Frage an Holger Haibach von Peter H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Haibach,
mir geht es um die Finanzen der Bürger. Die Benzinpreise ( Heizöl, Gas und Strom ebenso ) steigen unaufhörlich. Beim Sprit ist aber der Staat der größte "Abkassierer", weit mehr als 80 Cent gehen an den Staat als Steuer. Den Arbeitnehmern wurde die Kilometerpauschale bis 20 km gestrichen. Selbst mittlere Einkommen werden wie Spitzeneinkommen mit 42 % besteuert. Der Rentenbeitrag liegt bei knapp 20 % und dies obwohl zukünftige Rentner niemals mehr die Rente der heutigen Generation erhalten werden, im Gesundheitswesen sind erhebliche Zuzahlungen aufdiktiert, Lebensmittelpreise gehen durch die Decke. Die Menschen sollen dann noch für ihr Alter vorsorgen, da die Politik nicht den Mut hat, auch heutigen Rentnern eine Kürzung zu zumuten. Keine Arbeitnehmergeneration wie die heutige ( von unseren Kindern will ich garnicht reden, für die bleibt nichts!! ) wurde durch den Staat derart "geschröpft" und bekommt im Gegenzug so wenig. Die Politik scheint diese Zeitbombe nicht zu sehen, oder will es auch nicht ( 22 Mio Rentner sind ja Wähler, gerade für die CDU). Aber dieser Staat und diese Gesellschaft wird das nicht aushalten. Die Politik kann so nicht weitermachen und muß auch den alten das zumuten, was die jungen ertragen müssen. Wahlgeschenke wie die außerplanmäßige Rentenerhöhung tragen nicht dazu bei, Vertrauen in die heutige Politik zu stärken. So werden die Menschen in die politische Extreme gejagt ( ob links oder rechts ist dann egal ) Wann kommt ein umdenken der Politik, Herr Haibach ?
Sehr geehrter Herr Hilger,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de. Gerne will ich versuchen, Ihnen meine Position zu erläutern. Ihre kritischen Bemerkungen zur wirtschaftlichen Situation Deutschlands habe ich mit Interesse gelesen.
Bei aller berechtigten Kritik an der wirtschaftlichen Entwicklung sollten wir uns auch einmal an den Zahlen orientieren. Erst vor einigen Tagen wurde die Nachricht verbreitet, dass das die deutsche Wirtschaft trotz der globalen Schwierigkeiten auf den Finanzmärkten weiterhin auf Wachstumskurs ist. Das Bruttoinlandsprodukt lag preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,5 Prozent höher als im vierten Quartal 2007; im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres betrug der Anstieg 1,8 Prozent.
Der Aufschwung setzt sich aber auch an anderer Stelle fort, die Arbeitslosigkeit ging weiter zurück und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung steigt ungemindert an. Im April 2008 ist die Zahl der Arbeitslosen auf 3,414 Mio. gesunken, gegenüber dem Vorjahr ist das ein Rückgang um 563.000. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist gegenüber dem Vorjahr um 663.000 auf 27,15 Mio. angestiegen, dabei entfällt mehr als die Hälfte des Beschäftigungszuwachses auf sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen. Gegenüber dem rot-grünen Frühjahr 2005 ist die Arbeitslosigkeit um über 1,5 Mio. gesunken, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat um knapp 1 Mio. Stellen zugelegt.
Auch die Zahl der Erwerbstätigen nahm weiter deutlich zu: Im März 2008 waren in Deutschland laut Statistischen Bundesamt saisonbereinigt 40,23 Mio. Personen erwerbstätig, gegenüber dem Vorjahresmonat hat die Zahl der Erwerbstätigen damit um 691.000 Personen zugenommen.
Man soll diese Zahlen bei der ganzen Diskussion auch einmal berücksichtigen, denn sie zeigen, dass die Weichenstellungen der Bundesregierung auch einen positiven Effekt haben. Sicherlich ist richtig, dass die Rentenbeiträge hoch sind und die jüngeren, arbeitenden Menschen belasten. Aber leider sehe ich derzeit keine echte Alternative zu unserem heutigen Rentensystem, da wir die Rentner ja nicht hungern lassen können. Das größte Problem in der heutigen Rentenversicherung ist die Tatsache, dass wir einerseits noch immer zu viele Arbeitslose haben, die natürlich nicht in die Rentenkassen einzahlen, aber auch Ansprüche erwerben. Zum anderen werden in Deutschland noch immer zu wenige Kinder geboren, um langfristig den Erhalt der Gesellschaft sichern.
Dem versuchen wir langfristig durch verbesserte Kinderbetreuung und Leistungen für Eltern entgegen zu wirken. Wir investieren eine Menge Geld in den Ausbau der Infrastruktur (z. B. Straße und Schienen) sowie in Forschung und Entwicklung zukunftsfähiger Technologien, um Deutschland wettbewerbsfähig zu machen. Wir haben die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung von 6,5% auf 3,3 gesenkt, um Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu entlasten. All dies erfolgt aus dem Haushalt des Bundes, wobei wir es gleichzeitig geschafft, die jährliche Neuverschuldung drastisch zu reduzieren, um das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes zu erreichen.
Gerade die Rentner sind es jedoch, die sich beklagen, weil sie 1,1% Rentenerhöhung für zu wenig halten und wir ihnen auch aufgebürdet haben, sich vermehrt an den Kosten für Sozialsysteme und Gesundheit zu beteiligen, ebenso bei der Pflegeversicherung. Abgesehen davon ist die Realentwicklung bei den Renten in den letzten Jahren nach unten gegangen durch die o.g. Faktoren! Es ist also nicht so, dass wir den Rentnern keine Kürzungen zugemutet hätten. Und selbst das Plus von 1,1% liegt vermutlich eher unter- als oberhalb der Inflationsrate in diesem Jahr. Einen Königsweg gibt es hier nicht. Das Rentensystem ist allerdings von allen sozialen Sicherungssystemen dasjenige, das am "zukunftssichersten" ist (sagt sogar Herr Rürupp). Die Politik hat mit Riester- und Nachholfaktor hier auch reagiert. Es ist also nicht so, dass wir "umdenken" müssen. Es kann aber nur dann gehen, wenn alle Generationen bereit sind, ihren Teil beizutragen. Was wir uns in der Gesellschaft nicht leisten können, ist ein Krieg der Generationen, nicht weil Rentner CDU-Wähler sind, sondern weil das am Fundament unserer Gesellschaft rüttelt. Ich begrüße dennoch die Rentenerhöhung, da sie den gestiegenen Lebenshaltungskosten zumindest ein Stückweit entgegentritt, auch wenn selbstverständlich nicht alle Forderungen nach mehr Geld erfüllbar sind.
Insgesamt bin ich davon überzeugt, dass die Politik die Probleme unserer Zeit erfasst und verstanden hat. Aber leider gibt es eben nicht für alle Probleme Patentrezepte, die die Lösung bringen. Gerade in den Zeiten der Großen Koalition sind die Lösung oftmals nur Kompromisse, die keine Seite zufrieden stellen. Diese Große Koalition ist das Ergebnis des Wählerverhaltens bei der letzten Bundestagswahl. Nur dadurch ist es überhaupt zu dieser Koalition gekommen. Hätte es ein klareres Bekenntnis zu der einen oder anderen politischen Seite geben, so wären wir sicherlich an mancher Stelle weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Haibach