Frage an Ingrid Nestle von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Nestle,
Sie wurden in einer an Ihre Adresse gerichteten Fragestellung darauf gewiesen, dass Organisationen, die politisch tätig sind in letzter Zeit verstärkt die Gemeinnützigkeit aberkannt werden soll.
Zitat aus Ihrer auf diese Fragestellung bezogenen Antwort:
"Ich mache mir in den letzten Jahren Sorgen um den Zustand der unterschiedlichen Beteiligungsformen in unserem demokratischen System. Insbesondere Organisationen, die Meinungen bündeln und aktiv an uns Politiker*innen herantragen, werden diskreditiert und von unterschiedlichen Seiten angegriffen. (...)
Wir brauchen in unserer Demokratie genau solche Plattformen und Interessensvertretungen. Wenn der zuständige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ankündigt, ein modernes Vereinsrecht zu schaffen, reicht das nicht. Wir brauchen für die unterschiedlichen Akteur*innen Rechts- und Planungssicherheit. Die "Allianz für Rechtssicherheit für politische Willensbildung" hat hierfür einen guten Aufschlag geliefert, den ich für dringend diskussionswürdig erachte. Wir dürfen hier nicht warten, bis alle Vereine die Segel gestrichen haben und in die Pleite getrieben wurden. Wir GRÜNE haben das Thema schon lange im Blick und sind erschreckt, mit welcher Gleichgültigkeit das Engagement der Bürger*innen nicht beachtet wird. Unser Antrag in der letzten Wahlperiode, Drucksache 18/12559 "Rechtssicherheit für bürgerschaftliches Engagement ‒ Gemeinnützigkeit braucht klare Regeln" wurde leider sang- und klanglos abgelehnt."
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/ingrid-nestle/question/2020-01-26/331486
Frage 1:
Sind die Grünen in der laufenden Legislaturperiode initiativ geworden um die benannten Angriffe auf die Gemeinnützigkeit der benannten Plattformen und Interessensvertretungen abzuwehren?
Frage 2:
Welche Möglichkeiten erkennen Sie aktuell für die politische Arbeit Ihrer Partei um die Gemeinnützigkeit der benannten Plattformen und Interessensvertretungen zu sichern?
Viele Grüße T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
herzlichen Dank für Ihre Nachfrage. Auch in dieser Legislaturperiode haben wir als Bündnisgrüne Fraktion im Bundestag einen Antrag eingebracht, er ist auf Bundestagsdrucksache 19/7434 zu finden.
Im Zentrum unseres Vorschlages steht: Es muss von Seite des Gesetzgebers gehandelt werden, damit Vereine eine klare Rechtslage vorfinden. Nicht nur Förderung des demokratischen Staatswesens, sondern auch die Förderung ihrer tragenden Grundsätze, wie Demokratie, zivilgesellschaftlichen Teilhabe, Gewaltenteilung, Rechts- und Sozialstaatlichkeit, soziale Gerechtigkeit sowie eine faire und gerechte Beteiligung an der Finanzierung des Gemeinwesens sollten klar gemeinnützig sein.
Auch wollen wir die Transparenz von gemeinnützigen Organisationen verbessern. Dafür soll ein bundesweites Gemeinnützigkeitsregister eingerichtet werden, in dem jede und jeder sehen kann, ob einer Organisation der Status der Gemeinnützigkeit zuerkannt wurde. Darüber hinaus wollen wir - angepasst an die Größe und dem Umfang der Betätigung - einfach handhabbare, standardisierte Transparenzpflichten für gemeinnützige Organisationen und Regeln zur Offenlegung der Spenderstruktur einführen.
Die zuständigen Fachpolitiker*innen stehen im regen Austausch mit den Akteur*innen und versuchen auf Rechtssicherheit und klare Regeln für die Vereine zu dringen. Die Untätigkeit der Bundesregierung führt zu einer Behinderung den Engagements vieler - ich empfinde das als ein großes Problem.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Ingrid Nestle