Wäre es nicht sinnvoll, Fotos in Bewerbungen zu verbieten?
Sehr geehrter Herr Heil,
im Zuge der Gleichberechtigung und Gleichstellung wäre es vermutlich sinnvoll, Bewerbungsfotos und -videos grundsätzlich zu verbieten. Dadurch würden etliche vorurteilsbehaftete Benachteiligungen / Diskriminierungen vermieden.
Wie stehen Sie und Ihr Ministerium dazu?
Sehr geehrter Herr M.
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Schon jetzt dürfen Arbeitgeber Bewerberdaten nur verarbeiten, wenn dies erforderlich ist, um die Eignung für die ausgeschriebene Stelle festzustellen. Da das Aussehen der Bewerberinnen und Bewerber für die Eignung in aller Regel keine Rolle spielt, dürfen grundsätzlich keine Bewerbungsfotos oder -videos verlangt werden. Es gibt keine gesetzliche Pflicht, dem Arbeitgeber mit den Bewerbungsunterlagen ein Lichtbild vorzulegen. Es bleibt aber den Bewerberinnen und Bewerbern selbst überlassen, der Bewerbung freiwillig ein Foto oder Video beizufügen. Das entspricht auch den Grundsätzen aus der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Die Einführung eines gesetzlichen Verbots von Fotos in Bewerbungen halte ich nicht unbedingt für sinnvoll. Im Rahmen der allgemeinen verfassungsrechtlich geschützten Handlungsfreiheit steht es Arbeitgebern frei, im Einstellungsverfahren - unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben - die Vorlage eines Lichtbildes von den Bewerbern zu erbitten. Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestehen Bedenken dagegen, Arbeitgeber gesetzlich zu verpflichten, im Einstellungsverfahren auf die Vorlage eines Lichtbildes durch den Bewerber zu verzichten. Auch die 2010 im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführte Untersuchung des Instituts zur Zukunft der Arbeit „Anonymisierte Bewerbungsverfahren“ kam zum Ergebnis, dass eine gesetzliche Regelung, die anonymisierte Bewerbungsverfahren verpflichtend vorschreibt, zu weitreichend erscheint.
Der Arbeitgeber hat gesetzliche Diskriminierungsverbote nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beachten. Die Vorschriften des AGG gelten nicht nur im laufenden Arbeitsverhältnis und bei dessen Beendigung, sondern auch bei der Auswahl und Einstellung. Das Gesetz verbietet dem Arbeitgeber, bei der Personalauswahl ohne Rechtfertigung auf die im AGG genannten Merkmale Rasse oder ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität abzustellen. Stellenbewerberinnen und Stellenbewerber, die unter Missachtung des Benachteiligungsverbots nicht eingestellt wurden, können unter den im AGG geregelten Voraussetzungen gegebenenfalls Schadenersatz und eine angemessene Entschädigung vom Arbeitgeber verlangen (§ 15 Absatz 1 und 2 AGG); im Streitfall sieht das AGG eine Beweiserleichterung für die klagende Bewerberin bzw. den Bewerber vor.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB