Sehr geehrte Frau Casel, würden Sie in der nächsten Legislaturperiode eine Wahlrechts-bzw. Parlaments-Reform zur deutlichen Verkleinerung des Bundestages aktiv unterstützen ?
Der Deutsche Bundestag ist inzwischen das größte frei gewählte Parlament der Welt und droht noch weiter zu wachsen. Ich finde, dass der BT nicht zu einem Versorgungsinstrument der Parteien werden sollte.
598 Mandate sind im Bundestag vorgesehen, Überhangmandate sorgen aber immer wieder dafür, dass diese Zahl deutlich überschritten wird. Nach der Wahl zum letzten Bundestag erhöhte sich die Zahl der Abgeordneten auf 709. So viele wie noch nie. Zu groß. Mit dem aktuellen Wahlrecht steuern wir aber schnurstracks auf eine neue Rekordgröße zu. Es führt kein Weg an der Verkleinerung des Bundestages vorbei – das sieht ein übergroßer Teil der Bevölkerung so und das sehen wir so. Der Bundestag könnte wegen der voraussichtlich großen Zahl an Unions-Überhangmandaten und daraus resultierendem Ausgleich sogar die 800er-Marke knacken. Das kann niemand wollen und deswegen ist jetzt die Zeit zu handeln.
Wir wollen das System des Zweistimmenwahlrechts der personalisierten Verhältniswahl beibehalten und setzten bei der Vermeidung von Überhangmandaten an. Gerade die Ausgleichs- und Überhangmandate führen zu einem Aufwuchs der Abgeordneten-Zahlen. Reduzierung soll also erfolgen, indem das Verhältnis von Listen- und Direktmandaten zugunsten der Listenmandate verändert werden soll: Die Zahl der Wahlkreise wird auf 250 verringert, die Gesamtsitzzahl moderat auf 630 erhöht. Zudem wird das Sitzkontingentverfahren abgeschafft, denn auch dieses Verfahren führt zu unnötigem Ausgleichbedarf für andere Parteien, um den Zweitstimmenproporz bei der Sitzverteilung wieder herzustellen.
Die Reduzierung der Wahlkreise führt zwangsläufig zu einer leichten Vergrößerung bestehender Wahlkreise. Das macht es für die gewählten Abgeordneten in einigen Fällen schwieriger, den direkten Kontakt zu ihren Wählerinnen und Wählern zu halten, dennoch ist es eine pragmatische Lösung, die für alle tragbar ist. Zudem lässt die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nur wenige Stellschrauben für Veränderung übrig.