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Jan Korte
DIE LINKE
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Frage von Peter E. •

Frage an Jan Korte von Peter E. bezüglich Innere Sicherheit

Wer in der Regierung,Partei und Name wäre Wissenswert,verhindert das Verbot der NPD samt seiner untergeordneten Vereine und Verbände?Diese ist National wie International geächtet und in vielen Staaten verboten.Warum nicht in der BRD? Grundgesetz,Verfassung dürften,schon viele Jahre,kein Hinderniss mehr darstellen! Das bewies die Regierung in vielen politischen Angelegenheiten,die ja eigentlich Volksangelegenheiten sind.EU beitritt,Afghanistan u.u.u. Es ist also definitiv möglich diese,für jede Gesellschaftsordnung "Menschenfeindliche Partei",zu verbieten und unter Strafe zu stellen.Ohne lange Debatten und Abstimmungen u.u.u. Es muss also jemanden geben,in der Regierung,der für die Neonazistische Vereinigung/Stärkung ist! Gar ein Mitglied,mit Auftrag,für die Zukunft?So muss doch ein jeder Bürger denken und vermuten.Mal kurz,im Bundestag angesprochen und schnell zum nächsten Thema,kann ja wohl nicht möglich sein.
Eines der wichtigsten Probleme,so zu behandeln,ist allein schon lebensgefährlich und sträfflich.Warum bleiben Sie und Ihre Partei nicht ständig daran.An dem Verbot der NPD? Ein jeder weis doch,alles fängt mal klein an.Auch ausserhalb von jeweiligen Sitzungsplänen/Programmen ,kann ein jeder Aufstehen und öffentlich die Verbotsfrage stellen.Und das jedesmal,bis berechtigter Weise man gezwungen ist/wird dieses Thema entgültig zu bearbeiten.Bis zur Gesetzesänderung da wo Nötig.Oder sind Sie auch in der Meinung,dass die NPD das Schutzschild von eine Handvoll Monopolkapitalisten aufgestellt wurde? Für die Zukunft,dass die BRD-Regierung ca.622 Personen,nicht mehr gewillt ist die Interessen der Monopolkapitalisten vertritt/befolgt! Wehrt sich Ihre Partei eigentlich gegen diese faschistische Partei?Und wie? Nachhaltig ist im Lande nichts zu sehen und zu hören.

Mit freundlichen Grüssen

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Erdzack,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich wie folgt beantworten möchte:

Welche Ziele der Staat im Kampf gegen den Neonazismus verfolgen sollte und welche staatlichen Mittel dabei nützlich oder schädlich sind, ist ein ständig wiederkehrendes Thema. Es begegnet uns in Debatten um Partei- oder Vereinsverbote ebenso wie bei den andauernden Auseinandersetzungen um Verbot oder Genehmigung rechtsextremer Aufmärsche. Die Meinungsfreiheit und das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit sowie das Parteienrecht genießen zu Recht einen hohen Schutz. Es ist also aus gutem Grund in der Bundesrepublik nicht so einfach Demonstrationen oder gar eine Partei zu verbieten.

Es ist manchmal schwierig eine Grenze zu ziehen zwischen dem, was gerechtfertigt erscheint und dem, was hilfreich ist. Dass der Staat gegen die (modernisierte) Wiederauflage der NSDAP, gegen Personen, die zweifelsohne NationalsozialistInnen sind, vorgeht ist ohne Frage gerechtfertigt. Dies nicht zu tun, hieße ihre Aktivitäten zu dulden und damit ihr mögliches Erstarken zu fördern. Aber ist staatliches Handeln deshalb immer hilfreich oder richtig?

Die schärfsten Kritiker an einem NPD-Verbot vertreten die Auffassung, dass ein Zwei-Klassen-Recht per se undemokratisch sei, auch wenn es antifaschistisch begründet wird. Außerdem werde dadurch nur dem Irrglauben aufgesessen, damit allein könne das Problem des Rechtsextremismus aus der Welt geschaffen werden.

Darüberhinaus sei die Verbotsforderung auch politisch falsch, weil damit zum wiederholten Male weis gemacht werde, der Staat könne und wolle dieses Problem lösen.

Das Scheitern eines solchen delegierten „staatlichen Antifaschismus“ lässt sich zumindest an früheren Verboten neonazistischer Organisationen zeigen.

