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Frage von Michael B. •

Frage an Inge Höger von Michael B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Höger,

laut Medien befanden Sie sich an Bord eines dubiosen Schiffskonvois nach Gaza, auf dem beachtliche Mengen Messer, Schlagstöcke, Krampen, Gasmasken und Leuchtgeschosse gefunden wurden. Haben Sie solche Gegenständen ebenfalls mit auf Ihr Schiff genommen? (1)

Die Fracht der umgeleiteten Schiffe wurde inzwischen auf dem Landweg nach Gaza transportiert. Laut n-tv Meldung (2) weigert man sich dort allerdings diese Waren anzunehmen. Können Sie sich das erklären? War die ganze Aktion nur ein PR-Gag, wenn die Lieferungen ohnehin nicht angenommen werden?

Grüße, Bartsch

(1) http://idfspokesperson.com/2010/06/01/photos-of-the-mavi-marmaras-equipment-and-weapons-1-jun-2010/

(2) http://www.n-tv.de/politik/IHH-schickt-weitere-Gaza-Konvois-article903463.html

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Bartsch,

Bitte erlauben Sie mir, Ihre Quelle „IDF-Spokesperson“ (Sprecher der israelischen Armee) außer Acht zu lassen, da diese sich inzwischen als tendenziös und unglaubwürdig herausgestellt hat.

An einem "dubiosen "Schiffskonvoi" haben nicht teilgenommen. Ich habe mich gemeinsam mit vielen anderen internationalen AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen auf der Marvi Marmara befunden, als sie um 4:25 Uhr am 31. Mai von israelischen Soldaten in Internationalen Gewässern mit Waffengewalt angegriffen wurde. Die von Ihnen erwähnten „Waffen“ waren Gegenstände, wie sie auf jedem Schiff zu finden sind. Die Messer wurden von den Soldaten aus der Kombüse geholt, Leuchtmunition ist notwendigerweise auf jedem Schiff, das auf hoher See fährt, vorhanden. Gasmasken sind keine Waffen, sondern vor allem wenn man mit Tränengas angegriffen wird, dazu da, sich zu schützen. Von Schlagstöcken habe ich nichts gesehen. Einige von den anderen Gegenständen hat die Israelische Armee selbst mitgebracht. Aber, um Ihre Frage zu beantworten, ich hatte weder auf der Challenger 1, auf der ich ursprünglich Passagier war, noch bei dem Umstieg auf die Marvi Marmara einen der von Ihnen genannten Gegenstände dabei. Im Übrigen wurden sämtliche Schiffe vor dem Auslaufen von den zuständigen Behörden kontrolliert. Alle Passagiere teilten den Konsens, unbewaffnet nach Gaza fahren. Diese Absicht, wurde von jeder und jedem, der an Bord ging, mit Unterschrift bestätigt.

Die Fracht der umgeleiteten Schiffe wurde inzwischen auf dem Landweg nach Gaza transportiert. Laut n-tv Meldung weigert man sich dort allerdings diese Waren anzunehmen. Können Sie sich das erklären? War die ganze Aktion nur ein PR-Gag, wenn die Lieferungen ohnehin nicht angenommen werden?

Zu Ihrer zweiten Frage: Es handelte sich bei der Aktion, bei der mindestens neun Menschen ihr Leben verloren haben, keineswegs um einen „PR-Gag“. Die Lieferung der Hilfsgüter war eine Geste der internationalen Solidarität und ein Versuch, zum Ende der Blockade beizutragen und auf das Elend in Gaza aufmerksam zu machen.

Wie Sie sicher nachvollziehen können, besteht und bestand es nach jahrelanger völkerrechtswidriger Blockade keinerlei Anlass, Israel darin zu vertrauen, die Güter unverzüglich und vollständig nach Gaza zu liefern. Die Übergabe der Güter durch die Israelische Armee ist vergleichbar mit einem Räuber, der aus dem Diebesgut aussucht, was ihm gefällt, und dann Dank erwartet, wenn er den Rest zurück gibt. Zu keiner Zeit hat Israel sich bereit erklärt, alle Hilfsgüter passieren zu lassen. Die Annahme der Güter nach ihrem Diebstahl durch die Regierung Gazas war an drei sehr konkrete und nachvollziehbare Bedingungen geknüpft: Erstens sollten die Güter komplett übergeben werden, zweitens wurde gefordert, dass ein Beobachter der Solidaritätsflotte bei der Übergabe zugegen sein kann und drittens wurde darauf bestanden, dass der Überfall der IDF auf die Marvi Marmara von einer internationalen Kommission untersucht wird. Leider hat sich Israel entschieden, all diese Bedingungen genau so zu missachten, wie die UN-Resolutionen und die Menschenrechte. Die Hamas hat übrigens zwischenzeitlich ermöglicht, dass die Güter an die UN im Gazastreifen übergeben werden und durch diese verteilt werden können. Wie leider absehbar war, hat die israelische Armee die Güter nicht vollständig übergeben, sondern vor allem die Baumaterialien, aussortiert und zwar obwohl durch die Übergabe des Materials an die UN klar gesichert gewesen wäre, dass damit allein ziviler Aufbau stattfinden würde!

Mit freundlichen Grüßen

Inge Höger MdB