Frage an Inge Gräßle von wolfgang h. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Harr,

vielen Dank für Ihre E-Mail zum EU-Japan-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA)/ Japan-EU Free Trade Agreement (JEFTA).

Das EU-Japan-Handelsabkommen ist von großer Bedeutung für den internationalen Handel der EU. Der gemeinsame Wirtschaftsraum umfasst 600 Millionen Menschen und 40 Prozent des globalen Handels. Mit dem Abkommen werden Zölle abgeschafft und damit eine Ersparnis von voraussichtlich einer Milliarde Euro erzielt. Das Abkommen ist in Zeiten von zunehmendem wirtschaftlichen Protektionismus ein wichtiger Erfolg und ein deutliches Signal an US-Präsident Trump für einen regelgestützten, freien und fairen Handel.

Zur Stärkung der Transparenz hat die EU-Kommission die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten während der gesamten Verhandlungen regelmäßig über den Stand der Verhandlungen unterrichtet. Alle von der politischen Einigung umfassten Kapitel wurden auf der Webseite der EU-Kommission veröffentlicht. Des Weiteren wurden alle Dokumente, die die Bundesregierung erhalten hat, automatisch an den Deutschen Bundestag weitergeleitet.

Bei der öffentlichen Daseinsvorsorge gibt es keine Privatisierungspflichten. Das Abkommen wird Kommunen weder dazu zwingen, Dienstleistungen zu privatisieren, noch sie daran hindern, privatisierte Dienstleistungen zu rekommunalisieren. Wasser und Abwasser bleiben weiterhin Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und jede Kommune entscheidet selbstständig, ob sie diese Aufgabe selbst wahrnimmt oder einem privaten Dienstleister überträgt. Der Unterschied mit dem neuen Handelsabkommen ist, wenn Kommunen sich entscheiden, die Versorgung an einen privaten Dienstleister zu übertragen, können sich in Zukunft neben europäischen, südkoreanischen und kanadischen Anbietern auch japanische Anbieter an europaweiten Ausschreibungen beteiligen. Entscheidet sich eine Kommune später dazu, die Wasserversorgung wieder selbst wahrzunehmen, ist dies auch weiterhin problemlos möglich.

Zudem schützt und fördert das Abkommen EU-Standards und EU-Werte, wie Umweltstandards und den Arbeitsschutz. Es ist das erste EU-Handelsabkommen, das sich offiziell zum Pariser Klimaschutzübereinkommen bekennt, inklusive des Übereinkommens zur Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen sowie zu weiteren zentralen Aspekten der nachhaltigen Entwicklung. Das ist ein immenser Fortschritt. Im Bereich Arbeitsschutz hat Japan bislang zwei grundlegende Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) noch nicht ratifiziert (Abschaffung der Zwangsarbeit und Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf). Das WPA enthält die Verpflichtung, die Ratifizierung aller Kernarbeitsnormen der IAO voranzutreiben. Japan hat bereits eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, um die Ratifikation der beiden ausstehenden Übereinkommen voranzutreiben.

Es ist wichtig, dass sich Bürger, wie Sie und ich, mit dem neuen Handelsabkommen beschäftigen, doch um dies auf eine effektive und konstruktive Weise zu tun, muss die Diskussion auf Fakten anstelle von unbegründeten Ängsten basieren. Das Handelsabkommen mit Kanada (CETA) ist seit diesem September mehr als ein Jahr in Kraft, ohne die Ängste und Skepsis der Bürger von September 2017 zu bestätigen. Dies ist auch unser Ziel für JEFTA.

Mit freundlichen Grüßen
Inge Gräßle