Frage an Inge Gräßle von Hans-Peter L. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Gräßle,
ich bin schon seit 14 Jahren intensiver Autor und vor allem auch Fotograf in der Wikipedia. Das in der nächsten Woche zur Abstimmung stehende Gesetz insbesondere mit dem Upload-Filter schränkt m.E. ganz erheblich meine Arbeit und die vieler Tausend Wikipedia-Autoren ein. Bitte stimmen Sie gegen dieses Gesetz und lassen auch weiterhin freies Wissen im Internet zu.
Danke
Mit freundlichen Grüßen
Peter L.
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Frage zur geplanten Reform des Urheberrechts.
Wie Sie sicher mitbekommen haben, wurde das Mandat des Rechtsausschuss, die Verhandlungen mit Ministerrat aufzunehmen, am 4. Juli im Plenum abgelehnt. Das bedeutet, dass es in der September-Plenarsitzungswoche die Möglichkeit gibt, Änderungen am bisherigen Bericht des Rechtsauschusses einzubringen. Ein Abgeordneter kann mit Unterstützung der Fraktion, des Ausschusses oder mit mindestens einem Zwanzigstel der Mitglieder des Parlaments, Änderungsanträge zum Bericht des Rechtsauschusses einreichen. Wie der Rechtstext dann letztendlich aussehen wird, lässt sich also zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit sagen, da dieser sich in den Verhandlungen mit dem Ministerrat nach der Mandatserteilung im Plenum noch einmal ändern kann.
Trotz dieses Rückschlags sind wir uns alle einig, dass eine Reform des Urheberrechts dringend notwendig ist, um sich an das veränderte Nutzungsverhalten der Bürger anzupassen und dabei die Interessen von Künstlern und Internetnutzern zu berücksichtigen. Die Position des Rechtsauschusses hat nicht zum Ziel die Meinungsfreiheit zu beeinträchtigen. Stattdessen zielt dieser im digitalen Zeitalter auf eine faire Vergütung der Urheber ab und eine faire Vergütung derer, die die Verbreitung dieser geschützten Leistung wirtschaftlich und strukturell absichern. Der Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und die Förderung eines breiteren Zugangs zu Werken sind die Säulen der wirtschaftlichen Nutzung des Internets und Grundlagen der digitalen Wirtschaft der EU.
Zum Thema "Uploadfilter" (Artikel 13) wollen wir, dass die Plattformen, die ihre Geschäftsmodelle auf der Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aufgebaut haben, für diese auch bezahlen. Wir verlangen daher eine Lizenzpflicht, so dass die Künstler fair für ihre Leistung entlohnt werden. Laut Artikel 13 sind nur Plattformen betroffen, deren Zweck es ist, von ihren Nutzern hochgeladene, urheberrechtlich geschützte Werke zu speichern und diese anderen wieder öffentlich zugänglich zu machen. Das bedeutet, eine Erkennungssoftware soll zum Einsatz kommen, um Urheberrechtsverstöße zu erkennen und zu verhindern, vorausgesetzt die Rechteinhaber stimmen dem zu. Von "Uploadfiltern" oder einem generellen Monitoring kann hier also nicht die Rede sein, da Plattformen, wie Wikipedia, die einem nichtkommerziellen Zweck dienen, nicht unter den Artikel 13 fallen. Deshalb ist Ihre Arbeit als Wikipedia-Fotograf oder auch die Arbeit der Wikipedia-Autoren in Zukunft nicht von dieser Erkennungssoftware betroffen.
Meine Kollegen und ich versuchen, die Interessen sowohl der Urheber als auch der Verbraucher zu schützen. Diesen Balanceakt versuchen wir weiterhin im September zu verteidigen.
Mit freundlichen Grüßen
Inge Gräßle