Frage an Inge Gräßle von Michael U. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. Gräßle,
Im Amtsblatt der Europäischen Union Ausgabe C 91 A/1 vom 9. April 2010 ( http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2010:091A:FULL:DE:PDF ) ist die Stelle eines Generaldirektors des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung OLAF für die Nachfolge des im Januar verstorbenen früheren Generaldirektors Franz-Hermann Brüner ausgeschrieben.
In der Stellenausschreibung heißt es wörtlich: “Vorzug wird Kandidaten gewährt, die die Fähigkeit haben, in englischer oder französischer Sprache zu arbeiten.”
Halten Sie dies für ein angemessenes Auswahl-Kriterium? Warum wurde die deutsche Sprache nicht entsprechend berücksichtigt, obwohl sie doch eine der drei Arbeitssprachen der EU-Kommission ist?
Wurden Sie als Koordinatorin des Ausschusses für Haushaltskontrolle vor Veröffentlichung der Ausschreibung konsultiert?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.
Michael Urnau
Sehr geehrter Herr Urnau,
danke für Ihre Frage. Die EU-Kommission hat die Ausschreibung der OLAF-Generaldirektorenstelle den Koordinatoren im Haushaltskontrollausschuss auf englisch vorgelegt genauso wie der zuständigen Arbeitsgruppe im Rat der Mitgliedstaaten. Wir Parlamentarier haben eine Änderung der Ausschreibung an einem Punkt angebracht, nämlich beim ersten Spiegelstrich, in dem wir deutlich machen wollten, dass wir eine Person für OLAF suchen, die Erfahrung im Justizbereich oder in der Ermittlungsarbeit mitbringt. Wir haben dabei auf Kohärenz zum Wortlaut in meinem Bericht zur OLAF-Rechtsgrundlage 1073/99 geachtet, den das Parlament im November 2008 mit großer Mehrheit angenommen hat.
Weitere wichtige Qualifikationen sind Erfahrung mit großen Verwaltungen und Haushalten sowie tiefschürfende Kenntnisse in der internationalen Betrugsbekämpfung und Strafverfolgung. Fremdsprachen sind unerläßlich, gerade auch der Arbeitssprachen der Kommission, deren Beherrschung wichtig ist. Ich gehe davon aus, dass jede beherrschte Arbeitssprache ein Plus für einen Kandidaten oder eine Kandidatin ist.
Der Text dieser Ausschreibung weicht signifikant von der letzten Ausschreibung ab Amtsblatt der EU, C 34/A/3, 9.2.2005)- gerade auch in der Sprachenfrage: Erstmals wurde überhaupt die Kenntnis von Arbeitssprachen der EU-Kommission eingefordert und nicht nur von 2 Amtssprachen. Der OLAF-Generaldirektor muss wegen Kontakten zu anderen internationalen Organisationen auf jeden Fall englisch beherrschen. Angesichts der eingesetzten EU-Gelder in afrikanischen Ländern wäre französisch zweifelos von Vorteil. Ich gehe davon aus, dass die Kenntnis jeder weiteren Arbeitssprache ein Pluspunkt für den Kandidaten oder die Kandidatin ist. Die Kenntnis aller drei Arbeitssprachen vorauszusetzen würde - so befürchte ich - den Kandidatenkreis erheblich einschränken, was der eigentlichen Sache ja nicht zum Vorteil gereichte. Es liegt an uns, im Auswahlverfahren entsprechende Schwerpunkte zu setzen.
Mit freundlichem Gruß
Inge Gräßle