Frage an Jan Korte von Gabriel P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Korte,
in Baden-Württemberg befinden sich zum jetzigen zeitpunk zusammengezogene Polizeikräfte aus mehreren Bundesländern zur Sicherung des Großprojektes Stuttgart 21 – über welches sie sicherlich informiert sind.
Wie Ihnen sicherlich auch bewusst ist, eskalierte die Situation nun mit teilweise schwerwiegenden Folgen. Es gab Verletzte Kinder/Jugendliche, verltzte in der Mitte des Lebens und berichten zufolge gar verletzte Rentner bzw. ältere Bürger. Die baden-württembergische Landesregierung, allen vorran Ministerpräsident Mappus und Innenminister Rech, rechtfertigt nun die eingesetzte gewalt als gerechtfertigt. Herr Mappus spricht beispielsweise von "ungefährlichem Sprühnebel" der von den lange Zeit eingemotteten Wasserwerfen auf die Demonstranten abgefeuert wurde. Herr Rech sagte sinnbildlich, wer nicht spurt muss damit rechnen notfalls mit Gewalt von Polizeikräften entfernt zu werden.
Die Realität zeigt aber leider ein ganz anderes Bild. Die Wasserwerfer wurden mit voller Kraft eingesetzt, von einem Nebel war nichts zu erkennen und die Polizei ging nach Berichten in vielen Fällen übertrieben hart oder willkürlich vor. Wenn Beamte, wie in Videos gefilmt, mit der Reizgas/Pfeffersprayflasche einmal in ausladender Halbkreisgeste über eine große Menge von Menschen sprühen kann doch von einem durchdachten Handeln nicht mehr die Rede sein.
Nun stellt sich sogar die Bundesregierung quer und schmettert eine Debatte zu den Vorfällen im Bundestag mit der Begründung ab, ohne die Sachlage zu kennen könnte keine Diskussion geführt werden. Ich glaube zwar nicht das die Regierung in BW nicht mit der Regierung auf Bundesebene kommuniziert, das eigentlich erschreckende ist aber die Reflexartige Abwehrhaltung der Bundesregierung.
Meine Frage an Sie ist nun:
Was unternehmen Sie und Ihre Kollegen in der Opposition um solche Vorfälle künftig zu verhindern und die jetzigen aufzuklären? Eine Ohnmacht hat viele Bürger erfasst noch mehr Bürger sind schlicht wütend.
Sehr geehrter Herr Pommert,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu den jüngsten Ereignissen in Stuttgart.
Das Vorgehen der Polizei und die Reaktion von verantwortlichen CDU-Politikern auf die friedlichen Proteste der Bevölkerung sind wahrlich skandalös. Es darf einfach nicht passieren, dass gewaltsam gegen friedliche Demonstranten vorgegangen wird, natürlich erst recht nicht gegen Minderjährige oder ältere Mitbürger.
Es ist inakzeptabel für Politiker wie Ministerpräsident Mappus oder den Innenminister Rech, die Verletzung von Demonstranten klein zu reden oder zu verniedlichen. Somit gilt es nicht nur, den Polizeieinsatz aufzuklären und die Verantwortlichen, die beispielsweise einen Polizeieinsatz gegen eine angemeldete Schülerdemo angeordnet haben, zur Rechenschaft zu ziehen. Es scheint fast so, dass die verantwortlichen Politiker zunächst einmal sensibilisiert werden müssen für einen redlichen Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern, mit dem Grundgesetz und dem demokratischen Rechtsstaat.
Auch die Bundesebene muss an der Aufklärung der Vorkommnisse interessiert sein, denn Frau Merkel hat jüngst Stuttgart 21 zu einem zentralen Projekt des Bundes erklärt. Auch die Bundespolizei war an dem Einsatz neben der Landespolizei beteiligt. Es ist also notwendig, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung öffentlich Stellung bezieht. Sie kann sich dabei nicht hinter der Mappus-Regierung in Baden-Württemberg verstecken, wenn sie beispielsweise darauf hinweist, dass die Bundespolizei im Rahmen des Landespolizeieinsatzes tätig war.
Schnellstmöglich muss Schwarz-Gelb erklären, wie sie in Zukunft mit demokratisch legitimiertem Protest umgehen wird. Es ist für unsere Demokratie nicht hinnehmbar, wenn die Bundesregierung den legitimen Protest tausender Bürgerinnen und Bürger ignoriert.
Die Bundestagsfraktion der LINKEN hatte deswegen am vergangenen Donnerstag, als sich die Eskalation der Demonstration abzeichnete, für den nächsten Morgen eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragt, um eine unverzügliche Aufklärung der Ereignisse im Bundestag herbeizuführen.
Die Vertreter der schwarz-gelben Koalition sowie der Bundesregierung haben in dieser Sondersitzung ausschließlich die Formalien des Einsatzes geschildert und sich einer inhaltlichen Debatte verschlossen. Wie ich finde, zeigt die vollkommen unzureichenden Diskussion, dass schwarz-gelb offenbar einer Diskussion um die Ereignisse der letzten Woche aus dem Weg gehen will. Dies ist angesichts der Politik der schwarz-gelben Bundes- und Landesregierung in Baden-Württemberg erstmal nicht erstaunlich, um so wichtiger ist es nun aber, dass die rot-rot-grünen Oppositionsparteien gemeinsam zu einer vernünftigen Alternative in der Landes- und Bundespolitik zusammenfinden.
Die Bundestagsfraktion der LINKEN unterstützt deswegen den Antrag der Grünen auf eine Aktuelle Stunde im Bundestag. Die Aktuelle Stunde wird am Mittwoch, den 6. Oktober im Bundestag stattfinden und dann hoffentlich zu einer Stellungnahme er Bundesregierung führen.
Die Bundestagsfraktion der LINKEN. fordert eine unverzügliche Aufklärung der Ereignisse und einen sofortigen Baustopp, um in guter demokratischer Form und mit rechtsstaatlichen Mitteln das weitere Vorgehen bei Stuttgart 21 zu verhandeln.
Zudem setzt sich DIE LINKE. intensiv für eine „Demokratisierung der Demokratie“ und eine Stärkung „Plebiszitärer Elemente der Demokratie“ ein. Dazu gehört z.B. die Einführung von Volksinitiativen und Volksbegehren auf Bundesebene, öffentliche Auseinandersetzung und Verantwortlichkeit der Bundesregierung für ihre Vorhaben und Maßnahmen und das freie Verfügen der Bürger über ihre persönlichen Daten.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte