Frage an Holger Haibach von Ingrid L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Haibach,
von unserer Krankenkasse haben auch wir die Nachricht erhalten, dass die Beiträge zum 1.7. steigen werden und die nächste Beitragserhöhung steht ja jetzt auch schon fest. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds zum 1.1.2009 werden die Beiträge weiter steigen.
Als Gründe für die Erhöhung werden immer wieder steigende Arzneimittelkosten genannt. Hier könnte die Bundesregierung doch eine Entlastung schaffen indem die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf 7% gesenkt wird. Sollte auch auf Behandlungen z.B. Massagen, die höhere MwSt erhoben werden, dann könnte auch hier eine Senkung erhebliche Entlastungen bringen. Gesundheit und die notwendigen Behandlungen um gesund zu werden, bzw. Krankheiten abzumildern, sind ebenso notwendig wie Nahrungsmittel oder Wasser. Weshalb also gilt im Gesundheitbereich,inbsbesondere bei Arzneien, nicht der ermäßigte MwSt-Satz., wenn selbst auf Blumen und Bücher nur 7% gezahlt werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Lößl,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Gerne will ich Ihnen meine Positionen zu der Frage des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel erläutern.
In Deutschland gibt es zwei Mehrwertsteuersätze, den allgemeinen von 19 % für die meisten Leistungen und den ermäßigten Steuersatz von 7 % für z.B. Lebensmittel (außer Getränke und Gaststättenumsätze), Personennahverkehr, Bücher, Zeitschriften, bestimmte Kunstgegenstände und Leitungswasser. Nach dieser Einordnung unterliegen Arzneimittel dem allgemeinen Mehrwertsteuersatz.
Die überwiegende Anzahl der aktuell geltenden Mehrwertsteuerermäßigungen geht zurück auf das Jahr 1968. Bei der Einführung des Umsatzsteuersystems zum 1. Januar 1968 hat der Gesetzgeber nach eingehenden Beratungen ein Gesamtkonzept für alle Bereiche des täglichen Lebens entwickelt. Danach steht den Vergünstigungen durch Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen die Besteuerung mit dem allgemeinen Steuersatz gegenüber.
Die Frage einer möglichen Absenkung des Mehrwertsteuersatzes bei Arzneimitteln sollte daher nicht isoliert, sondern vielmehr im Rahmen einer umfassenden Diskussion über die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegenden Produkte insgesamt erörtert werden. Dabei ist zu bedenken, dass eine Absenkung von einzelnen Produkten zu teilweise ganz erheblichen Steuerausfällen führen würde. In Anbetracht der nach wie vor angespannten Haushaltslage sind derartige isolierte Steuersenkungen derzeit daher nicht beabsichtigt - es würde sich zudem sofort die Frage nach einer Gegenfinanzierung stellen. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würde zu Steuerausfällen von rd. 3,7 Mrd. EUR führen.
Was die von Ihnen angesprochene mögliche Entlastung der Verbraucher bei einer Absenkung des Mehrwertsteuersatzes bei Arzneimitteln anbelangt, so ist zu sehen, dass die mögliche Weitergabe einer Steuerersparnis an die Verbraucher von staatlicher Seite grundsätzlich nicht sichergestellt werden kann. Der Preis für einzelne Produkte wird letztlich durch den Markt bestimmt.
Die Komplexität einer möglicher Absenkung des Mehrwertsteuersatzes zeigt auch der Erfahrungsbericht der Europäischen Kommission vom 2. Juni 2003 zu den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen auf bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen wie z.B. häusliche Pflege, Friseurdienste oder Renovierungsarbeiten (KOM (2003) 309 endg.). Der erwünschte Erfolg einer vollständigen Übertragung der Mehrwertsteuerermäßigung auf die Verbraucherpreise ließ sich hier nicht nachweisen. Auch wenn die hier angesprochenen Bereiche mit dem Arzneimittelmarkt sicher nicht unmittelbar vergleichbar sind, zeigt dieses Ergebnis jedoch anschaulich, dass es in einem freien Markt keinen zwingenden Automatismus zwischen der Absenkung des Mehrwertsteuersatzes und einer vollständigen Übertragung der Mehrwertsteuerermäßigung auf die Verbraucherpreise gibt.
Gleichwohl wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine mögliche Aktualisierung bzw. Überarbeitung des Katalogs der Leistungen, die dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen, nicht aus den Augen verlieren und bei sich bietender Gelegenheit gewissenhaft prüfen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen meine Position erläutert zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Haibach