Frage an Irmingard Schewe-Gerigk von Kim s. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Schewe-Gerigk,
im Februar hat ein UN-Komitee bei der Überprüfung des Frauenrechtsbakommens CEDAW deutliche Worte zur Situation transsexueller Frauen in Deutschland gesprochen und hier eine umfassende Reform des Transsexuellengesetzes verlangt.
„Dass transsexuelle Frauen als psychisch kranke Männer bezeichnet werden, um als Frauen akzeptiert zu werden, ist ein Paradoxon. Dem muss ein Ende gesetzt werden.“ äusserte Prof. Silvia Pimentel, Angehörige des Frauenrechtskomitees, vor dem sich die Bundesregierung in den Räumen des Hochkommissars für Menschenrechte verantworten musste. Sie forderte „die Beendigung des Gutachtervefahrens nach dem deutschen Transsexuellengesetz - und die Einführung eines Antragsverfahrens, wonach jeder entscheiden kann, zu irgend einem beliebigen Zeitpunkt, welchen Geschlechtseintrag er haben möchte.“
In Deutschland ist es bisher üblich, dass transsexuelle Frauen nicht selbstständig über ihren rechtlichen Status entscheiden dürfen. Sie sind nicht nur abhängig von einer Diagnose, die ihnen den Status „Mann mit Identitätsstörung“ gibt, sondern ebenso abhängig vom guten Willen zweier Gutachter, die ihnen diese sogenannte „Geschlechtsidentitätsstörung“ bescheinigen, oder eben auch nicht. Die geschlechtliche Fremdbestimmung und die geringe Garantie, die das Transsexuellengesetz für die Betroffenen geben kann, auch im Sinne der Menschenrechte behandelt zu werden, führten zwar zu klaren Fragen des UN-Komitees, brachten aber die Bundesregierung trotzdem nicht dazu hier deutliche Antworten zu finden.
Darum meine Frage: Werden sich die Grünen für eine Reform des Transsexuellengesetztes einsetzen, welche die Rüge des CEDAW-Komitees beachtet, auch hinsichtlich der Abschaffung der Praxis transsexuelle Frauen als "geisteskranke Männer" zu begutachten, damit sie als Frauen anerkannt werden? Wie sie wissen, handelt es sich bei CEDAW um ein verpflichtendes Abkommen.
Vielen Dank,
Kim Schicklang
Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V.
Sehr geehrte Frau Schicklang,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich des Reformbedarfs des Transsexuellengesetzes, der bei der Überprüfung des Frauenrechtsabkommens CEDAW vom UN-Komitee festgestellt wurde.
Auch der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sind die damals erläuterten Mängel der aktuellen Verfahren zur Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit bekannt. Deshalb erarbeiteten wir zurzeit einen Entwurf des *Transgendergesetzes (TGG)*, der diese Probleme lösen soll und den wir noch in dieser Legislaturperiode in den Bundestag einbringen werden. Lassen Sie mir ein paar Eckpunkte unserer Reformbestrebungen auflisten:
• Zweiteilung des Verfahrens (sog. „kleine“ und „große“ Lösung) soll beibehalten werden;
• Verkürzung und Vereinfachung des Verfahrens:
- statt Gutachten (§ 4 Abs. 3) soll nur im Falle der Personenstandsänderung eine Bescheinigung über stattgefundene Beratung vorgelegt werden müssen (allerdings ist das Konzept der Bescheinigung noch nicht zu Ende erarbeitet worden),
- es noch erwogen, ob man bestimmte Fristen (z.B. 3 Monaten nach Beantragung der Namensänderung und 6 Monaten für die Personenstandsänderung) einführt, nach deren Ablauf die Willenserklärung bestätigt werden sollte,
- Zuständigkeit (§ 2): Standesämter im Rahmen eines Verwaltungsaktes statt Amtsgerichte;
• Offenbarungsverbot (§ 5):
- keine Sanktionen,
- Rechtsanspruch auf Ausstellung von Originalurkunden (Unterstützung der Betroffenen bei Wahrnehmung dieses Anspruchs);
• Streichung der Aufhebungsgründe § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 (Geburt oder Zeugung eines Kindes);
• beibehalten wird § 7 Abs. 1 Nr. 3 (Eheschließung – nach Verzicht der Erforderlichkeit eines operativen Eingriffs für Personenstandsänderung ist die Vorschrift nicht mehr verfassungswidrig);
• Streichung der Voraussetzungen § 8 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 (Ehe,
Fortpflanzung, operativer Eingriff),
(allerdings ist beim letzten Punkt zu erwägen, ob man im Gegenzug eine explizite Pflicht zur Kostenübernahme im Gesetz - TGG oder SGB V - vorschreibt).
Sollten Sie zu unseren parlamentarischen Plänen weitere Fragen oder Anregungen haben, steht Ihnen unser Referent für Antidiskriminierungs- und Gesellschaftspolitik, Herr Jerzy Szczesny, gerne zur Verfügung. Anbei schicke ich Ihnen seine Kontaktdaten:
Jerzy M. Szczesny
Referent für Antidiskriminierungs- und Gesellschaftspolitik
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
11011 Berlin
Tel. 030-227 58903
Fax. 030-227 56273
jerzy.szczesny@gruene-bundestag.de
http://www.gruene-bundestag.de
Ich danke Ihnen noch mal für Ihr Interesse an der Arbeit unserer Bundestagsfraktion und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Irmingard Schewe-Gerigk