Wer soll die von Ihnen geplanten 144 Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan bauen und planen?
Als Gelsenkirchener MdB wissen Sie, viele Straßen sind marode und müssten dringend repariert werden. Jetzt wollen Sie auch etliche Neubauten im Straßenbau vorrangig bauen lassen! Wer bitte soll diese Straßen bauen? Alleine für eine vernünftige Instandhaltung der vorhandenen Straßen, Brücken, fehlen Tausende von Facharbeitern! Und es werden bald noch viel mehr Facharbeiter fehlen da der Nachwuchs und auch die Planer fehlen. Ihre Fortschrittskoalition aber plant alleine 144 konkrete Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan. Ohne aber zu sagen wer diese Arbeit machen soll. Das Gesetz, dass die Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich beschlossen hat ist sicherlich nicht falsch. Aber ohne Planer und ohne Handwerker ist dieses ein zahnloser Tiger! Als Gelsenkirchener erwarte ich von einer MdB das sie sich für die Instandhaltung und Reparatur der Gelsenkirchener Straßen einsetzt damit die Menschen ihre Arbeitsstelle auch in Zukunft erreichen können.
Sehr geehrter Herr Z.,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Bundesverkehrswegeplan.
Es ist richtig, viele Straßen - und ich ergänze Ihre Aussage - vor allem auch Brücken sind marode und müssten dringend repariert werden.
Wir haben uns im Koalitionsausschuss u.a. auf ein Modernisierungspaket für die Verkehrsinfrastruktur geeinigt.
Ein Grundpfeiler hierbei ist die beschleunigte und vereinfachte Sanierung von maroden Brückenbauwerken, wie sie insbesondere in NRW vielerorts anzutreffen sind. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass die jährlichen Haushaltsmittel im Bereich Straße nicht weiter für den Straßenneubau ausgegeben werden, sondern vor allem in die Sanierung des bereits bestehenden Straßennetzes gesteckt wird. Aber wie Sie wissen, regieren wir in einer Dreier-Koalition und unsere Koalitionspartner haben in Hinblick auf die Prioritäten im Bereich eine deutlich andere Auffassung, sodass wir darauf angewiesen sind Kompromisse zu schließen.
Auch wenn ich grundsätzlich Ihre Auffassung teile, dass es die Liste mit den 144 Straßenbauprojekten nicht gebraucht hätte, so lassen Sie mich kurz klarstellen, dass es sich hierbei nicht um Straßenneubauprojekte handelt, sondern um Ausbaumaßnahmen. Wenngleich wir Grünen auch diese kritisch bewerten. Des Weiteren sind diese Projekte bereits heute im aktuellen Gesetz verankert. Es besteht für sie also bereits jetzt schon das Planungs- und Umsetzungsrecht. Die von Ihnen angesprochene Änderung bezieht sich auf das sogenannte überragende öffentliche Interesse, das diese Projekte zugeschrieben werden sollen. Das heißt, das ein gewichtiger Abwägungsgrund für die Behörden hinzukommt, wenn über die Ausbaupläne entschieden wird. Wie groß die Beschleunigung bei diesen Projekten sein wird, bleibt abzuwarten.
Parallel dazu hat die Koalition vereinbart, deutlich mehr in die Schiene zu investieren. Es geht hierbei sowohl um die Modernisierung inkl. Digitalisierung im Bereich des Schienennetzes als auch um eine deutliche Kapazitätssteigerung für den Personen- und Güterverkehr - was selbstverständlich nicht nur dem Klimaschutz zugutekommt, sondern auch dem Sanierungs- und Instandhaltungsbedarf der Straßen verringern hilft. So beschleunigen wir im Bereich Schiene insgesamt sogar 312 Projekte.
Es ist auch richtig, dass wir dringend mehr Fachleute und ExpertInnen brauchen. Die großen Lücken, die in den vorangegangenen Legislaturperioden entstanden sind, resultieren aus einer - aus meiner Perspektive - jahrelang vernachlässigten Ausbildungspolitik und einer fehlenden gesetzlichen Grundlage für eine zielgerichtete Fachkräftezuwanderung aus anderen europäischen und nichteuropäischen Ländern.
Diese Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre kann keine Regierung innerhalb von knapp zwei Jahren vollständig beheben. Aber, sehr geehrter Herr Z., wir Grüne arbeiten daran mit ganzer Kraft, das kann ich Ihnen versichern. Meine Fraktion hat sich bereits in ihrer Oppositionszeit massiv für eine Ausbildungsoffensive und die Aufwertung der Handwerksberufe eingesetzt.
Wir Grüne im Bundestag drängen seit vielen Jahren darauf, Einwanderung nach Deutschland zum Arbeiten, Studieren und zur Ausbildung zu fördern, denn der Arbeitskräftemangel hat sich in vielen Bereichen dramatisch entwickelt, nicht nur im Handwerksbereich. Es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens darüber, dass wir jährlich rund 400.000 Arbeitskräfte netto aus dem Ausland vom Leben und Arbeiten in Deutschland überzeugen müssen, um unseren Wohlstand und unsere Sozialsysteme zu sichern. Sonst kommen wir schon in einem Jahrzehnt in die Situation, dass uns schlichtweg das Personal fehlt, Straßen Instand zu setzen oder zu planen, Solaranlagen zu installieren, unsere Kinder zu unterrichten oder den Bus zu fahren. Deshalb haben wir im Juni 2023 unser Koalitionsversprechen eingelöst und setzen das modernste Einwanderungsrecht um, das Deutschland je hatte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Irene Mihalic