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Inge Höger
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Frage von Antje D. •

Frage an Inge Höger von Antje D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Höger,

warum haben Sie sich als Linke bei der Abstimmung über die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften enthalten? Haben Sie rechtliche oder inhaltliche Bedenken gegen diese Gleichstellung? Als von dieser Diskriminierung Betriffene und als Wählerin der LINKEN bin ich sehr enttäuscht von Ihrem Abstimmungsverhalten!

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Meurers,

herzlichen Dank für Ihre Zuschrift.

Ich teile Ihre Auffassung, dass die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften nicht hinzunehmen ist. Bei der aktuellen Abstimmung habe ich mich dennoch enthalten (aber eben auch nicht dagegen gestimmt!), da die im Antrag enthaltene Forderung zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare die weitere einseitige Privilegierung dieser Form des Zusammenlebens beinhaltet .
Bereits die geringe Zahl eingetragener gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zeigt die deutlichen Vorbehalte breiter Teile der Schwulen- und Lesbenbewegung gegen die Institutionalisierung von Beziehungen, die zu finanziellen Abhängigkeiten führen.
Unterhaltsverpflichtungen nach Trennungen oder der Verlust des Anspruchs auf staatliche Transferleistungen und die damit verbundene Abhängigkeit vom verdienenden Partner / der verdienenden Partnerin sind die Hauptgründe dafür. Auch insgesamt in der Gesellschaft wachsen aus diesen Gründen die Vorbehalte gegen die Ehe.
Soziale Rechte und der Schutz privater Beziehungen müssen ermöglicht werden, ohne dass daran Unterhaltsverpflichtungen- und -ansprüche geknüpft werden. Daher treten wir für die rechtliche Gleichstellung aller Lebensweisen ein.

Bei meiner Positionsfindung habe ich mich eng mit dem fachlich zuständigen Arbeitskreis unserer Partei, der "Landesarbeitsgemeinschaft DIE LINKE.queer" in Nordrhein-Westfalen abgestimmt. Deren Pressemitteilung vom 30. Juni 2012 dokumentiere ich im folgenden:

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Eheöffnung: Volker Beck an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen /
LAG LINKEN.queer NRW begrüßt Abstimmungsenthaltungen aus der LINKE-Bundestagsfraktion

Zur Kritik an einigen Enthaltungen bei der Abstimmung über Bundestagsanträge von SPD und Bündnis 90/Grünen zur Eheöffnung für Schwule und Lesben erklärt Frank Laubenburg, Landessprecher der Landesarbeitsgemeinschaft DIE LINKE.queer NRW:
SPD und Bündnis 90/Grüne haben 2001 dafür gesorgt, dass es mit dem Institut der „Eingetragenen Lebenspartnerschaft“ nach der 1994 erfolgten Abschaffung des §175 StGB erneut ein Sondergesetz ausschließlich für Homosexuelle in der Bundesrepublik gibt. Volker Beck (B90/Grüne), seine Partei und die SPD waren seinerzeit zu feige, die Ehe für Schwule und Lesben zu öffnen oder alternativ dazu die Ehe zu entprivilegieren und soziale Rechte für alle Lebensweisen durch gesetzliche Regelungen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist es an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten, wenn Volker Beck nun den fünf Bundestagsabgeordneten der Partei DIE LINKE, die sich bei der Abstimmung zum Thema Eheöffnung am 28. Juni 2012 im Bundestag enthalten haben, „Verrat“ vorwirft.
Vielmehr gibt es gute Gründe, der sehr verkürzten Forderung nach einer Eheöffnung kritisch gegenüberzustehen. Die fünf Abgeordneten haben dies in einer persönlichen Erklärung, die wir am Ende dieser Pressemitteilung dokumentieren, auch dargelegt.
Mit dem Rechtsinstitut der „Eingetragenen Partnerschaften“ sind für diejenigen, die es anwenden, immer noch wenige Rechte und viele Pflichten verbunden. Viele Rechtsfragen wurden mit der Eingetragenen Partnerschaft überhaupt nicht geklärt. Betroffene mussten vielmehr immer wieder den Rechtsweg bestreiten, um sich Rechte zu erkämpfen. Davor hatte bereits die Bundestagsfraktion der PDS seinerzeit gewarnt. Chris Schenk erklärte in der Debatte 2001 zum Lebenspartnerschaftsgesetz im Deutschen Bundestag dazu vorausschauend:
„Lesben und Schwule werden infolgedessen auch weiterhin vor die Gerichte ziehen müssen, um so ihre Gleichstellung einzuklagen. Ein solch rechtliches Flickwerk wie das hier vorgelegte wird die Justiz geradezu herausfordern. Es bleibt de facto der Rechtsprechung überlassen, den gesellschaftlichen Fortschritt zu befördern.“
Ebenfalls bereits 2001 fragte Chris Schenk im Bundestag an SPD und Grüne gerichtet:
„Wann kommt eigentlich die grundlegende Reform des Familienrechts? Denn die Vielfalt der Lebensformen, die nicht nur von Homosexuellen, sondern auch von einer zunehmenden Zahl von Heterosexuellen gelebt wird, wird von Rot-Grün bisher völlig ignoriert. All diejenigen, die verantwortlich zusammenleben, sich jedoch nicht in das Korsett der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft pressen lassen wollen oder können, bleiben weiterhin rechtlos. Die rechtliche Gleichstellung aller Lebensweisen, egal, ob hetero- oder homosexuell, ist lange überfällig.“
Genau diese Frage müssen und sollten Lesben und Schwule weiterhin stellen. Eine Öffnung der Ehe in ihrer jetzigen Form wäre schon für die meisten lesbischen und schwule Paare keine Lösung. So werden finanzielle Abhängigkeiten durch das Institut der Ehe oftmals erst in Beziehungen hineingetragen. Für Menschen - egal ob lesbisch, schwul oder hetero - die in Wohngemeinschaften, wechselnden Partnerschaften oder anderen Weisen mit Menschen zusammenleben, bringt eine Eheöffnung ohnehin keine sozialen Rechte.
Von daher ist es notwendig, die Privilegien der Ehe (z.B. mit dem Splitting im Steuerrecht) endlich abzuschaffen und soziale Rechte auf alle Lebensweisen auszuweiten. Das wäre eine Gleichstellung, die den längst gelebten gesellschaftlichen Realitäten entgegenkäme und die so nicht nur von der Partei DIE LINKE sondern z.B. auch vom Lesbenring e.V. eingefordert wird.
Da ohnehin im Vorfeld klar war, dass die Eheöffnungsanträge von SPD und B90/Grünen keine Mehrheit im Bundestag finden werden, haben fünf Abgeordnete (vier davon aus NRW) der Fraktion DIE LINKE mit ihren Enthaltungen deutlich gemacht, dass Emanzipation mehr ist als der Versuch, Schwule und Lesben in das Korsett der bürgerlichen Ehe zu pressen.
„Verrat“, wie Volker Beck es nennt, ist das keinesfalls. Da sollte er sich lieber um die GRÜNEN-geführte Landesregierung in Baden-Württemberg kümmern. Die hat sich geweigert, die rückwirkende Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Beamtenrecht des Landes zu beschließen.
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Mit freudlichen Grüßen

Inge Höger, MdB