Frage an Irmingard Schewe-Gerigk von Elfi B. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Schewe-Gerigk,
da Sie auch die Interessen von Frauen vertreten, würde ich gern wissen warum es in Deutschland noch immer keine Lohngleichheit für gleichwertige Arbeit gibt. Warum noch immer Leistungen nur nach Männerarbeit bemessen wird. Traurig ist doch, dass deutsche Löhne sowieso schon immer mehr abrutschen in den Bereich der Armutslöhne. Wie viel schlimmer ist es dann für die Frauen, welche in unterbezahlten Berufen (wie z.B. Friseurinnen, Verkäuferinnen, Arzthelferinnen) arbeiten müssen. Das Dilemma beginnt doch schon in allen Bereichen wo Männer in der überwiegenden Zahl präsent sind, dort werden die Belange der Frauen nur unzureichend oder erst gar nicht vertreten. Mir fällt da immer ein: Armut ist weiblich! Nur wenig Frauen werden klagen, da sie Angst um ihren Arbeitsplatz haben. (Das sage ich Ihnen als Gleichstellungsbeauftragte) Sie schweigen lieber aus Angst vor den Folgen.....! Aussage eines Vorstandes, welcher alle leitenden Positionen an Männer vergab:" wir müssen doch die Männer in Brot und Arbeit bringen." Wen interessiert da schon das BGleiG oder das AGG?
Ich finde es sehr traurig aber auch beschämend, wie eine Gleichstellungsbeauftragte dann allein gelassen wird. Eine Tigerin- aber ohne Zähne! Sie hat keine weitere Möglichkeit als ihren Einspruch ad Akta zu legen. Und das wissen die Herren auf den oberen Posten genau!
Sehr geehrte Frau Bergmann,
herzlichen Dank für Ihre Email. Die in Deutschland besonders große Schere zwischen Männer- und Frauenlöhnen ist in der Tat eine der ganz großen offenen "Baustellen" bei der Gleichstellung der Geschlechter. Wir Grünen stehen für Gleichberechtigung und versuchen schon lange, diese Lohndiskrepanz durch verschiedenste Initiativen und Maßnahmen zu bekämpfen - bisher allerdings ohne den gewünschten durchschlagenden Erfolg, was natürlich auch mit den zahlreichen Ursachen zu tun hat, die hinter diesem Lohngefälle stehen.
Unser Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft konnten wir leider auch unter Rot-Grün nicht gegen den damaligen Bundeskanzler Schröder durchsetzen. Das zu großen Teilen unter Rot-Grün erarbeitete AGG scheint mir aber durchaus erste Erfolge zu bringen - es gibt bereits mehrere Fälle von erfolgreichen Klagen - so wie die Frauen, die gegen die Firma Süderelbe erfolgreich den gleichen Lohn wie ihre männlichen Kollegen eingeklagt haben, un zwar mit Unterstützung des Betriebsrats. Uns ist aber klar, dass es nach wie vor viele Fällen gibt, in denen die Frauen ganz allein auf sich gestellt sind und aus Angst vor den Folgen keine Klage einreichen - daher fordern wir nach wie vor ein echtes Verbandsklagerecht, um diese Frauen zu stärken. Sie finden diese Forderung neben anderen in unserem Antrag "Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen - gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit" (Drucks.Nr.: 16/8784), den wir im April in den Bundestag eingebracht haben. Der Antrag ist der Email angehängt. Des Weiteren fordern wir unter anderem einen gesetzlichen Mindestlohn, weil es in der Tat meistens vor allem die klassischen Frauenberufe sind, die besonders schlecht bezahlt sind. Auch bei den Eingruppierungskriterien für den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst im Bereich des Bundes müssen endlich alle mittelbaren und unmittelbaren Diskriminierungen abgebaut werden - gerade der Bund sollte der Privatwirtschaft ein Vorbild sein. In der Tat scheitert dies aber auch daran, dass das für die Gewerkschaften bedeuten würde, Männerlöhne (die klassischen "Familienlöhne") zu senken, das ist auch mit den Gewerkschaften leider nicht zu machen.
Mit ist klar, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte oftmals Frustration erleben und sich machtlos fühlen. Ich denke aber, es hat sich bereits viel getan und wir sind insgesamt auf einem guten Weg. Die Zeit spielt für uns. Selbst die Familienministerin hat kürzlich die eklatanten Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern angeprangert und laut über mehr Transparenz bei der Lohnfindung auch in der Privatwirtschaft nachgedacht. Leider wehrt sie sich vehement gegen die Einführung gesetzlicher Maßnahmen jeder Art in diesem Bereich und setzt auf Freiwilligkeit - wohin diese uns aber führt, das zeigt uns die freiwillige Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Spitzenverbänden der Wirtschaft. Derzeit bleibt uns nichts als die Frauen zu unterstützen, die vorhandenen, guten Gesetze zu nutzen (v.a. Bundesgleichstellungsgesetz und AGG) und uns weiterhin gemeinsam für die Gleichstellung stark machen, lautstark und mit dem Einsatz für Veränderungen auf verschiedensten Wegen. Und dann bei den nächsten Bundestagswahlen die Grünen zu wählen, für eine starke Unterstützung bei der Gleichberechtigung.
In diesem Sinne verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Irmingard Schewe-Gerigk
Und hier folgt noch der versprochene Antrag...
Irmingard Schewe-Gerigk MdB