Frage an Jan Korte von Marco H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Korte,
ich habe von dem Gesetzentwurf zur "Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität" gehört.
U.a. soll das sog. Telemediengesetz geändert werden. In dem Entwurf findet sich unter Artikel 5 "Änderung des Telemediengesetzes" folgender Passus:
§15b Abs. 3 Auskunftsverfahren bei Passwörtern und Zugangsdaten:
"Derjenige, der geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, daran mitwirkt oder den Zugang zur Nutzung daran vermittelt, hat die zu beauskunftenden Daten unverzüglich, vollständig und unverändert zu übermitteln. Eine Verschlüsselung der Daten bleibt unberührt. [ Über das Auskunftsersuchen und die Auskunftserteilung haben
die Verpflichteten gegenüber den Betroffenen sowie Dritten Stillschweigen zu wahren." ]
Wie ist vor allem der in Klammern gesetzte Absatz zu verstehen? Könnten Sie das bitte näher erläutern?
Danke.
Sehr geehrter Herr Heit,
vielen Dank für Ihre Frage zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“.
Eines vorweg geschickt: Als Oppositionspolitiker habe ich seit langem gefordert, dass die Große Koalition endlich handelt und gegen den zunehmenden Rechtsextremismus und die Hasskriminalität im Netz aktiv wird. Gleichwohl wäre es eigentlich an der Bundesregierung, ihren Gesetzentwurf für alle Bürgerinnen und Bürger verständlich zu erklären. Insofern wäre es vielleicht angebracht, wenn Sie Ihre Frage auch an die zuständige Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz richten würden.
Nun zu meiner Lesart: In dem mir vorliegenden Entwurf, den das Bundeskabinett am 19.2.2020 verabschiedet hat, ist der von Ihnen zitierte Satz nicht mehr in eckigen Klammern gesetzt. Mit der Formulierung „Über das Auskunftsersuchen und die Auskunftserteilung haben die Verpflichteten gegenüber den Betroffenen sowie Dritten Stillschweigen zu wahren“ soll sichergestellt werden, dass Betroffene einer solchen Auskunft bzw. Datenübermittlung, die ja Teil eines (noch) verdeckt geführten Ermittlungsverfahrens sein kann, nicht von ihrem Provider davon erfahren. Auch Dritte sollen nicht unterrichtet werden, weil das ebenfalls das Ermittlungsverfahren gefährden könnte. Zudem müssen auch die Beschuldigten, deren Daten abgerufen werden, insoweit geschützt werden, dass niemand von einem gegen sie gerichteten Ermittlungsverfahren erfährt, welches ja am Ende eingestellt werden kann (keine Straftat, keine Tatbeteiligung, kein Nachweis einer Tatbeteiligung möglich, etc.). Mit Blick auf Dritte geht es also um den Schutz des Ermittlungsverfahrens und zugleich den Schutz des Betroffenen (Unschuldsvermutung).
Als LINKE halten wir bei Überwachungsgesetzen, die ja tief in Grundrechte eingreifen, jedoch stets auch entsprechende rechtsstaatliche Ausgleichsmaßnahmen für erforderlich. So brauchen wir dringend eine Stärkung des individuellen Rechtsschutzes und eine stärkere parlamentarische Kontrolle. Dazu zählen u.a. Auskunftspflichten auf Seiten der Behörden einzuführen und die Schwellen anzuheben, wann keine Auskunft erfolgen darf. Konkret: Nach Einstellung der Ermittlungen bzw. der Einleitung eines Strafverfahrens müssen die Betroffenen über die verdeckt durchgeführten Maßnahmen umfänglich informiert werden. Denn nur dann haben sie ja die Möglichkeit rechtlich vor Verwaltungsgerichten die gegen sie durchgeführten Maßnahmen überprüfen zu lassen. Dafür werden wir uns auch im nun laufenden Gesetzgebungsprozess entsprechend einsetzen.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Erläuterung geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte