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Irmingard Schewe-Gerigk
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Frage von Bettina W. •

Frage an Irmingard Schewe-Gerigk von Bettina W. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Schewe-Gerigk,

als Fachanwältin für Familienrecht halte ich auch bei örtlichen Organisationen Vorträge zur Unterhaltsrechtsreform.

Nachdem in der letzten Woche die Entscheidung des BVerfG bekannt wurde, wonach § 1615l BGB hinsichtlich der Dauer des geschuldeten (Betreuungs-)Unterhalts für Mutter nichtehelich geborener Kinder und der Ungleichbehandlung von ehelich und nichtehelich geborenen Kindern als verfassungswidrig erklärt wurde, bitte ich um Mitteilung, ob und wann nunmehr mit der Unterhaltsrechtsreform zu rechnen ist.

Ist der 1.7.2007 noch zu halten?

Nach meiner Wahrnehmung stehen bis dato weder die neuen Tabellen zum Kindesunterhalt fest noch die Rangfolgen.

Ich habe folgende weitere konkrete Fragen:

1. Wie ist der Streitstand in den Fraktionen zur Frage der Erwerbsobliegenheit ab dem 3. Geburtstag des jüngsten Kindes auch bei ehelich geborenen Kindern nach der Entscheidung des BVerfG?

2. Wo kann ich eine verbindliche Quelle finden, auf die ich die Zuhörer bei Vorträgen verweisen kann? Die Homepage des Bundesjustizministerium spiegelt nicht den aktuellen Stand wider.

3. Wie verhält es sich mit dem Aspekt, dass auch getrenntlebende und geschiedene Mütter ab dem 3. Geburtstag des jüngsten Kindes ab dem 1.7.07 eine Erwerbsobliegenheit haben sollen, soweit eine Betreuungsmöglichkeit für das Kind während der Arbeitszeit der Mutter besteht.

Für Ihre Rückanwort danke ich vorab,

mit freundlichem Gruß

B e t t i n a W o h l

Rechtsanwaltskanzlei
N E E S & W O H L

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Wohl,

ich freue mich sehr, dass Sie als eine Fachanwältin für Familienrecht auch die Öffentlichkeit über das Thema Unterhaltsrechtsreform informieren. Die umfassende Information potenziell "Betroffener" erscheint mir bei dieser Reform ganz besonders wichtig. Denn zukünftig müssen sich Paare - und gerade Frauen - vor dem Hintergrund des neuen Unterhaltsrechts sehr genau überlegen, welche Rollen- und Arbeitsverteilung sie in einer Partnerschaft wählen, wenn sie Kinder bekommen.

Wir Grünen stehen grundsätzlich hinter der geplanten Unterhaltsrechtsreform, die alle Kinder in den ersten Unterhaltsrang stellt, wenn das Geld - wie in den meisten Fällen Realität - knapp ist. Wir halten es des Weiteren auch für richtig, geschiedene und unverheiratete Mütter beim eigenen Unterhalt gleichzustellen und haben des Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das am 23.Mai veröffentlicht wurde, daher sehr begrüßt. Wir sind der Meinung, dass die Bundesregierung nun auch den Kompromiss wieder aufknüpfen muss, der geschiedene Mütter in den zweiten, unverheiratete aber erst in den dritten Rang beim Unterhalt stellt. Auch bei der Rangfolge müssen alle erziehenden Elternteile gleich behandelt werden. Bedenken bezüglich der derzeitigen Vorlage haben wir auch, was die Pläne betrifft, in die Reform auch alle derzeit bereits geschiedenen und bestehenden Ehen einzubeziehen. Gerade für Frauen kann dies große Nachteile bringen. Die Entscheidung, wie die Rollen in einer Ehe verteilt werden, wenn Kinder kommen, wird relativ früh getroffen. Wer jetzt bereits seit längerem verheiratet oder sogar schon wieder geschieden ist, hat diese Entscheidung noch unter der geltenden Rechtslage getroffen, für diese "Altfälle" wollen wir Rechtssicherheit. Wir werden zu unseren beiden Kritikpunkte auch Änderungsanträge ins Parlament einbringen.

Den 1.Juli als Termin zu halten, ist aufgrund der Bundesratstermine nicht mehr möglich. Was die Erwerbsobliegenheit nach dem 3. Lebensjahr für Geschiedene und getrennt Lebende betrifft:Wir Grünen sind natürlich auch hier für gleiche Bedingungen für geschiedene und nicht verheiratete Mütter und Väter. Die Erwerbsobliegenheit ab dem 3. Lebensjahr zu setzen, zu Beginn des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz, erscheint grundsätzlich sinnvoll. Hier müssen natürlich erstens Ausnahmen für Kinder mit besonderem Pflegebedarf möglich sein, außerdem muss einbezogen werden, dass der Rechtsanspruch sich nur auf eine Halbtagsplatz bezieht. Ausgangsbedingungen wie Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitswelt müssen des Weiteren dringend verbessert werden, wenn das Gesetz nicht ein Gesetz auf dem Rücken der Frauen sein soll.

Zu allem weiteren - wie dem Diskussionsstand in den anderen Fraktionen - muss ich Sie an die Regierungsfraktionen selber verweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Irmingard Schewe-Gerigk