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Holger Haibach
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Frage von Dieter M. •

Frage an Holger Haibach von Dieter M. bezüglich Finanzen

Hallo Herr Haibach,

Sie sind ja immer schnell und kompetent bei den Antworten, deshalb spreche ich Sie wieder einmal an.

Das Thema Finanzen ist nicht ganz korrekt, aber ich konnte kein eigenes Thema eingeben.

Mir geht es um die hohen Ostrenten.

Laut Stat. Bundesamt in Wiesbaden war die Durchschnittrente 2005 wie folgt:

Bei Frauen im Osten 608 €, im Westen nur 352 €
Bei Männern im Osten 1127 €, im Westen nur 781 €

Wie kann es sein, das die Menschen im Osten, nach 17 Jahren Einheit, soviel mehr bekommen ? Bei den Frauen ist der Unterschied fast schon unverschämt. Die Frauen im Westen mußten immer sehen, wo sie ihre Kinder unterbringen konnten um zu arbeiten. Im Osten war alles geregelt. Aber: Wenn die Menschen im Osten angeblich soviel und solange gearbeitet haben, warum ist dieses Land so kaputt, unterentwickelt, gewesen, das wir aus dem Westen auch heute noch immense Transferleistungen zahlen müssen. Und dies noch mindesten bis 2019, solange geht ja der Solidarpakt II. Und ich gehe davon aus, das die Ostländer auch danach immer noch fordern. Die DDR gab es 40 Jahre, den Solidarpakt und immensen Osttransfers ?? Jahre!

Ich glaube den Menschen in der alten BRD ist garnicht bewußt, wieviel Geld da in den Osten geblasen wird. Und ich finde es ungerecht, das Menschen die nichts oder nur wenig in unser Sozialsystem eingezahlt haben, auch noch so belohnt werden.
Die zukünftigen Rentnergenerationen, also auch ich, müssen in Zukunft mit einer deutlich reduzierten Rente rechnen. Warum also werden den "Ossis" soviel mehr Rente gezahlt als Westdeutschen? Und nicht jeder im Westen erhält eine Betriebsrente. Die Menschen aus der alten BRD ohne Betriebsrente werden hier ganz klar benachteiligt. Diese Rentenregelung muß ja irgendwann irgendwer eingeführt haben. Finden Sie das gerecht gegenüber uns Westdeutschen ?

Mit freundlichen Grüßen aus dem Taunus
Dieter Müller

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Sehr geehrter Herr Müller,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage über Abgeordnetenwatch.de

In der Tat ist es so, dass auf den ersten Blick höhere Renten in den neuen Bundesländern ausbezahlt werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Menschen dort häufig längere Erwerbsbiografien haben als im Westen der Republik. So haben viele Menschen dort früher angefangen zu haben, nicht studiert und kommen somit auf mehr Beitragsjahre als Menschen in den alten Bundesländern. Die Tatsache, dass viele Frauen in der DDR gearbeitet und damit auch Rentenansprüche erworben haben, kann man den Frauen nicht zum Vorwurf machen. In der DDR bestand sehr lange ein großer Arbeitskräftemangel, den man durch die stärkere Eingliederung von Frauen in die Arbeitsmarkt bekämpfen wollte. Dazu waren natürlich auch die entsprechenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten notwendig, um auch Müttern eine Berufstätigkeit zu ermöglichen. Hinzu kam oftmals noch die wirtschaftliche Notwendigkeit, eine Arbeitsstelle anzunehmen, um zur Ernährung der Familie beizutragen. Eine echte Wahlmöglichkeit hat sich häufig für die Betroffenen sowohl aus sozialen als auch wirtschaftlichen Gründen nicht ergeben.

Dagegen herrschte in der Bundesrepublik sehr lange das Familienbild vor, in der die Frau allein für die Erziehung der Kinder zuständig und nicht berufstätig war. Dies hat sich inzwischen gewandelt, führt aber noch immer dazu, dass viele ältere Frauen nur kleine Renten erhalten, weil ihnen die Beitragsjahre fehlen und sie durch ihre Männer mit ernährt werden. Dies mag man teilweise heute als ungerecht ansehen, ist aber nur durch die damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu erklären.

Auch ist es so, dass das Gesamtversorgungsniveau der Westdeutschen häufig höher ist, da sie mehr Möglichkeiten zur privaten Vorsorge hatten. Neben Betriebsrenten haben viele Menschen auch private Zusatzrentenversicherung abgeschlossen, in Lebensversicherungen größere Beträge angespart, um ihre Rente aufzubessern. Dieser Weg blieb vielen Leuten in der ehemaligen DDR verwehrt, sodass sie zwar häufig über eine höhere gesetzliche Rente verfügen, aber kaum private Vorsorge haben.

Leider ist es so, dass wir auf die Mittel aus dem Solidarpakt 2 in den kommenden Jahren nicht werden verzichten können. Noch immer liegt die Wirtschaftskraft großer Teile Ostdeutschlands deutlich unter dem Durchschnitt westdeutscher Regionen, auch wenn es natürlich inzwischen positive Ausnahmen gibt. Daher sind die Mittel des Solidarpaktes notwendig zur regionalen Wirtschaftsförderung, zum Bau von Infrastrukturmaßnahmen und zum Aufbau neuer Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern. Dies geht natürlich auch zu Lasten der alten Länder, aber aufgrund der Wiedervereinigung, die wir alle immer gewollt haben, besteht auch heute noch die Verpflichtung, die wirtschaftlichen und sozialen Schäden zu beseitigen, die 40 Jahre SED-Diktatur hinterlassen haben. Dass dies eine so immense Aufgabe sein würde, war sicherlich im Wendejahr 1989/90 nicht abzusehen, da die DDR-Regierung konsequent falsche Zahlen über ihre Wirtschaftskraft herausgab. Die DDR als angeblich eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt war faktisch pleite. Nur durch die enormen Transferleistungen konnte der völlige Zusammenbruch verhindert werden. Sicherlich konnte man die Menschen ja nicht ohne Hilfe lassen. Dies gebietet schon der soziale Auftrag unseres Grundgesetzes. Vor dieser Aufgabe stehen mir auch heute noch. Insofern kann ich Ihrem Wunsch nach einer Streichung des Solidarzuschlags oder einer Rücknahme der Transferleistungen nicht entsprechen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen bei Positionen erläutert zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Holger Haibach