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Jan Korte
DIE LINKE
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Frage von Ralph L. •

Frage an Jan Korte von Ralph L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Korte

Wie man Medienberichten ( https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/parteienfinanzierung-fraktionen-verfassungswidrig-bundestag-parteien/ ) entnehmen kann, wurde die Summer der Zuweisungen für die Fraktionen nicht nur um den Betrag für die Kosten durch zusätzliche Fraktionen und Abgeordnete erhöht, sondern auch drei Millionen EUR für die Digitalisierung.
Dies verwundert insofern, als gerade Ihre Fraktion lt. der letzten Rechnungslegung ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/037/1903700.pdf ) über 0.56 Mio. EUR an Rücklagen gebildet hat, so dass die Investitionen in diesem Bereich ohne weiteres finanziert wären. Auch die anderen Fraktionen besitzen sehr hohe Rücklagen, so dass ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf aus dem Bundeshaushalt nicht notwendig erscheint.
Was waren deshalb die Gründe für die Erhöhung der Fraktionszuschüsse und wieso wurden hierfür nicht die Rücklagen benutzt, die nach kaufmännischen Grundsätzen eben für Investitionen, wie diese nun von Ihnen reklamiert werden, gebildet werden?

Darüber wundert mich, dass die Fraktionen Rücklagen in Millionenhöhe bilden, was auf eine erhebliche Überfinanzierung hinweis. Allein Ihre Fraktion hat im vergangenen Jahr einen Überschuss i.H.v. 668.971 EUR ausgewiesen. Normaler Weise müssen private Organisationen, die über Zuschüsse finanziert werden, diese Überschüsse zurückgeben.
Hinzu kommen noch einmal 4.6 Millionen EUR für Personalrücklagen. Hier ist nachvollziehbar, dass diese in angemessener Höhe für Abfindungen beispielsweise gebildet werden. Dennoch ist diese hohe, die nahe 40 Prozent des Gesamtzuschusses umfasst nicht erläuterbar.
Wozu werden diese hohen Rücklagen gebildet? Wäre es nicht sinnvoll, diese Rücklagen an den Bundeshaushalt zurückzugeben und nur in der wirklich notwendigen Höhe Ihre Fraktion anzusammeln?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr L.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Sie können zunächst einmal versichert sein, dass die Fraktion DIE LINKE ordnungsgemäß mit den Geldern umgeht.

Zu dem von Ihnen zitierten Artikel und Ihren Anmerkungen lassen Sie mich kurz erläutern:

Zunächst einmal zielt der Artikel wohl- entgegen seiner Einführung- auf die Finanzierung der Fraktionen im Jahr 2018. Denn bereits an dieser Stelle wurde ein Aufwuchs von 88 Mio auf ca. 115 Mio Euro vorgenommen.
Ich gebe Ihnen erst einmal recht, dass das ziemlich viel Geld ist. Das Abgeordnetengesetz schreibt daher auch ziemlich genau vor, wieviel Geld die Fraktionen wofür erhalten und wie sie über die Verwendung öffentlich Rechenschaft abzulegen haben.

Der Aufwuchs der Fraktionsfinanzierung ist zu einem großen Anteil gut nachvollziehbar.
Denn zum einen gibt es mehr Fraktionen und auch sehr viel mehr Abgeordnete, die (verfassungs-)rechtliche Ansprüche auf ihre Finanzierung geltend machen können.
Zum anderen hatte erst kürzlich der Bundestagspräsident seinen (gemäß § 50 Absatz 2 Satz 3 Abgeordnetengesetz vorgesehenen) Bericht vorgelegt (BT-Drs. 19/2664). Darin wird aufgrund der Übernahme des Ergebnisses der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst für die Mitarbeiterinnen der Fraktionen und aufgrund der Erhöhung ausgewählter Teilindizes des Verbraucherpreisindexes für Deutschland (= Inflationsausgleich) um insgesamt 3,04 Prozent eine entsprechende Erhöhung der Geldleistungen an die Fraktionen empfohlen.
Diese Erhöhungen haben auch wir selbstverständlich mitgetragen. Denn es ist nun einmal so, dass die Fraktionen einen wichtigen Beitrag zur parlamentarischen Demokratie beitragen und meines Erachtens jeden Cent wert sind (das gilt zumindest für meine Fraktion).

