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Jan Korte
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Frage von Stefanie D. •

Frage an Jan Korte von Stefanie D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Korte,

mit Entsetzen habe ich das Positionspapier Ihrer Partei zur Kenntnis genommen, in dem von einer allgemeinen Impfpflicht die Rede ist. Diese Impfpflicht bezieht sich auf die derzeitigen Standardimpfungen nach den Impfempfehlungen des Robert-Koch-Institutes, geht also wesentlich weiter, als die von Herrn Spahn geplante Gesetzesänderung. Wie können Sie einen solchen Eingriff in die Grundrechte rechtfertigen? Bereits 2016 hat derWissenschaftliche Dienst einen engen Rahmen für eine Impflicht gesehen und Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert https://www.bundestag.de/resource/blob/424536/d5ca52c1db5c8e0a837031b5e0f105ef/wd-3-056-16-pdf-data.pdf. Weiterhin im Positionspapier die Absicht eines eklatanten Eingriffs in die Familie:"...Führen diese Unterstützungsleistungen nicht binnen angemessenem Zeitraum zur Impfung, werden die Jugendämter verpflichtet, gemäß § 1904, 1666 BGB das familiengerichtliche Verfahren zur Ersetzung der fehlenden Zustimmung der Kindeseltern zur Impfung einzuleiten." Auch hier schießt Ihre Parteil weit über bisher geplantes hinaus. Verfassungrechtlich sehr fragwürdig. Selbst Experten des RKI zweifeln an der Zweckmäßigkeit der Impfpflicht https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/102484/RKI-Impfexperte-bezweifelt-Sinnhaftigkeit-von-Masernimpfpflicht?fbclid=IwAR3Hj4ADEMtQb1qarLdSI9mOxTwF9XSiytexTC3g46HKU-QQ3Si2zehEvLE, wie kann eine Partei wie Ihre sich da so radikal totalitär positionieren? Ich bitte Sie eingehend diese Punkte in Ihrer Fraktion erneut achtsam zu erörtern und überdenken. Für mich persönlich lässt sich der jetztige Standpunkt nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren.

Vielen Dank, dass Sie sich dieses Anliegens annehmen.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau D.,

bei dem von Ihnen zitierten Beschluss handelt es sich um einen Beschluss des Parteivorstandes, nicht der Fraktion. Allerdings unterstützt auch meine Fraktion DIE LINKE im Bundestag die Einführung einer Impfpflicht, wenn andere Maßnahmen nicht greifen.
Nach aktuellen Erhebungen ist die Impfquote noch geringer als angenommen, ein ausreichender Impfschutz - und damit der Schutz von Gesundheit und Leben vor allem derjenigen, die nicht geimpft werden können - ist deshalb nicht mehr gewährleistet.
Sie ignorieren einen ganzen Katalog in dem Papier, mit dem freiwillige Impfungen und die Stärkung von Beratung und Aufklärung vorangetrieben werden sollen, so auch den Satz vor dem von Ihnen angeführten Zitat.
Der lautet: “Eltern, die, ohne, dass eine gegenteilige medizinische Indikation oder ein ähnlicher zwingender Grund vorliegt, die Verpflichtung zur Impfung ihrer Kinder nicht umsetzen, erhalten Unterstützung durch die Gesundheits- und Jugendschutzbehörden (Gesundheitsamt, Jugendamt).
Diese Unterstützung erfolgt zunächst mittels fachlicher Beratung und aufsuchender Sozialarbeit.” Erst wenn alle diese Maßnahmen nichts bewirkt haben, muss der Staat eine Gefährdung des Kindeswohls verhindern, wie es das BGB nicht nur erlaubt, sondern sogar verlangt.
Das ist nicht “totalitär”, wie Sie es nennen, sondern das ist der Rechtsstaat, der die Rechte von Kindern leider manchmal auch gegen ihre Eltern durchsetzen muss.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte

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