Frage an Ilse Aigner von Hans-Georg K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Ministerin,
ich bin Kommentator des Tierschutzgesetzes und habe als Rechtsanwalt einen Teil der Verfahren gegen den Schlächter Altinküpe geführt, zuletzt erfolgreich vor dem VGH Kassel, wo diesem Metzger, der auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002 veranlasst hat, mit Beschluss vom 28.5.2009 im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens vorläufig die Durchführung von Schächtungen gänzlich untersagt wurde.
Wie ich nun höre, hat das Europäische Parlament im Mai mit Zustimmung der EVP einen Beschluss zur neuen Schlachtverordnung der EG gefasst, der der Sache nach EG-weit das Schächten erlauben würde, weil abweichende schärfere nationale Regeln danach nicht mehr möglich sein werden. Wird die Bundesregierung diesem Entwurf in der Fassung der Entschließung des EU-Parlaments zustimmen und somit § 4 a Abs. 2 Nr. 2 des deutschen Tierschutzgesetzes zur Makulatur werden lassen? Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es Ihr Parteifreund, der damalige bayerische Ministerpräsident Stoiber, war, der 2002 als Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Einfügung des Staatsziels Tierschutz in das Grundgesetz veranlasst hat. Darauf hat er mehrfach selbst in Schreiben an Tierschutzorganisationen hingewiesen. Dies alles wäre jetzt mit Blick darauf, dass EG-Verordnungen dem nationalen Recht vorgehen, hinfällig, wenn die EG-Schlachtverordnung in der Fassung des Parlaments Wirklichkeit würde. Deshalb nochmals die Frage: Wird die Bundesregierung, werden Sie als verantwortliche Ministerin diesem geänderten Entwurf zustimmen? Ich bitte um kurzfristige Nachricht. Neben mir gibt es viele Menschen in Deutschland, die diese Frage brennend interessiert.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Kluge,
Rechtsanwalt
Staatssekretär a.D.
Karl-Liebknecht-Strasse 19
10178 Berlin
Link zum Beschluss des Europäischen Parlaments:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=TA&reference=P6-TA-2009-0369&format=XML&language=DE
Sehr geehrter Herr Kluge,
vielen Dank für Ihre Frage.
Es triff zu, dass sich das Europäische Parlament am 6. Mai 2009 hinsichtlich des Vorschlages der Kommission für eine Verordnung des Rates über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung vom 18. September für eine Streichung der darin enthaltenen Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, das Schächten zu verbieten, ausgesprochen hat.
Die Entscheidung des EP widersprach meiner Haltung in der Frage. Am 22./23. Juni 2009 konnte im Ministerrat dazu eine Kompromisslösung gefunden werden. Danach ist es nach Artikel 22a des Kompromisstextes den einzelnen Mitgliedsstaaten möglich, zum Zeitpunkt der Verordnung geltende, strengere nationale Regelungen uneingeschränkt beizubehalten und mindestens in bestimmten Bereichen – darunter auch das Schächten – auch zukünftig strengere Regeln zu erlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Ilse Aigner MdB