Frage an Holger Haibach von Peter H. bezüglich Finanzen
Hallo Herr Haibach,
erstmal vielen Dank für die schnelle Antwort. Aber Sie sind nicht auf die Kernpunkte meiner Anfrage vom 13.05. eingegangen.
Deshalb nochmal gefragt:
1) Spritpreise ( vor allem wegen der hohen Besteuerung ) bei ca. 1,50 €. Aber die Pendlerpauschale wurde uns bis 20 km von der Politik gestrichen ! Wie stehen Sie dazu ?
2) Wirtschaftwachstum, ohne Frage. Aber die Gewinne kommen nur bei den Unternehmern und Managern an. Der Arbeiter hatte 10 Jahre lang Reallohnverluste. Da hilft auch kaum die Erhöhung in diesem Jahr. Davon bleibt nichts ! Wie stehen Sie dazu ?
3) Neue Arbeitsplätze sind entstanden. Keine Frage. Aber wieviele Menschen können davon auch leben, es gibt immer mehr Menschen, die trotz Vollarbeitstelle auf Hilfe vom Staat angewiesen sind. Wie stehen Sie dazu ?
4) Ich habe in der Zeitung gelesen, das die Westdeutschen Rentenversicherer und Krankenversicherungen pro Jahr über 20 Milliarden € nach Ostdeutschland zahlen. Und dies, obwohl die Ostrenten mittlerweile ganz deutlich über den Westrenten liegen. Das kann doch nicht angehen. Wie stehen Sie dazu ?
5) Warum müssen auch Menschen mit mittlerem Einkommen astronomisch hohe Steuersätze zahlen, als ob sie ein Managergehalt beziehen. Wie stehen Sie dazu ?
6) Warum gehen wir nicht auf das Rentensystem wie es z.B in der Schweiz praktiziert wird. Da müssen alle, Reiche, Arme, Manager sogar Politiker ( Sie zahlen ja wohl nichts in irgendeine Rentenkasse ein ) ihren Beitrag leisten. DAS ist Solidarität. Wie stehen Sie dazu ?
7) Der Armutsbericht 2008 stellt ganz klar herraus, das immer mehr Menschen der Armut verfallen. Und das es immer mehr Reiche gibt. Wo soll das hinführen ? Die Mittelschicht wird systematisch, ich will fast sagen, ausgerottet. Wie stehen Sie dazu ?
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und Grüße aus Kronberg.
Peter Hilger
Sehr geehrter Herr Hilger,
vielen Dank für Ihre erneute Zuschrift über abgeordnetenwatch.de. Ich will versuchen, Ihre Fragen zu beantworten:
Zu 1) Ich bin für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale, weil ich die Belastungen für die Autofahrer gerade in ländlichen Regionen mit eingeschränktem ÖNPV wie etwa im Hochtaunuskreis für zu hoch halte.
Zu 2) In der Tat hat es in den letzten Jahren Kaufkraftverluste gegeben. Diese sind auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen auf die in Deutschland noch immer hohen Belastungen durch Steuern und Abgaben. Zum anderen aber auch auf die sehr moderaten Tarifabschlüsse in den vergangenen Jahren. Diese haben kaum einen Inflationsausgleich geschafft und somit stiegen die Belastungen für die Bürger. Wir müssen daher sehen, dass die Belastungen durch Steuern und Abgaben gesenkt werden, um den Menschen mehr Netto zu bieten. Dies ist jedoch leichter gesagt als getan, denn gleichzeitig sind die Forderungen an den Staat auch gestiegen. Jeder möchte z. B. einen guten ÖPNV und ein dichtes Straßennetz, was allerdings auch bedeutet, dass man dafür auch zahlen muss. Die Bundesregierung und die Große Koalition haben es sich auch zum Ziel gemacht, in den nächsten Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, um neue Schulden zu vermeiden. Das Ziel, weniger Schulden und gleichzeitig Erhaltung der öffentlichen Versorgung sind nur schwer zu realisieren, wenn die Einnahmen durch mehr Steuereinnahmen nicht steigen. Wir brauchen also ein solides Wachstum und mehr Arbeitsplätze, um die Sozialkassen zu entlasten, um damit auch Geld für Beitragssenkungen zu haben.
Zu 3) Für die Bezahlung ist die Politik nur indirekt verantwortlich. Löhne und Tarife werden in Deutschland noch immer von den Tarifpartnern ausgehandelt und diese sollten sich auf anständige und vernünftige Löhne einigen, die den Menschen auch ein normales Auskommen und Leben sichern. Der Staat kann hier nicht dauerhaft der Rettungsanker sein. Generelle Mindestlöhne lehne ich jedoch ab, weil sie einerseits die Tarifautonomie der Partner einschränken und zum anderen auch keine Gewähr dafür bieten, dass die Menschen überhaupt in Lohn und Brot kommen.
Zu 4) In den Medien wurden zuletzt immer wieder Berichte veröffentlicht, wonach Rentner im Osten teilweise höhere Renten beziehen als im Westen. Dies ist teilweise richtig, wenn man sich die Durchschnittsrenten anschaut. Die Gründe sind allerdings vielschichtig. In den Neuen Bundesländern haben die Menschen teilweise eine längere Beschäftigungszeit hinter sich als diejenigen im Westen. Im Westen haben die Menschen häufig später angefangen zu arbeiten aufgrund längerer Schul- und Studienzeiten, sodass nicht alle auf die üblichen 45 Beitragsjahre kommen. Dies ergibt natürlich eine niedrigere Rente als bei denjenigen, die die 45 Beitragsjahre gezahlt haben. Allerdings ist so, dass die Renten im Osten noch immer nur ca. 88% der Westrenten betragen. Im Übrigen möchte ich noch darauf verweisen, dass viele Arbeitnehmer aus dem Westen noch eine Betriebsrente erhalten, ein System, das es in der DDR so nicht gab, weswegen dort auch keine derartigen Zusatzversorgungen existierten. Hinzu kommt, dass viele Westdeutsche über lange Jahre hinweg eine private Altersvorsorge durch Sparverträge, Lebensversicherungen oder Immobilien und andere Kapitalanlagen aufbauen konnten, was in der DDR in dieser Form nicht möglich war.
Zu 5) Sicherlich sind die steuerlichen Belastungen in Deutschland hoch. Astronomische Steuersätze kann ich jedoch nicht erkennen. Und bitte bedenken Sie: Unser Staat braucht das Geld, um zu funktionieren. Denn das erwarten Sie ja auch von ihm.
Zu 6) Eine Umstellung auf ein neues System wie in der Schweiz würde bedeuten, dass zwar mehr Geld in die Kassen fließt, aber auch eine erheblich größere Zahl von Rentenbeziehern entsteht. Denn dann hat jeder Beitragszahler auch entsprechend hohe Ansprüche. Und wie wollen Sie diese neuen Beitragszahler denn bezahlen, wenn diese bisher nicht eingezahlt haben, sondern in eine private Altersvorsorge oder eine berufständische Versorgung? So einfach, wie es auch den ersten Blick aussieht, ist das Problem nicht zu lösen.
Zu 7) Sicherlich hat der Armutsbericht der Bundesregierung einige Problemfelder aufgezeigt. Ich kann jedoch nicht erkennen, dass die Mittelschicht systematisch "ausgerottet" wird. Dies geht nun wirklich an der Realität vorbei. Arm sind diejenigen, die in prekären Verhältnissen leben. Einkommensverluste in der Mittelschicht sind ein Problem, aber Ihre Sichtweise halte ich für übertrieben.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen meine Positionen erläutert zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Haibach