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Inge Höger
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Frage von Markus D. •

Frage an Inge Höger von Markus D. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frai Höger,

ich würde gern von Ihnen wissen, wie Sie Ihre Position an Abgeordnete des deutschen Bundestages mit der Teilnahme an der Gaza-"Solidaritätsflotte" begründen?. Sie haben doch eine Vorbildfunktion und repräsentieren Deutschland im Ausland. Wieso nehmen Sie also an einer Aktion teil, die augenscheinlich nur Konfrontation im Blick hat und nicht die Nöte der Menschen in Gaza.
Das primäre Ziel war doch Israel zu reizen. Warum wurden die Hilfslieferungen nicht wie angeboten über den Landweg nach Gaza gebracht? Warum muss eine Bundestagsabgeordnete dazu beitragen, eine Seeblockade zu durchbrechen? Was würden Sie sagen, wenn Deutschland täglich von Raketen beschossen würde und Politiker eines anderen Landes unterstützen indirekt die Lieferung der Raketen an die Terroristen? Da haben Sie nämlich damit gemacht, als Sie versucht haben die Seeblockade zu durchbrechen. Hätte es Erfolg gehabt, wäre es eine Einladung für die Waffenschmuckler gewesen. So ist es ein Vorfall der neue Gewalt im nahen Osten heraufbeschwört.
Dieser Vorfall wirft einige Fragen auf und Israel hat sicher zu hart reagiert. Aber müssen die veranstaltende Organisation und auch Sie, sich nicht vorwerfen lassen, eine Eskalation der Lage heraufbeschworen zu haben?
Frieden schafft man nicht durch Gewalt, oder Aktionen die Gewalt hervorrufen. Das Resultat Ihres Einsatzes ist, dass der Friedensprozess wohl für Jahre zum erliegen kommt, wenn nicht sogar neuer Krieg im nahen Osten droht.

Ein Politiker sollte sich immer bewusst über sein handeln und die Auswirkungen sein. Dies kann ich bei Ihnen leider nicht erkennen.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Dod

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Seit 2007 hält Israel, mit Unterstützung Ägyptens, eine umfassende Blockade des Gazastreifens aufrecht. Diese Blockade geht weit über reine Sicherheitsinteressen (Waffenembargo) hinaus. Wer die Lieferung von Toilettenpapier, Tampons und Kinderschuhen unterbindet, der muss sich zu recht fragen lassen, ob es nicht in erster Linie um Demütigung der Bevölkerung in Gaza geht. Zu einer Schwächung der Hamas hat die Blockade übrigens nicht beigetragen und wird es auch nicht, was auch zahlreiche UN und EU-Repräsentanten so sehen. Eine solche kollektive Bestrafung der Bevölkerung ist jedoch erstens völkerrechtswidrig und zweitens inhuman, da durch die Blockade zahlreiche Menschen leiden und sterben müssen, z.B. wegen der blockadebedingt schlechten Gesundheitsversorgung.

Es ist auch mir ein Anliegen, dass der Beschuss von israelischem Territorium mit improvisierten Raketen aus dem Gazastreifen heraus, endet. Das ist jedoch nicht militärisch zu erreichen, sondern setzt einen politischen Prozess voraus. Der Verhandlungsweg ist sinnvoll und erfolgversprechend, das zeigten die Monate vor dem Gazakrieg in denen der Beschuss israelischer Städte nahezu völlig zum Erliegen kam. Dieser praktische Friedensprozess endete jedoch, weil die israelische Armee während dessen nicht darauf verzichtete, immer wieder den Gazastreifen anzugreifen - wobei zahlreiche Menschen starben. Diese Angriffe der israelischen Armee auf den Gazastreifen finden übrigens nach wie vor statt. Ich hoffe, dass Sie dies genauso verurteilen.

Ich möchte Sie ermutigen ihren Satz „Frieden schafft man nicht durch Gewalt, oder Aktionen die Gewalt hervorrufen.“ Noch einmal zu überdenken. Der erste Teil des Satzes ist sicher Konsens doch bei der zweiten Hälfte wird auf schwer nachvollziehbare Weise die Akteursebene ignoriert. Ich hoffe doch Sie machen nicht die Passagiere des Schiffes dafür verantwortlich, dass sie erschossen wurden? Diese Verantwortung liegt nämlich allein bei denjenigen, die die Schüsse abgegeben haben, bzw. bei denjenigen, die den Einsatzbefehl dafür gegeben haben. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gazasolidaritätsflotte ging es genau nicht um eine militärische Eskalation (schließlich sind auch wir der Meinung dass man Frieden nicht mit Gewalt schafft) sondern darum, die internationale Aufmerksamkeit auf die Tragödie im Gazastreifen zu lenken um so die Situation der Menschen im Gaza verbessern zu können.

Vielleicht haben Sie es ja zwischenzeitlich selbst gemerkt, dass kein neuer Nahostkrieg ausgebrochen ist, sondern dass sich die internationale Öffentlichkeit nun endlich mit der Blockade des Gazastreifens beschäftigt. Worüber ich sehr froh bin, da zuvor leider die dramatischen Appelle von Nichtregierungsorganisationen - zuletzt Anfang dieses Jahres von medico, amnesty etc in ihrem Bericht „Gaza - Das große Versagen“ http://www.medico.de/media/bericht-gaza-das-grosse-versagen.pdf - weitgehend ungehört verhallt sind.

Zu ihrer Frage nach meinen Aufgaben als Parlamentarierin, will ich Ihnen nur eine Anregung zum Nachdenken geben: Deutschland und die EU betreiben Außenpolitik zu der auch Waffenlieferungen nach Israel, militärische Ausbildungskooperation mit der israelischen Armee, EU-Grenzkontrollen am Gazastreifen aber auch Entwicklungshilfe in der Region gehören. Die parlamentarische Kontrolle dieser Politik kann nicht allein in Parlamentsausschüssen wahrgenommen werden. Wie sie vielleicht an dem Umgang der israelischen Regierung mit dem Entwicklungshilfeminister Niebel bemerkt haben, helfen normale „Staatsbesuche“ dabei nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Inge Höger MdB