Frage an Holger Haibach von Peter M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Haibach,
die FDP hat nun das Thema Wiedergutmachung auf ihre Fahnen geschrieben. So wird von Guido Westerwelle zu dem Antrag auf Wiedergutmachung gesagt: "Der Bundesvorstand der FDP leitete den Antrag zur Bearbeitung an die FDP-Bundestagsfraktion weiter. Dr. Max Stadler, Vorsitzender des Ausschusses Innen und Recht der FDP-Bundestagsfraktion, vereinbarte mit Sven von Storch vom Göttinger Kreis, Allianz für den Rechtsstaat, die Wiedergutmachungsregelung analog der Mauergrundstückregelung. Demnach sollen die Betroffenen das Recht erhalten, ihr konfisziertes Eigentum für 25 Prozent des Verkehrswertes zurückzuerwerben." Damit ist die FDP die erste Partei in Deutschland, die sich dieses Themas annimmt. Für mich ist es auch deshalb ein Erfolg, weil so vielleicht nicht mehr lange über das Schicksal z. B. auch meines Grossvaters, der in Buchenwald mit dem Haftgrung "Grossgrundbesitzer" inhaftiert war und dort am 10. Juli 1949 ermordet wurde, geschwiegen werden wird.
Wie sieht es mit der CDU aus? Wird man den Weg der FDP unterstützen? Zumal so auch Investitionen in den neuen Bundesländern erreicht werden könnten, die bislang unterblieben, und dort auch wieder ein bürgerlicher Mittelstand entstehen könnte. Gerne höre ich von Ihnen und verbleibe
mit freundlichen Grüssen
Peter Münch
Sehr geehrter Herr Münch,
vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de.
Enteignungen sind auch nach der geltenden Rechtslage ohne Zweifel Unrecht. Ich bitte um Verständnis, dass CDU und CSU wegen der Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht über die bestehende Gesetzeslage hinausgehen können. Wir haben viel Verständnis, dass dieses Ergebnis für viele derjenigen, die zwischen 1945 und 1949 enteignet wurden, nur schwer zu akzeptieren ist. Die Fakten können in Entscheidungen auf deutscher und europäischer Ebene nachgelesen werden sowie in den Plenarprotokollen des deutschen Bundestages.
CDU und CSU sind die Parteien, die stets die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage in den Jahren 1945-1949 als schweres Unrecht anerkannt haben und anerkennen. Es ist offenkundig, dass im Rahmen dieser Zwangsenteignungen willkürliche Verbrechen gegen Leib und Leben, Hab und Gut tausender Menschen verübt wurden.
Die Erwartungen bei vielen der noch lebenden Opfer der Bodenreform und deren Kindern nach der friedlichen Revolution in der DDR und der staatlichen Vereinigung Deutschlands waren verständlich.
Die Folgen der Zwangsenteignungen zwischen 1945-1949 lassen sich aber nach Auffassung von CDU und CSU nicht generell durch die Wiederherstellung der früheren Eigentumsverhältnisse ungeschehen machen.
Durch die Rückgabe von Enteignungsgut darf aber auch kein neues Unrecht geschaffen werden. Zu bedenken ist, dass aus der Bodenreform neue Lebens- und Rechtsverhältnisse gewachsen sind. Für die Bürger der damaligen DDR war der ihnen aus der so genannten Bodenreform zugeteilte Grund und Boden nach den Folgen des 2. Weltkrieges und der Vertreibung Beginn einer neuen Zukunft und Existenz. Für CDU und CSU gibt es daher keinen Zweifel, dass der rechtliche Erwerb Dritter an Eigentum aus der so genannten Bodenreform respektiert werden muss.
Was den Vorschlag der FDP angeht, so bitte ich Sie um Verständnis, dass ich mich dazu nicht äußern kann, da ich ihn nicht kenne. Nach meiner Auffassung muss erst abgewartet werden, was die FDP konkret in die parlamentarischen Beratungen des Bundestages einbringt. Dann wird zu entscheiden sein, ob der Vorschlag plausibel ist und welche gesetzlichen Änderungen möglicherweise realisiert werden können.
Wenn Sie mir Ihre Email-Adresse oder Anschrift per Email ( holger.haibach@bundestag.de ) mitteilen, halte ich Sie gerne auf dem Laufenden. Meine Fraktion hat beim Bundesfinanzministerium eine Stellungnahme erbeten, die ich Ihnen gerne zukommen lasse, sobald sie mir vorliegt. Ich darf Sie daher um ein wenig Geduld bitten.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Haibach