Frage an Isabell Zacharias von Anna H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zacharias,
gestern habe ich mit Freunden in größerer Runde darüber diskutiert, ob Handel mit nicht-demokratischen Regimes, welche die Menschenrechte nicht achten, von der Politik unterstützt oder unterbunden werden sollte. Dabei haben wir festgestellt, dass dieses Thema eine sehr wichtige Frage der kommenden Wahl für uns ist.
Gerade im Hinblick auf die kommende Wahl wäre es für uns interessant, Ihre Meinung hierzu zu kennen. Ihre Antwort könnte unter Umständen entscheiden, wo wir unser Kreuz setzen werden.
Ich würde mich über eine ausführliche Antwort freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Anna Hoffmann
Liebe Frau Hoffmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.de, die ich gerne wie folgt beantworte:
Die wichtigsten bayerischen Exportmärkte 2011 waren die USA (15,4 Mrd. Euro), gefolgt von China (14,2 Mrd. Euro) und Österreich (13,8 Mrd. Euro). Ein besonders hohes Absatzwachstum erreichte die bayerische Wirtschaft im vergangenen Jahr in Russland (+ 41,7 %), in der Türkei (+ 30,8 %) und in Südkorea (+ 25,6 %). Der Hauptanteil der bayerischen Exporte (54,9 %) geht aber nach wie vor in die Länder der Europäischen Union.
Wie Sie den Zahlen entnehmen können, betreibt Bayern in großem Volumen Handel mit Ländern wie China, Russland oder der Türkei, die keinesfalls (echte) Demokratien sind. Nun stellt sich die Frage ob das nun zu unterstützen ist, oder unterbunden werden sollte.
Als sozialdemokratische Abgeordnete sehe ich die Menschenrechte als unser höchstes Gut an und setze mich auch dafür ein, dass diese gewahrt werden. Nichtsdestotrotz ist Deutschland und vor allem auch das Bundesland Bayern eine Exportnation, die auf Handelspartner in der Welt angewiesen ist. Deshalb bin ich der Meinung, dass man den Handel mit Ländern wie Russland, China, der Türkei und anderen Staaten nicht von politischer Seite aus unterbinden sollte. Wirtschaftliche Sanktionen treffen meist immer die Falschen, nämlich die Zivilbevölkerung. Iran und Nordkorea, zwei Länder die wirtschaftlich weitgehend isoliert sind, wo die Bevölkerung Hunger leidet und die Wirtschat fast komplett zusammengebrochen ist, sind gute Beispiele für ein Scheitern der Embargo-Politik. Beide Regime sitzen noch im Sattel und ein Regime-Change ist nicht in Sicht, aber die Zivilbevölkerung leidet jeden Tag unter den internationalen Sanktionen.
Meiner Meinung nach kann der Handel mit Ländern wie Russland und China nicht unterbunden werden, dafür sind unsere Einnahmen zu groß und das Handelsvolumen hat eine zu große Bedeutung für unsere eigene Konjunktur. Die Frage ist nun allerdings, ob man diesen Handel von politischer Seite auch unterstützen sollte? Ich denke, dass es die Aufgabe der Politik ist, immer wieder auf die Missstände in besagten Ländern hinzuweisen und eine breite Öffentlichkeit für das Thema zu schaffen, sei es auf Reisen, auch wenn neue Wirtschaftsverträge ausgehandelt werden, oder im eigenen Land. Die Politik kann und sollte den Handel mit strategischen Partnern wie Russland und China nicht verbieten, allerdings soll Sie als Sprachrohr der Menschenrechte dienen und nicht Müde werden, auf deren Einhaltung zu pochen.
Auch die USA ist hier ein interessantes Beispiel. Sie stellt den wichtigsten bayerischen Exportmarkt, ist zugleich aber ein Land, indem in weiten Teilen die Todesstrafe praktikziert wird. Meiner Meinung nach sollte ein demokratischer Staat die Todesstrafe nicht ausführen. In den USA passiert dies und sie ist trotzdem als Handelspartner von enormer Bedeutung für Bayern. Das heiße ich keinesfalls für gut, aber uns bleibt nichts anderes übrig als immer wieder, hartnäckig auf diese Missstände hinzuweisen.
Als hochschul- und migrationspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion setze ich mich vor allem für die Rechte von MigrantInnen, AsylbewerberInnen und politisch Verfolgten und für ein Recht auf Bildung für alle in Bayern ein.
Ihre
Isabell Zacharias