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Frage von Judith S. •

Frage an Inge Höger von Judith S. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Abgeordnete

Im Oktober wird im Bundestag über die Verlängerung der drei Afghanistan-Mandate abgestimmt. Unsere Frage an Sie: Wie werden Sie abstimmen?

Bei Ihrer Abstimmung bitte ich Sie Folgendes zu bedenken. Wenn man die Situation nach 6 Jahren Krieg betrachtet, kann von Wiederaufbau keine Rede sein: Die Infrastruktur ist in allen Bereichen zerstört, viele Soldaten getötet, Zivilisten zu Krüppeln geschossen, in Kabul allein müssen sich 50 000 Kinder als Kriegswaisen durchschlagen, durch die Uranmunition sterben viele Menschen an Krebs und viele Neugeborene weisen schwere Missbildungen auf, es herrscht Chaos im Land.

Die Operation Enduring Freedom hat kein UN-Mandat und ist daher völkerrechtswidrig. Der schwere Terroranschlag vom 11. September 2001 rechtfertigt keinen NATO Einsatz, da es sich nicht um einen Bündnisfall handelt. Der ISAF-Einsatz untersteht seit 2003 der NATO und ist somit Teil eines militärischen Einsatzes. Sowohl Kommandostruktur als auch Informationsaustausch der OEF und ISAF überschneiden sich, sodass auch die deutschen Soldaten inzwischen als Besatzungskräfte wahrgenommen werden. Die Tornadoeinsätze sind Kampfeinsätze und verstoßen gegen Grundgesetz und Völkerrecht. So verstößt auch die ISAF in ihrer Verquickung mit OEF, NATO und Tornadoeinsatz gegen das Völkerrecht.

Wie lange glaubt der Westen eigentlich, dass er die Völker im Nahen Osten mit aus Eigeninteressen geführten Kriegen überziehen kann, ohne dass dies zu einer vollkommenen Unversöhnlichkeit führt?

Mit freundlichen Grüßen

Judith Schlenker
Eva-Maria Riester

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DIE LINKE

Liebe Frau Schlenker,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Im Bundestag stehen in den kommenden Wochen mehrere Abstimmungen zur Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Afghanistan an. Ich werde in all diesen Abstimmungen gegen den Einsatz deutscher Streitkräfte in diesem Land stimmen.

Die Regierungsparteien und insbesondere die SPD versuchen in letzter Zeit, eine scheinbare Trennung zwischen den Einsätzen unter dem Mandat der Operation Enduring Freedom (OEF), der Internationalen Sicherheitsunterstützungtruppe (ISAF) und dem Einsatz deutscher Aufklärungstornados zu konstruieren. Die Öffentlichkeit soll auf diese Weise darüber hinweggetäuscht werden, dass sich die Operationsfelder, die Ziele und die Techniken dieser Einsätze vor Ort nicht mehr trennen lassen, wenn das denn je der Fall gewesen sein sollte.

Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt. Der Krieg, den einige Staaten unter Führung der USA in diesem von jahrzehntelangen Kriegen zerrütteten Land führen, dient der Absicherung geostrategischer und ökonomischer Interessen. Weder die afghanische Bevölkerung noch die große Mehrheit der Menschen in den kriegführenden Staaten hat von dem Elend und der Verschleuderung von Steuergeldern in Afghanistan einen Vorteil zu erwarten.

Die Erfahrungen mit 150 Jahren Kolonialismus und der öffentlich als Export von Demokratie und Zivilisation verkauften Besatzung der Länder des Südens haben gezeigt, dass das Leben der Menschen vor Ort nicht fremdbestimmt zu verbessern ist. Demokratie, das blenden die Vordenker der Neo-Kolonialismus allzu gern aus, bedeutet Macht des Volkes. Diese Macht kann nicht von außen oktroyiert werden. Sie wird das Werk der betroffenen Menschen selbst sein, die sich gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Bevormundung zur Wehr setzen. Dabei können wir sie unterstützen, wo dies gewünscht und sinnvoll ist. Die Errichtung von Protektoraten ist hierzu der falsche Weg.

Ich bin froh, dass eine breite Mehrheit der Bevölkerung hier wie in den USA die neo-kolonialen Kriege der letzten Jahre ablehnt. Ich finde es empörend, dass die Bundesregierung diese Ablehnung nur als Behinderung einer Politik ansieht, die sie vorhat, unverdrossen weiterzuverfolgen.

Wir werden über die Demonstration am 15. September hinaus womöglich noch lange gegen diesen und weitere Kriege anzukämpfen haben, im Parlament und außerhalb. In diesen fortlaufenden Auseinandersetzungen reiche ich allen die Hände, die sich für eine friedliche, gerechte und ehrliche Welt engagieren.

Mit freundlichen Grüßen

Inge Höger MdB