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Irmingard Schewe-Gerigk
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian M. •

Frage an Irmingard Schewe-Gerigk von Christian M. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Irmingard Schewe-Gerigk!

Deutschland verzeichnet jährlich neue Scheidungsrekorde und überwiegend Frauen lassen sich scheiden, das ist doch klar, denn die Frauen bekommen ja so gut wie immer nach einer Scheidung/Partner-Trennung die Rechte (Geld, Kind und Macht) zugesprochen und Männer werden die Pflichten (rechtlose Unterhaltssklaven) auferlegt. Viele Väter werden entsorgt in Deutschland, auch dann wenn sich der Vater um das Kind gekümmert hat. Der EuGH für Menschenrechte verurteilt jährlich mehrmals Deutschland wegen Kindesentziehung der Väter (Männerrechte sind auch Menschenrechte)!
Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Sorgerecht für Väter nichtehelicher Kinder: Spricht Kindern aus nichtehelichen Beziehungen generell den Müttern zu, und Widerspricht damit der Gleichwertigkeit beider Elternteile.
Mich wundert es daher nicht mehr, wenn die Geburtenrate noch weiter sinkt und immer mehr Männer in den Zeugungsstreik (neuer Begriff) treten. Ist in Deutschland die Ehe bzw. Familie für Männer nicht zu einer großen Gefahr geworden, wenn man vorher schon weiss das man nach einer Scheidung zum rechtlosen Unterhaltssklaven degradiert wird?
Die Frauen in Deutschland sind privilegiert und bevorzugt.
Die Männer in Deutschland sind diskriminiert und benachteiligt.

Fakten belegen dies und sehen sie das auch so Frau Irmingard Schewe-Gerigk?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Martens,

Ihre These, dass es deshalb mehrheitlich die Frauen sind, die eine Scheidung einreichen, weil Sie von einer Scheidung in jeder Hinsicht profitieren, zeugt davon, dass Sie sich mit der Materie noch nicht ernsthaft auseinandergesetzt haben. Denn es sind ganz überwiegend die Ehefrauen, die nach einer Scheidung in Armut fallen – vor allem, wenn Kinder in der Familie sind. Das Bundesfamilienministerium hat im Rahmen einer Studie herausgefunden, dass Frauen nach einer Scheidung deutlich höhere finanzielle Einbußen haben als Männer. Und wenn Sie beklagen, dass meist die Mütter die Kinder aus der gemeinsamen Ehe zugesprochen bekommen, so ist das zwar richtig – Grund dafür ist allerdings, dass ca. 80-90 Prozent aller Väter gar kein Interesse daran haben, die Kinder zu sich zu nehmen. Wir reden im Folgenden also über gerade 10-20 Prozent der Scheidungsväter. Diese, auch das ist eine Zahl, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte, kommen ihren Unterhaltsverpflichtungen zu einem Drittel gar nicht und zu einem weiteren Drittel nur teilweise nach.

Wir Grünen sind der Meinung, dass es dem Kindeswohl am meisten dient, wenn das Kind eine intensive Beziehung zu beiden Elternteilen aufrechterhalten kann – wenn dies in bestimmten Fällen nicht unzumutbar ist. Auch Väter haben nach unserer Auffassung ein Elternrecht, sofern sie auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Derzeit ist eine gemeinsame Sorge nur dann möglich, wenn einvernehmlich eine entsprechende Sorgeerklärung ausgesprochen wird - unabhängig vom Zusammenleben der Eltern und gemeinsamer Pflichtenübernahme. Gegen die Zustimmung der Mutter hingegen ist eine gemeinsame Sorge beider Elternteile nicht möglich. Gegen dieses "Vetorecht der Mütter" waren mehrere Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig. In seinem Urteil vom 29. Januar 2003 hat das Bundesverfassungsgericht die geltende gesetzliche Regelung zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern im Wesentlichen für verfassungskonform erklärt. Denn obwohl beide Eltern Träger der Elternrechte aus Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz sind, setzt nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung sowohl eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern als auch ein Mindestmaß an Übereinstimmung und eine Ausrichtung am Kindeswohl voraus. "Fehlen die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Elternverantwortung, darf der Gesetzgeber einem Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind zuordnen." Dieses Mindestmaß an Übereinstimmung, das die Verfassungsrichter für die gemeinsame Sorge anführen, spricht eben gegen eine generelle gemeinsame Sorge auch bei Nichtverheirateten.

Wegen der vorgezogenen Wahlen konnten wir die Frage, ob das unangetastete Vetorecht der Mutter einzuschränken sei, nicht mehr abschließend klären. Innerhalb der Fraktion gibt es starke Stimmen, die sich für die Möglichkeit einer so genannten Einzelfallentscheidung für Fälle aussprechen, in denen sich die allein sorgeberechtigte Mutter weigert, eine Mitsorge des Kindsvaters zuzulassen. Wenn der nicht mit der Mutter verheiratete Vater willens und in der Lage ist, die elterliche Verantwortung für das gemeinsame Kind in gleicher Weise wie die Mutter zu tragen und dies auch tatsächlich tut, sollte eine gerichtliche Einzelfallentscheidung zugunsten der gemeinsamen Sorge auch gegen den ausdrücklichen Willen der Mutter möglich sein. Diese gerichtliche Prüfung sollte nicht an das gemeinsame Familienleben im Sinne einer tatsächlichen gemeinsamen elterlichen Sorge gebunden sein, sondern auch für Fälle gelten, in denen der Vater seinen Anteil an elterlicher Fürsorge erfüllt und vornehmlich am Willen der Mutter gescheitert ist. Sollte die Mutter die gemeinsame Sorge, wie vom Gesetzgeber in der bestehenden Regelung unterstellt, aus schwerwiegenden Gründen nicht befürworten, werden diese Gründe auch in der Einzelfallprüfung Bestand haben.

Mit freundlichen Grüßen
Irmingard Schewe-Gerigk
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Nina Katzemich
Wissenschaftliche Mitarbeiterin