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Frage von Johannes N. •

Frage an Jan Korte von Johannes N. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Korte,

als Mitglied des Ausschusses Inneres würde ich von Ihnen gerne wissen, ob die Intitiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in Zukunft vom Verfassungsschutz beobachtet werden wird.
Der Innenminister scheint sich zu fein für dieses Forum zu sein, deshalb meine Frage an einen Abgeordneten, der sich sichtlich mehr Mühe beim Bürgerdialog gibt.

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Nase

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Sehr geehrter Herr Nase,

vielen Dank für Ihre Frage. Mir liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in naher Zukunft vom Verfassungsschutz beobachtet werden wird - und das ist auch gut so. Natürlich ist das Vorgehen der INSM in vielen Teilen eine kritische Auseinandersetzung wert, was Sie mit Ihrer vielleicht nicht ganz ernst gemeinten Frage vermutlich andeuten wollen.

Die neoliberale Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft stellt ihre Ziele unter das Motto: "Um die Soziale Marktwirtschaft zu erneuern und sie leistungsfähig zu halten, [müsse] jener Ballast abgeworfen werden, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hat" (Quelle: http://www.insm.de/insm/ueber-die-insm/Ziele-der-Initiative.html ). In dieser Selbstdarstellung wird zwar schön um den heißen Brei herumgeredet, aber man kann aus den Ausführungen herauslesen, dass sich die INSM unter dem sogenannten "Ballast" mit Tariflöhnen, dem Kündigungsschutz, der Rente, der Sozial- bzw. Arbeitslosenhilfe viele soziale Errungenschaften der Bundesrepublik vorstellt. Das rückwärtsgewandte und elitäre Bildungskonzept der INSM, "Wettbewerb, mehr Effizienz und mehr Tempo" steht zudem im krassen Gegensatz zu erfolgreicher Bildungspolitik, wie z.B. beim mehrfachen PISA-Testsieger Finnland, wo schwache Schüler in der Gemeinschaft gefördert werden und letztlich alle Schüler davon profitieren.

Als Lobbyorganisation versucht die INSM ihre Positionen über ihre "Botschafter" und Berater zu vertreten. In die öffentliche Kritik kam in den vergangenen Jahren die unkritische Übernahme tendenziöser INSM-Artikel oder Produktionen in diversen Medien, sowie die illegale Schleichwerbung der INSM in der Sendung "Marienhof", wo Dialoge und Aussagen gekauft wurden, wie: "Mit ein bisschen Eigeninitiative werde ich schon irgendetwas finden. Wenn man was wirklich will, dann klappt das schon, früher oder später".

Hinter der INSM stehen der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und andere Wirtschaftsverbände, die mit Hilfe der INSM die Öffentlichkeit sowie politische Entscheidungsträger beeinflussen wollen - und dies mit großem Aufwand und einem erheblichen finanziellen Einsatz. Es gab Zeiten, in denen man den Eindruck hätte bekommen können, dass es nur noch "Experten" der INSM im deutschen Fernsehen gibt. Natürlich nur, wenn man gewusst hätte, dass die dort auftretenden Professoren, Journalisten, Unternehmer und Politiker allesamt als "Botschafter" der INSM agierten. Das wurde dem Zuschauer allerdings nicht verraten. Mit Beginn der weltweiten Finanzkrise gerieten auch die Propagandisten des Neoliberalismus in die Krise. Ihre Medienpräsenz ging erkennbar zurück, doch mittlerweile erleben wir einen erneuten Anlauf der INSM, die zeitweilig verloren gegangene Meinungsführerschaft zurück zu erlangen.

Diese Praxis ist weder illegal, noch ist sie staatsfeindlich. Wenn aber derjenige, der den größten Etat hat, die öffentliche Meinung bestimmen kann und dem entgegenstehende Interessen nicht mehr berücksichtigt werden, folgt daraus im Ergebnis ein Mangel an Demokratie. Um den Einfluss von Lobbyorganisationen öffentlich nachvollziehbar zu gestalten und damit Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich eine unabhängige Meinung zu erarbeiten, müssen transparente Kontrollmechanismen für Medien und Politik entwickelt werden. Außerdem setzt sich DIE LINKE für ein Lobbyistenregister und für ein Verbot von Unternehmensspenden an Parteien ein.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Korte

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