Frage an Holger Thärichen von Johanna S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Holger Thärichen,
ich hätte folgende Fragen an Sie:
1) Wie steht Ihre Partei zur Privatisierung bzw. Teilprivatisierung kommunaler Betriebe, die der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen ?
2) Welche Maßnahmen würden Sie ergreifen, um gegen die abgeschlossenen Verträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe vorzugehen?
3) Würden Sie eine Normenkontrollklage beim BVGH wegen Verstoßes gegen das Betriebe-Gesetz unterstützen? Würden Sie sich dafür einsetzen, dass die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals nicht per Rechtsverordnung durch den Wirtschaftssenator festgesetzt wird, sondern durch das Abgeordnetenhaus nach einer öffentlichen Aussprache unter Einbeziehung externer Sachverständiger?
Hochachtungsvoll,
Johanna Söhnigen
Sehr geehrte Frau Söhningen,
die von Ihnen gestellten Fragen habe ich z.T. bereits in meiner Antwort an H. B. beantwortet. Hierauf verweise ich.
Darüber hinaus fragen Sie, ob ich mich dafür einsetzen will, dass die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals der BWB durch das Abgeordnetenhaus nach einer öffentlichen Aussprache unter Einbeziehung externer Sachverständiger festgelegt wird. Dies würde eine Änderung des Berliner Betriebegesetzes voraussetzen, die ich so für wenig sinnvoll halte. Ihr Vorschlag geht m.E. am Kern des Problems, nämlich dem Begriff der "konservativen Anlagen", vorbei.
Das Verfahren zur Festlegung der Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals der BWB wird in § 16 Abs. 5 Berliner Betriebegesetz detailliert geregelt. Hier heisst es:
"Das betriebsnotwendige Kapital ist jährlich jeweils durch einen von dem Senat durch Rechtsverordnung nach Absatz 8 festzulegenden Zinssatz angemessen kalkulatorisch zu verzinsen. Die Höhe des nach Satz 1 festzulegenden Zinssatzes
entspricht mindestens der durchschnittlichen Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen bezogen auf den Betrachtungszeitraum der abgeschlossenen 20 Jahre, die dem jeweils nach Absatz 1 Satz 2 gewählten Kalkulationszeitraum zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 22 Abs. 2 vorausgehen. Bei der Festlegung des Zinssatzes hat der Senat die Durchschnittsrendite konservativer Vermögensanlagen in einem langfristigen, mindestens zehnjährigen, dem Kalkulationszeitraum zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 22 Abs. 2 vorausgehenden Betrachtungszeitraum zugrunde zu legen, wobei abgeschlossene Jahre zu betrachten sind."
Hieraus wird deutlich, dass es bei der Bestimmung des Zinssatzes zunächst nicht um politische Wertungsfragen geht, sondern insbesondere darum, die Durchschnittsrendite konservativer Vermögensanlagen zu ermitteln. Dies ist nicht Aufgabe des Parlaments, sondern Aufgabe von Wirtschaftsprüfern und Sachverständigen, die auch vom Senat zu Rate gezogen werden.
Das Parlament könnte allerdings insofern Einfluss nehmen, als durch eine Gesetzesänderung der Begriff der "konservativen Vermögensanlagen" näher definiert wird. Es könnte z.B. normiert werden, dass konservative Anlagen nur solche Anlagen sind, die allenfalls ein leichtes Ausfallrisiko aufweisen (Prime oder High Grade). Mit einer solche Klarstellung könnte verhindert werden, dass unter "konservative Anlagen" auch solche Anlagen gerechnet werden, die eine geringere Bonität und damit eine höhere Verzinsung aufweisen. Eine solche Gesetzesänderung würde ich begrüßen und werde mich hierfür auch einsetzen, sofern sie sich in eine Gesamtstrategie zur Rekommunalisierung und Neuaufstellung der BWB einbetten lässt!
Beste Grüße,
Ihr Holger Thärichen (MdA)