Wieso sollen Bürgergeld-Empfänger nicht zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden?
Bürgergeld ist eine Leistung vom Staat und wird u.a. von uns Steuerzahlern finanziert. Da fände ich es nur gerecht, wenn man auch was zurück gibt. Ich bekomme mein Geld ja auch nicht für nix, sondern muss dafür arbeiten gehen. Natürlich darf man nicht alle über einen Kamm scheren; es gibt schließlich nicht nur einen einzigen Grund, weswegen man Bürgergeld beziehen muss. Und es müssen auch Zeiten der Weiterbildung etc. ausgenommen bleiben. Aber grundsätzlich bin ich dafür.
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Sehr geehrte Frau B.,
vielen herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich glaube nicht, dass eine Pflicht für Bürgergeld-Empfänger zu gemeinnütziger Arbeit soziale Probleme lösen würde. Sie steht meines Erachtens auch nicht im Verhältnis zum bürokratischen Aufwand, der damit einhergehen würde. Ich glaube, dass hier ein Blick auf die tatsächlichen Zahlen hilfreich ist. Bürgergeld bekommen etwa 5,5 Millionen Menschen in Deutschland, davon sind 1,8 Millionen Menschen Kinder und Jugendliche. Weitere 2 Millionen Menschen im Bürgergeld stehen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Das ist entweder der Fall, weil sie etwa gesundheitliche Probleme haben, weil sie Angehörige pflegen oder es für ihre Kinder kein Betreuungsangebot gibt, oder aber, weil sie bereits arbeiten, aber so wenig Lohn bekommen, dass sie zusätzliches Geld vom Staat benötigen (sogenannte Aufstocker). Letzteres trifft auf etwa 800.000 Menschen zu, die Bürgergeld beziehen.
Es bleiben noch 1,7 Millionen Menschen, die als arbeitsfähig gelten, aber keinen Arbeitsplatz haben. Der überwiegende Teil von ihnen bemüht sich auch um Arbeit. Nur rund 16 000 Menschen, also 0,4 Prozent aller Bürgergeld-Empfänger, gelten als sogenannte „Totalverweigerer“, die eine Arbeitsaufnahme aktiv ablehnen. Bei allen anderen arbeitsfähigen Bürgergeld-Empfängern liegt ein anderes Problem vor, etwa eine mangelnde Ausbildung oder gesundheitliche Probleme, die zwar nicht so schwer sind, dass Erwerbsarbeit allgemein unmöglich ist, die aber bestimmte Tätigkeiten ausschließen und deshalb die Arbeitssuche erschweren.
Mit einer deutlichen Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro und mehr, wie sie die Linke fordert, könnte die Zahl der „Aufstocker“ erheblich reduziert werden, was die öffentlichen Haushalte entlasten würde. Auch bessere und zuverlässige Betreuungsangebote für Kinder würden einen Betrag dazu leisten, dass deutlich mehr Menschen eine Arbeit annehmen können. Für Menschen, die es am regulären Arbeitsmarkt schwer haben, wollen wir als Linke einen geförderten, sozialen Arbeitsmarkt schaffen, samt individuell einklagbarem Recht auf einen Arbeitsplatz. Ich glaube, diese Maßnahmen wären deutlich effektiver, um wieder mehr Menschen in Arbeit zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Ines Schwerdtner