aktuell angeblich bei 2-3%).
Damit lässt sich also ganz einfach ausrechnen und festlegen, wie viele Test durchgeführt werden müssen, um den Inzidenzwert zu überschreiten.
Für Hamburg (~1,85 Mio Einwohner)
=> bei 1,0 % Positiven-Testrate:
Inzidenzwert von 35 => ~ 9.250 Tests/Tag
Inzidenzwert von 50 => ~ 13.300 Tests/Tag
=> bei 3,0 % Positiven-Testrate:
Inzidenzwert von 35 => ~ 3.085 Tests/Tag
Inzidenzwert von 50 => ~ 4.440 Tests/pro Tag
Also lassen sich demnach relativ einfach die Maßnahmen und Einschränkungen der Grundrechte über ausreichend durchgeführte Tests herbeiführen.
Welche Kontrollfunktion wird gegen diese Missbrauchsmöglickeit geben?
Die Maßnahmen die dann dort stehen (auch Impfdokumentation siehe §36, d), (10), 1., b) findet man dort) , bedürfen noch einmal einer gesonderten Überlegung.
Man möchte mehr Rechtssicherheit für die Maßnahmen schaffen? Aber warum - man sollte sich eher fragen, wieso über die Maßnahmen als nicht rechtens entschieden werden konnte - weil sie Unrecht darstellen.
Man möchte für alles eine gesetzliche Grundlage schaffen (von Ausnahmen habe ich noch nichts gefunden).
Werden dann aus Ordnungswidrigkeiten Straftaten, da man nun gegen ein Gesetz statt gegen eine Verordnung verstößt?
Zum Schutz unserer Demokratie, unseres Rechtsstaates, darf das Gesetz so nicht kommen, da der Bundestag zu einfach umgangen werden kann oder wie sehen Sie das?
Gruß Daniel Hanke
Sehr geehrter Herr Hanke,
ich stimme Ihnen grundsätzlich zu, dass die Inzidenzzahlen nicht ausreichen, um das Infektionsgeschehen sicher beurteilen zu können.
Denn erstens wissen wir nicht sicher, wie viele infizierte Menschen nicht getestet werden. Zweitens spielen auch andere Parameter eine Rolle, um die Auswirkungen auf die Gesellschaft und das Gesundheitssystem einschätzen zu können. Es ist immer ein Problem, wenn auf der einer unsicheren Grundlage entschieden werden muss.
Das kann aber kein Argument dafür sein, nichts zu tun. Dass COVID-19 für eine relevante Gruppe der Bevölkerung eine erhebliche Gesundheitsgefahr darstellt, ist seit Langem bekannt. Ja, die Zahl der bestätigten Infektionen können nicht gleichgesetzt werden mit denen in der ersten Welle im März. Das heißt aber nur: Heute ist die Unsicherheit bezüglich der Dunkelziffer aufgrund der hohen Testzahlen deutlich kleiner.
Sie haben Recht, dass mit mehr Tests auch mehr Infektionen gefunden werden. Das ist aber kein Problem, sondern trägt zur Lösung des Problems erheblich bei. Denn eine so große Unsicherheit wie im März, als uns der Ausbruch überrollt hat, macht eine gute Abwägung angemessener Maßnahmen kaum möglich.
Die Schwellenwerte von 35 bzw. 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner*innen pro Woche sind im Übrigen nicht primär ein epidemiologischer, sondern ein administrativer Natur. Denn spätestens ab dem Wert 50 sind viele Gesundheitsämter nicht mehr in der Lage, die Infektionsketten nachzuvollziehen.
In der Folge steigen wieder die Ansteckungen, sodass sich der Effekt selbst verstärkt.
Das ist im Oktober geschehen und hat zu dem jetzigen Teil-Lockdown geführt.
Insofern ist der Schwellenwert verständlich, aber noch besser wäre es natürlich, die Kapazitäten in den Gesundheitsämtern noch mehr aufzubauen.
Ich hoffe, dass meine Ausführungen etwas mehr Klarheit bringen konnten und wünsche Ihnen gute Gesundheit.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte