Portrait von Holger Mann
Holger Mann
SPD
97 %
28 / 29 Fragen beantwortet
Frage von Lukas A. •

Unterstützen Sie den Antrag die AFD vom BVerfG verbieten zu lassen?

Portrait von Holger Mann
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr A.

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema eines möglichen Verbotsverfahrens gegen die AfD.

Es gibt derzeit zahlreiche Bedrohungen für unsere Demokratie, sowohl von außen als auch von innen. Selten war es so notwendig, dass der Staat entschlossen handelt, und gleichzeitig wird seine Handlungsfähigkeit in vielen Bereichen gerade als schwach wahrgenommen. 

Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg hat die AfD, beunruhigend hohe Wahlergebnisse erzielt und in zwei Ländern die so genannte Sperrminorität erreicht. Dies obwohl die drei AfD-Landesverbände in Mitteldeutschland von den jeweiligen Verfassungsschutzämtern als gesichert rechtsextrem und somit verfassungsfeindlich eingestuft werden.

Besonders besorgniserregend ist der Vorfall in Thüringen, wo ein AfD-Alterspräsident versuchte, die Konstituierung des Landtages zu missbrauchen. Zudem greifen AfD-Vertreter:innen regelmäßig Verfassungsinstitutionen verbal an und untergraben das Vertrauen in die demokratischen Prozesse und deren Repräsentant:innen.

Angesichts dieser Entwicklungen wird aktuell diskutiert, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht eingeleitet werden sollte. Zugleich gibt es jedoch Stimmen, die vor den möglichen negativen Konsequenzen eines solchen Schrittes warnen und argumentieren, dass ein Verbotsverfahren der AfD sogar nutzen könnte, indem es ihr zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft.

Ich persönlich halte ein Verfahren zur Überprüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht für einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Demokratie. Das Parteiverbotsverfahren ist ein elementares Instrument unserer wehrhaften Demokratie. 

Zugleich sind die Hürden für dessen Einleitung zurecht sehr hoch, denn dies berührt politische Grundfreiheiten. Ein solcher Schritt erfordert daher breite politische Mehrheiten im Parlament. Es wäre fatal, wenn ein Gruppenantrag - wie der von Marco Wanderwitz angestoßene - durch eine mehrheitliche Ablehnung Schaden anrichten würde.

Die verfassungsrechtliche Bewertung der AfD ist komplex, und die mir bekannten Experteneinschätzungen gehen weit auseinander. Es muss damit einkalkuliert werden, dass das Bundesverfassungsgericht keine Grundlage für ein Parteienverbot sieht. Ein Verbot ist nur dann möglich, wenn die Partei nachweislich planvoll darauf hinarbeitet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, und konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen. 
Die Einstufung der AfD durch drei von sechszehn Landesverfassungsschutzbehörden als gesichert rechtsextrem ist noch kein Garant für ein erfolgreiches Verfahren.

Zugleich muss bedacht werden, dass ein Verbotsverfahren – soll es nicht wie das erste gegen die NPD erneut an formalen Gründen scheitern - zum unmittelbaren Abzug aller „V-Männer“ führen wird. Genau diese Quellen liefern aber wichtige Erkenntnisse, die man durch Auswertung öffentlicher Quellen nicht gewinnen kann. 

Die mit dem Prozess betrauten Kolleg:innen spiegeln mir, dass die derzeit vorliegenden Erkenntnisse den Erfolg eines  Verbotsverfahren zweifelhaft erscheinen lassen. Ein Scheitern, wäre eine doppelte Hypothek. 

Aktuell sehe ich daher die notwendigen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Verbotsverfahren als nicht gegeben an. Es ist daher umso wichtiger, die notwendigen Informationen zu sammeln und die politische Arbeit in dieser Hinsicht zu intensivieren. Dies muss in enger Abstimmung zwischen den demokratischen Fraktionen im Bundestag, bzw. den Bundesländern und dem Bundesrat geschehen, um ein gemeinsames, entschlossenes Vorgehen zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen

Holger Mann

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Holger Mann
Holger Mann
SPD