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Ismail Ertug
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Frage von Wolfgang A. •

Frage an Ismail Ertug von Wolfgang A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ertug,

Wie man der Presse entnehmen kann, werden unsere demokratischen Rechte auf Mitbestimmung und Transparenz aufs gröblichste missachtet (streng geheime Verhandlungen mit 93% Industrievertretern ohne demokratisch gewählter EU-Vertreter, mi Maulkorb - im Angesicht nicht kalkulierbarer schadensersatzklagen und nicht kennzeichnungspflichtigen Hormon- und genbehandelten Nahrungsmitteln USW.) möchte ich vor den nächsten Wahlen zum EU-Parlament von ihnen gerne wissen, ob sie diesem Abkommen eher wohlwollend oder eher ablehnend gegenüber stehen.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Albrecht

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Albrecht,

vielen Dank für Ihre Frage zum Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU.

Das Europäische Parlament ist nicht direkt in die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) involviert. Warum das so ist, ergibt sich aus den Artikeln 207 und 218 des Vertrags von Lissabon (AEUV). Diese beiden Artikel regeln das auswärtige Handeln der Union in den Fragen der gemeinsamen Handelspolitik.

Unter anderem legen diese beiden Artikel fest, dass Europäischer Rat und Europäische Kommission die Verantwortung für die Verhandlungen und deren Ausgestaltung tragen. Die Europäische Kommission, durch den Handelskommissar vertreten, führt die Verhandlungen, wenn sie vom Europäischen Rat dafür ein Mandat erhält. Sie ist an Weisungen des Rates gebunden und wird von einem Ausschuss dabei unterstützt. Das Parlament soll während der Verhandlungen unterrichtet werden und ist bei Freihandelsabkommen ansonsten erst nach Abschluss der Verhandlungen in den Gesetzgebungsprozess einbezogen.

Der AEUV sieht über die Unterrichtungspflicht keine Einbindung des Parlaments in die Verhandlungen vor und überlässt den nationalen Regierungen über den Europäischen Rat sowie der Kommission die Ausgestaltung der Verhandlungen. Natürlich ist es wie schon beim ACTA-Abkommen inakzeptabel, dass hier im Geheimen verhandelt wird. Auch bei den Themen Transparenz und Zusammensetzung der Verhandlungsdelegationen muss ich hier auf die geltende Rechtslage verweisen, die Kommission und Rat hier freies Spiel lässt. Allerdings ist das nicht über das Parlament sondern über die Nationalstaaten zu beheben, die für eine Änderung der EU-Verträge die alleinige Kompetenz besitzen.

Ich stehe dem Abkommen beim aktuellen Informationsstand kritisch gegenüber, werde das Verhandlungsergebnis abwarten und mir dann ein differenziertes Bild machen. Allerdings werde ich keinem Abkommen zustimmen, das die geltenden Mindeststandards bei ArbeitnehmerInnenrechten, Sozialgesetzgebung, Lebensmittelsicherheit und -produktion unterläuft. Auch einem Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus zu Lasten der politischen Gestaltungsfähigkeit der EU werde ich nicht zustimmen.

Grundsätzlich stehen auch für mich auch die von Ihnen angesprochenen Punkte auf der Agenda: Transparenz der Verhandlungen und das Schutzniveau für europäische Verbraucher nicht nur bei Lebensmitteln.

Bereits beim so genannten ACTA-Abkommen habe ich nach Abwägung dieser und anderer Punkte dagegen gestimmt. Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben klare Bedingungen - die auch für mich relevant sind - an das TTIP-Abkommen gestellt, die hier nachzulesen sind: http://www.spd-europa.de/pressemitteilungen/sozialdemokraten-stellen-klare-bedingungen-handelsabkommen .

Mit freundlichen Grüßen

Ismail Ertug