Der Erhöhung der Fraktionsgelder um etwa 3,3 Mio Euro aufgrund eines Mehrbedarfs wegen gestiegener Kosten durch Nachrüstungsbedarf bei der Digitalisierung und IT-Sicherheit hat meine Fraktion dagegen nicht zugestimmt.
Das liegt nicht daran, dass unsere Fraktion und sicher auch die anderen Fraktionen keine Mehrkosten in diesem Bereich zu verzeichnen haben.
Die Hacker-Angriffe auf die Bundestags-IT bspw. haben bei uns wegen gebotener Vorsichtsmaßnahmen zu Ausgabensteigerungen geführt, es braucht auch viele IT- Investitionen und es ist bspw. auch klar, dass die Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht kostenneutral zu haben ist.
Weil wir die Erhöhungssumme kurzfristig jedoch nicht nachvollziehen konnten, haben wir dann konsequenter Weise dieser Erhöhung auch nicht zugestimmt in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses.

Nun noch ein paar Worte zu der Höhe der Rücklagen der Fraktion DIE LINKE, die Sie ebenfalls angesprochen haben.

Diese Rücklagen sind auch (gem. § 52 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe a) AbgG) zunächst einmal ausdrücklich vorgesehen.
Rücklagen werden nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks gebildet.
Diese Rücklagen dienen der Absicherung einer etwa notwendigen Abwicklung der Fraktion. Dies kann notwendig sein, wenn eine Partei den Wiedereinzug in den Bundestag verpasst, wie dies beispielsweise bei der Partei der PDS nach deren Ausscheiden aus dem Bundestag 2002 der Fall war; die Abwicklung hat bis zum Jahr 2004 gedauert. Das heißt dann, alle Verträge über Lieferungen und Leistungen sind zu beenden bzw. abzulösen. Die Größenordnung unserer Fraktion entspricht mit ca. 160 Beschäftigten einem mittelständischen Unternehmen. Daraus resultieren zahlreiche wirtschaftliche, aber auch personelle Verpflichtungen.
Personalverträge sind abzuwickeln, daraus resultierende Zahlungen entsprechend der Gesetzlichkeiten, Tarifverträgen und Sozialplänen zu leisten. Für die Abwicklung ist die Fraktions- bzw. Personalrücklage vorgesehen.
Alle Ausgaben der Abwicklung müssen aus den Rücklagen beglichen werden. Nach Abschluss der Abwicklung werden die verbleibenden Mittel wie auch die Erlöse aus Verkauf der Wirtschaftsgüter an den Bundeshaushalt zurückgeführt.
Wenn eine Abwicklung nicht erforderlich ist, ist die Rücklage aber nicht einfach aufzulösen. Sondern man muss auch für den zukünftigen Fall vorsorgen.
Rücklagen sind gerade nicht für den laufenden Geschäftsbetrieb (wie erhöhte IT-Ausgaben) bestimmt, sondern dies sind die Reserven, die im Falle der Abwicklung zum Einsatz kommen. Sie sind, wie in jedem Betrieb entsprechend den Regeln eines vorsichtigen Kaufmannes, zu bilden.
Sie zwingen die Fraktionen zu kalkulieren, welche Kosten im Falle der Abwicklung auf sie zukommen.
Dass es an der Höhe der Rücklage meiner Fraktion nichts auszusetzen gibt, hat auch die gesetzlich (gemäß § 52 Absatz 3 AbgG) vorgeschriebene und erfolgte Abschlussprüfung nicht anders gesehen.
Der Bundesrechnungshof prüft gemäß § 53 AbgG die Rechnung sowie die den Fraktionen nach § 50 Abs. 1 zur Verfügung gestellten Geld- und Sachleistungen auf ihre wirtschaftliche und ordnungsgemäße Verwendung.
Auch von dieser Seite wurden die Rücklagen nicht bemängelt.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte

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