Bis heute stellt die Anwesenheit von V-Leuten in der NPD das wichtigste Hindernis für ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD dar, womit die Durchsetzung der Partei mit staatlich bezahlten Aktivisten zur verlässlichsten Sicherung der NPD vor einem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht geworden ist. Schon das erste und aus genau diesem Grund einzige Verbotsverfahren gegen die NPD ist an diesem Hindernis gescheitert. Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts zur Einstellung des Verfahrens war hier ganz deutlich, die Handlungshinweise an die politisch Verantwortlichen unmissverständlich: Vor einem Verbotsverfahren müssen alle V-Leute in der NPD abgeschaltet sein./ /Besonders die CDU/CSU geführten Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen (NRW), Saarland und Sachsen torpedieren jedoch seitdem die Möglichkeiten eines neuen Verbotsverfahrens durch ihre Weigerung eben dies zu tun.

DIE LINKE vertritt die Auffassung, dass die Durchsetzung der NPD und anderer Strukturen der extremen Rechten mit V-Leuten des Verfassungsschutzes in keinster Weise zielführend im Sinne einer nachhaltigen Schwächung und Zurückdrängung der Partei ist. Alle vorliegenden Erfahrungen und Erkenntnisse über das Wirken von V-Leuten in der NPD und der rechtsextremen Szene zeigen das Gegenteil. So trugen vom Staat bezahlte Spitzel zur ideologischen und organisatorischen Verfestigung der Szene bei. Im Sinne des Schutzes der realen und potenziellen Opfer rechtsextremer Gewalt und auch im Sinne des Schutzes der Demokratie gegen ihre Feinde hat der Einsatz von V-Leuten nicht nur keinen Gewinn gebracht, sondern, u. a. durch das Scheitern des ersten NPD-Verbotsverfahrens zu einer Stärkung der extremen Rechten beigetragen.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun kürzlich zur eingangs ausgeführten Problematik ein richtungsweisendes Urteil gesprochen, das es lohnt etwas genauer analysiert zu werden. Die Karlsruher RichterInnen verkündeten in einem Grundsatzurteil, dass Aufmärsche von Neonazis verboten werden können, bei denen zu erwarten sei, dass durch die Billigung des NS-Regimes oder die Verhöhnung seiner Opfer der „öffentliche Friede“ gefährdet sei. Nach Ansicht der RichterInnen rechtfertigen zwei Aspekte dieses besondere, ausschließlich gegen Neonazis anwendbare Recht: der Charakter des Grundgesetzes und die besondere Wirkung, die solche Aufmärsche in der Öffentlichkeit haben. Das Unrechtsregime der Nazis habe „für die verfassungsrechtliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland eine gegenbildlich identitätsprägende Bedeutung, die einzigartig ist“. Und weitergehend: „Das Grundgesetz kann (...) geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes gedeutet werden“. Durch diesen Charakter als Gegenentwurf, der eine „Wiederholung solchen Unrechts ein für alle Mal“ ausschließen wolle, seien Ausnahmen für Nationalsozialisten vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit in der BRD geradezu „immanent“. Eine Billigung anderer Unrechtsregime, also beispielsweise des Stalinismus, betreffe das Gesetz nicht. Anders als Sie in Ihrer Frage schrieben, ist diese Auslegung des Grundgesetzes durch das oberste deutsche Gericht neu. Was folgt jetzt daraus? Sicher ist, dass das Verbot mancher Nazi-Aufmärsche einfacher wird. Doch der Staat ist nur selten ein verlässlicher Partner, die Entscheidungen schwanken je nach Bundesland und Zuständigen. Und auch die Warnungen, hier werde ein Grundrecht ausgehöhlt, sollten nicht vorschnell ad acta gelegt werden, sondern sie sollten bis ins Detail diskutiert werden, selbst wenn das bedeutet, dass am Ende vielleicht ein Grundrecht auch für seine Feinde verteidigt wird. Zweifel sind zumindest angebracht, ob beispielsweise konservative Innenminister die Fähigkeit zur Differenzierung aufbringen, die nötig wäre, solch eine Rechtsnorm, wie die vom Bundesverfassungsgericht skizzierte, umzusetzen.

Jede rein exekutive Regelung der Auseinandersetzung mit Neonazis ist eine Niederlage für die Zivilgesellschaft. Es stärkt die Exekutive und den Glauben in Teilen der Gesellschaft, autoritäre Lösungen helfen gegen Nazis. Doch das Gegenteil ist der Fall: Nur mehr Demokratie hilft gegen Nazis. Das erfolgreichste Mittel gegen Rechtsextremismus ist und bleibt also eine starke antifaschistische und zivilgesellschaftliche Bewegung. DIE LINKE wird ihren Teil dazu beitragen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Korte

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