Frage an Holger Thärichen von Dr. Rudolf B. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Dr. Holger Thärichen !
Könnten Sie mir bitte Ihre folgende Fragen beantworten:
1) Wie steht Ihre Partei zur Privatisierung kommunaler Betriebe, die der öffentlichen Daseinsfürsorge dienen ?
2) Wie stehen Sie selbst zu den (vom Senat 1999) abgeschlossenen Verträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe ?
3) Setzt sich Ihre Partei (oder Sie selbst ) für eine Normenkontrollklage beim BVGH wegen Verstoßes gegen das Betriebe-Gesetz ein ?
Hochachtungsvoll, Rudolf Bähr
Sehr geehrter Herr Bähr!
Gerne beantworte ich Ihre Fragen:
1) Wie steht Ihre Partei zur Privatisierung kommunaler Betriebe, die der öffentlichen Daseinsfürsorge dienen?
Eine Privatisierung von kommunalen Betrieben, die der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, lehnen wir ab! Wir sind der Überzeugung, dass öffentliche Dienstleistungen, auf die alle Berlinerinnen und Berliner unabdingbar angewiesen sind, nicht dem Markt und damit dem Gewinnstreben einzelner überlassen werden dürfen. Die Verlässlichkeit der Leistungserbringung unabhängig von der Profitabilität, sozial verträgliche Tarife und gerechte Beschäftigungsbedingungen erfordern hier eine öffentliche Aufgabenwahrnehmung. Wir wollen daher die öffentliche Daseinsvorsorge stärken, z.B. durch die Ausweitung des öffentlichen Wohnungsbestandes von 270.000 auf 300.000 Wohnungen.
2) Wie stehen Sie selbst zu den (vom Senat 1999) abgeschlossenen Verträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe?
Eine Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe würden wir heute nicht mehr machen. Rückblickend war diese Teilprivatisierung ein Fehler, auch wenn sie im Jahr 1999 der dramatischen Haushaltsnotlage des Landes Berlin geschuldet war. Heute denken wir intensiv über eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe nach, zumal ein privater Anteilseigner seinen Anteil aktuell verkaufen möchte. Eine solche Rekommunalisierung ist allerdings kein leichtes Unterfangen. Chancen und Risiken - insbesondere finanzielle Belastungen - müssen sorgfältig abgewogen werden. Ich bin allerdings überzeugt, dass Wasserver- und -entsorgung in öffentliche Hände gehören und ich hoffe, dass uns eine Stärkung des öffentlichen Einflusses in diesem Bereich in der kommenden Wahlperiode gelingen wird! Perspektivisch muss eine Rekommunalisierung der BWB auch genutzt werden, um zu einem durchschnittlichen Tarifniveau bei den Wasserpreisen zu kommen. Die unrühmliche Spitzenposition Berlins hier wollen wir bald wieder los sein!
3) Setzt sich Ihre Partei (oder Sie selbst) für eine Normenkontrollklage beim BVGH wegen Verstoßes gegen das Betriebe-Gesetz ein?
Was eine "Normenkontrollklage beim BVGH" bringen soll, kann ich nicht so recht erkennen. Worin liegt denn der "Verstoß gegen das Berliner Betriebe-Gesetz"?
Der weitere Umgang mit den Berliner Wasserbetrieben mit dem Ziel einer Rekommunalisierung ist eine politische, keine juristische Frage. Da Rot-Rot im Berliner Abgeordnetenhaus eine Mehrheit hat und hoffentlich auch künftig die SPD die stärkste Fraktion und den Regierenden Bürgermeister stellen wird, können wir alle erforderlichen Gesetze machen, die für eine Rekommunalisierung notwendig sind. Die erworbenen Rechtspositionen privater Anteilseigner muss jedoch auch der Gesetzgeber berücksichtigen. Entscheidend wird sein, dass wir einen Rückkauf der privatisierten Anteile zu akzeptablen Bedingungen realisieren können. Juristische Auseinandersetzungen werden uns hier nur bedingt weiterhelfen.
Ich hoffe, Ihnen hiermit meine Positionen zu einem insgesamt recht komplexen Thema verdeutlicht zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Holger Thärichen