Frage an Isabell Zacharias von Malte D. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Frau Zacharias,
ich habe ein paar hochschulpolitische Fragen:
1. Viele konsekutive Masterprogramme sind mit obligatorischen Mindestnoten versehen, wodurch Bachelor-AbsolventInnen, die diese nicht erreicht haben, von diesen Programmen praktisch lebenslang ausgeschlossen sind. Was halten Sie davon?
2. Welchem Zweck dienen die Mindestnoten Ihrer Meinung nach? Wie stehen Sie zu der Aussage, dass solche Mindestnoten dazu dienen, vermeintlich ungeeignete BewerberInnen vom Studium fernzuhalten? Inwieweit eignen sich Noten überhaupt als Selektionsmittel?
3. Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, statt der Mindestnoten Wartezeit für konsekutive Masterstudiengänge, wie bereits bei Bachelorstudiengängen, als Vergabekriterium für Studienplätze einzuführen?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Dierwald,
ich erlaube mir die drei Fragen in einer Antwort zusammenzufassen.
Ich halte grundsätzlich nichts von Numerus clausus bzw. Mindestnote als ausschlaggebendes Kriterium für die Zulassung zum Studium.
Vor allem die Abiturnote taugt in meinen Augen nicht als Nachweis der Leistungsfähigkeit bzw. als Indiz dafür, dass ein Studienbewerber für das Studium geeignet ist.
Was den Zugang zu einem konsekutiven Masterstudiengang betrifft, gewinnt die Mindestnote des ersten berufsqualifizierenden Bachelorabschlusses allerdings etwas an Bedeutung bzw. Legitimation; vor allem weil sich das Masterstudium in der Regel auf das ähnliche Fachgebiet bezieht und mitunter auf den Inhalten des Bachelorstudiums aufbaut. Deshalb ist oft auch eine Mindestanzahl an ECTS-Punkten in bestimmten Themenschwerpunkten erforderlich - zu Recht.
Aber - und deshalb lehne ich die Zulassungsbeschränkung, die sich vorwiegend an einer Note orientiert, ab - die Benotung geht meistens nicht auf die Rahmenbedingungen der einzelnen Studierenden ein. Das heißt die vielen Faktoren, die die Note beeinflussen, wie zum Beispiel familiäre Verpflichtungen, die ein Studierender während des Studiums wahrnehmen muss oder die Realität, dass viele Studierende darauf angewiesen sind, neben dem Studium zu jobben etc. erfahren keine Berücksichtigung. Deswegen wirkt die Mindestnote unangemessen selektiv. Auch Faktoren wie beispielsweise politisches, soziales und gesellschaftliches Engagement, etwa die ehrenamtliche Tätigkeit unzähliger Studierender, die nach meinem Verständnis ebenso berücksichtigt werden sollten, sind außen vor.
Zudem variiert die Notengebung je nach Hochschule, Bundesland und Staat, sodass ein Rückschluss auf die Qualität bzw. Aussagekraft der Note äußerst schwer fällt. Deshalb bin ich der Meinung, dass die Note allein keine ausreichende Bewertung des Leistungsvermögens der Studierenden darstellt. Dies zeigen auch die hohen Abbrecherquoten an den Hochschulen.
Wartezeiten sollten im Eignungsfeststellungsverfahren durchaus auch beachtet werden, allerdings muss die Zulassung auf mehreren Kriterien beruhen, die zu einer möglichst hohen Gerechtigkeit und Chancengleichheit führen. Wartezeiten als ausschließliches Kriterium der Vergabe von Studienplätzen halte ich nicht für sinnvoll. Auch weil dies die soziale Selektion im Übergang vom Bachelor zum Master, die jetzt schon vorhanden ist, nochmals verstärken würde.
Mit freundlichen Grüßen
Isabell Zacharias